Windsor, Balmoral, Sandringham: Royale Rückzugsorte

Mit dem Buckingham-Palast ist die Queen vermutlich nie richtig warm geworden. Er war der Ort, der für ihren Vater die ungeliebte Bürde der Königskrone bedeutete, sie selbst wuchs fern vom Palast auf und lebte während des Zweiten Weltkriegs auf Schloss Windsor.
Dorthin zog es sie auch am Ende ihres Lebens. Nachdem sie schon zu Beginn der Corona-Pandemie auf das Schloss, das ihrer Familie seinen Namen gab, gezogen war, beschloss sie im März dieses Jahres, nie mehr nach London zurückzukehren.
Buckingham-Palast: Offizielle Residenz und Ort für hohen Besuch

775 Räume hat der Palast, der von einem der Hannoveraner Könige auf dem britischen Thron, George III., ab 1761 vom Stadthaus des Herzogs von Buckingham zu einem wahren Schloss ausgebaut wurde. 52 königliche Schlafzimmer und Gästezimmer, 92 Arbeitszimmer und 78 Badezimmer, 19 Staatsgemächer und eine Gemäldesammlung mit Werken von Van Dyck und Canaletto zählt die Tourismusorganisation Visit Britain auf.
Unter Königin Victoria wurde Buckingham zur offiziellen Residenz der Monarchen. Der Balkon, auf dem sich die königliche Familie regelmäßig zeigt, wurde 1913 gestaltet.
Der Palast ist auch der Ort für Staatsempfänge mit hochrangigen Besuchern, hoch willkommene wie einst Nelson Mandela oder erduldete wie 2019 Donald Trump.
Der letzte Rückzugsort der Queen
Viel mehr als Heimat empfand Elizabeth II. aber Windsor, das älteste und größte bewohnte Schloss der Welt, das seit 1066 fast ununterbrochen genutzt wird. Es ist wie Buckingham eine der drei offiziellen Residenzen der Queen (die dritte ist Holyroodhouse, siehe unten).

Schon vor Corona war Windsor das "Wochenendhaus" von Elizabeth und Prinz Philip. Als Kind nahm die Queen hier mit ihrer jüngeren Schwester an weihnachtlichen Märchenspielen teil. Noch im hohen Alter ritt sie gerne im Park aus.
Aus der idealen Verteidigungsposition wurde ein Zuhause für die Queen
"Dies ist mein Zuhause", sagte sie in ihrer Weihnachtsansprache 1982, die in der Bibliothek von Windsor aufgezeichnet wurde. "Hier haben meine Familie und ich schon viele Jahre lang Weihnachten gefeiert."
Sie beschrieb auch die Lage des Schlosses: "Nur ein paar Schritte von dem Ort, an dem ich stehe, ist die Klippe mit ihrer wundervollen Aussicht über die Themse, was Wilhelm den Eroberer dazu brachte, in dieser idealen Verteidigungsposition ein Schloss zu bauen."
Ein Ort der Trauer und der Freude: St.-Georgs-Kapelle
Für das Interieur zeichnete wieder ein Hannoveraner verantwortlich: George IV. hinterließ damit einen bleibenden Eindruck (einen der wenigen positiven, nebenbei bemerkt).
In der St.-Georgs-Kapelle innerhalb der Schlossmauern fanden zahlreiche Trauungen (wie die von Harry und Meghan), Taufen und Beerdigungen (etwa von Philip) statt. Viele Könige sind hier bestattet, darunter die Hannoveraner, Prinz Albert, der deutsche Mann von Königin Victoria, König George VI. (Elizabeths Vater) sowie ihre Mutter Queen Mum und ihre Schwester Margaret. Auch Elizabeth II. wird dort am Montag nach der Trauerfeier in Westminster Abbey beigesetzt werden.
Die etwas andere Residenz: rührt die Queen zu Tränen
Mehr als all ihre steinernen Residenzen aber dürfte die Queen ihre königliche Jacht "Britannia" geliebt haben. Dafür spricht, dass einer der wenigen, wenn nicht der einzige Moment, in dem die Queen öffentlich emotional wurde, mit dem Schiff zusammenhing.

Als die "Britannia" 1997 aus Kostengründen nach 44 Jahren außer Dienst gestellt und mit einer Zeremonie in Portsmouth verabschiedet wurde, sah man Tränen in den Augen in der Königin. 1953 hatte sie selbst die Jacht getauft. Sie war nach dem persönlichen Geschmack der Familie ausgestattet, im Stil der 1950er Jahre - und mit getrennten Schlafzimmern. Der Lieblingsort der Queen war die Sun Lounge, wo sie auch gefrühstückt hat.
Sandringham: Das Weihnachtsschloss

Sandringham, bescheiden "House" genannt, ist der Ort, an dem die Queen traditionell Weihnachten feierte. Hier starb 1952 ihr Vater. Das Schloss wurde 1870 erbaut und kann, wie die anderen königlichen Paläste, bei Abwesenheit der Familie besichtigt werden. In der kleinen Kirche auf dem Gelände des Anwesens finden nicht nur die Weihnachtsgottesdienste statt, zu denen man die versammelten Windsors jährlich pilgern sieht, sondern auch Taufen wie etwa 2015 die von Prinzessin Charlotte, der Tochter von Prinz William und Herzogin Kate. Begraben wurde auf dem Gelände Susan, der erste Corgi der Queen, die den Grabstein selbst entworfen haben soll. In Park House, einem Gebäude auf dem Gelände um das Schloss, wurde 1961 eine gewisse Diana Spencer geboren - die spätere Prinzessin von Wales. Sandringham liegt in der Grafschaft Norfolk im Osten Englands.
Balmoral: Die Sommerfrische

Ein Paradies für jeden echten Briten: Hier kann man angeln, jagen, draußen in der Natur sein. Königin Victoria und ihr deutscher Mann Albert waren die ersten Royals, die sich unsterblich in Schottland verliebten und hier Mitte der 1850er Jahre ihre Sommerresidenz Balmoral errichten ließen. Hier starb die Queen vor einer Woche. Man sagt, es sei ihr Lieblingsschloss gewesen, weil sie hier ungezwungen leben konnte. Sie liebte es, lange, einsame Spaziergänge zu machen. Auf einem soll sie einst zwei Touristen aus den USA begegnet sein, die nicht ahnten, wen sie vor sich hatten. Auf die Frage, ob sie die Queen schon einmal getroffen habe, soll Elizabeth geantwortet haben, sie nicht, aber ihr Begleiter. Am Park soll besonders Prinz Philip Gefallen gefunden haben. Wer selbst mal königlich urlauben will, kann auf dem Gelände ein Cottage mieten - zu saftigen Preisen, wie British Heritage angibt.
Holyroodhouse: Schottische Residenz

Holyroodhouse ist die offizielle Residenz der Könige Großbritanniens in der schottischen Hauptstadt Edinburgh, allerdings erst seit 1920. Daher ist das ab 1501 errichtete Schloss vor allem mit der schottischen Geschichte verbunden, etwa mit Maria Stuart, die hier gewohnt und geheiratet hat. Es wurde auf dem Gelände einer gleichnamigen Abtei aus dem 12. Jahrhundert errichtet, deren Ruinen heute noch zu sehen sind. Das Schloss, gelegen am Ende der sogenannten Royal Mile in Edinburgh, bietet 14 historische Staatsgemächer und kann das ganze Jahr über besichtigt werden. Jeden Sommer fand bislang eine "Holyrood Week" statt, in der die Queen verschiedene Feierlichkeiten besuchte, "um schottische Kultur, Geschichte und Leistungen zu würdigen". In Holyroodhouse war Elizabeths Sarg vergangene Woche für eine kurze Zeit vor einer Prozession aufgebahrt worden.
Morgen lesen Sie in der finalen Folge: Die letzten Jahre der Queen - Großmutter der Nation und lebende Legende