Wilma Elles: "In der Türkei ist die Bezahlung besser"

München - In Deutschland ist die Schauspielerin Wilma Elles noch weitestgehend unbekannt, in der Türkei kennt sie dafür fast jeder. Ihre Rolle in der türkischen TV-Serie "So wie die Zeit vergeht", die in über 70 Länder exportiert wurde, verschafft Wilma Elles den großen Durchbruch in der östlichen Welt. Nun hofft die gebürtige Kölnerin auch hierzulande durchstarten zu können. Für die zweiteilige Doku "Wilma Elles - Ein deutscher Superstar in der Türkei" (20./27. April um 22:15 bei RTL II) gibt die 28-Jährige ganz private Einblicke in ihr Leben zwischen zwei Kontinenten und zwei Kulturen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news plaudert die Schauspielerin über ihr neues Leben in der Türkei und über ihre Begegnung mit Bundespräsident Joachim Gauck.
Das aktuelle TV-Programm sehen Sie bei Magine TV kostenlos im Livestream
Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie eine Rolle in der Serie "So wie die Zeit vergeht" übernommen haben?
Wilma Elles: Über zwei Ecken, harte Arbeit und die guten deutsch-türkischen Beziehungen (lacht). In Köln hatte ich mit einem türkischen Regisseur zusammengearbeitet, der mir von einem Spielfilmprojekt in der Türkei erzählt hatte. Daraufhin habe ich mich beworben, den Film gedreht und zwei Jahre später wurde ich von jemanden an die Regisseurin der Serie empfohlen. Sie hatten meine Rolle ein halbes Jahr in Deutschland, Russland, den Niederlanden, Polen und der Türkei gesucht und waren bis zuletzt nicht fündig geworden. Zum Teil war es also Schicksal und Glück für mich!
Hatten Sie keine Bedenken, Ihren Lebensmittelpunkt plötzlich nach Istanbul zu verlagern?
Elles: Ich war mir durchaus der Herausforderung bewusst. Die Hauptrolle in einer Serie zu übernehmen, ohne die Sprache zu sprechen, war schon etwas beängstigend. Aber beim Casting hatte ich drei Seiten innerhalb weniger Stunden phonetisch auswendig gelernt und mir gedacht: "Wenn ich ordentlich dafür kämpfe und mit Gottes Hilfe wird es hoffentlich etwas." Alleine in der Weltstadt Istanbul zu sein, in einer mir anfangs fremden Kultur war auch aufregend genug. Aber da ich aus einer Diplomatenfamilie komme, war meine Freude, das neue Land und die Leute kennenzulernen, deutlich größer als meine Angst.
Sprechen Sie die Sprache denn heute mittlerweile fließend?
Elles: Ja, doch wenn ich aufgeregt bin, kommt es noch vor, dass ich mich verhaspele. Den deutschen Akzent habe ich noch, da er immer wieder bei Rollen gebraucht wird. Vergangenen Sommer habe ich zum ersten Mal zwei türkische Rollen in Kinofilmen gespielt und mit viel Coaching konnte ich mir hier nach Aussage der Regisseure den Akzent abgewöhnen.
In der Türkei sind Sie ein Superstar, können Sie dort überhaupt noch unerkannt über die Straße gehen?
Elles: Unerkannt über die Straße gehen, geht vielleicht nicht, aber alles ist ganz entspannt. Man gewöhnt sich daran, dass man lieber nicht mit Lockenwicklern oder ähnlichem vor die Türe gehen sollte. Aber auch die Leute in Istanbul haben sich mittlerweile an ihre Stars gewöhnt, der TV-Markt boomt ja gewaltig und man wird nett nach einem Foto gefragt.
Werden Sie mittlerweile auch in Deutschland erkannt?
Elles: In Deutschland kommt es schon oft vor, meist durch die türkisch-deutschen Mitbürger, seltener von Deutschen. Umso größer ist die Überraschung... "Was machst du denn hier in Düren???" Witzigerweise werde ich auch immer wieder in großen Touristenmetropolen wie Las Vegas oder Ibiza erkannt, wo immer einige Zuschauer der 70 Länder, in der die Serie ausgestrahlt wird, urlauben.
Bekommen Sie jetzt auch Rollenangebote aus Deutschland?
Elles: Die Rollenangebote aus Deutschland werden mehr und mehr. Allerdings: Auch, wenn man nicht des Geldes, sondern des Herzblutes wegen, Schauspieler geworden ist - die Bezahlung in der Türkei ist besser (lacht). Außerdem wird in Deutschland erwartet, dass man sich bereits drei Monate im Vorfeld sechs Wochen lang frei hält. Das ist für mich aufgrund des Serienalltags, an dem wir sonntags unseren Drehplan für die kommende Woche erhalten, natürlich etwas schwieriger.... Ich hoffe aber es passt bald mal, womöglich in der Sommerpause.
Was ist an Ihnen typisch deutsch, und was türkisch?
Elles: Typisch deutsch an mir ist, dass man sich immer auf mich verlassen kann. Ein Handschlag und für mich ist alles eine abgemachte Sache. Typisch türkisch wäre, dass ich bei der Art des "Wie" nachsichtig bin. Hauptsache es wird gemacht, die Wege dorthin können flexibel gewählt werden! Typisch deutsch ist, dass ich immer nach praktischen Verbesserungslösungen suche... sonst hätten Deutsche ja nicht so viele Patentanmeldungen. Und typisch türkisch ist, dass ich dabei aber gerne einen türkischen Tee trinke und die Kunst des Smalltalks übe. Türken sind die perfekten Gastgeber! Multikulturalität ist eine große Bereicherung! Man nimmt sich aus allen Kulturen das Beste heraus.
Ihr Engagement für einen intensiveren deutsch-türkischen Kulturaustausch verschaffte Ihnen sogar eine Einladung von Joachim Gauck. Wie haben Sie den Bundespräsidenten erlebt?
Elles: Ja, ich Freude mich sehr über die Gelegenheit, ihn schon zweimal getroffen zu haben und den türkischen Bundespräsidenten gleich dreimal. Unseren Bundespräsidenten Joachim Gauck habe ich als einen sehr ruhigen, einfühlsamen Charakter empfunden. Wenn er dich anschaut, hat man das Gefühl, er hört nur dir zu und nimmt dich ernst! Diese Qualität habe ich schon des Öfteren bei hochkarätigen Politikern feststellen können. Und da man das zurückbekommt, was man ausstrahlt ist es dann auch so, dass man ihm zuhört und ihn ernst nimmt!
Träumen Sie noch von einer Karriere in Hollywood?
Elles: Ganz ehrlich, ich träume von einer Karriere bis ins Großmutteralter, und das noch in vielen verschiedenen Ländern. Ich liebe es, neue Kulturen kennen zu lernen, neue Menschen, neue Rollen... Diese Neugier ist der Grund, warum ich Schauspielerin werden wollte. Ob es in Hollywood weitergeht, in Deutschland, in der Türkei oder in Bollywood... das ist mir gleich, wichtig ist nur, dass ich von Film-, Theater- und TV-begeisterten, leidenschaftlichen und positiven Machern umgeben bin.
Sie sind nicht nur Schauspielerin, sondern auch Model. Was tun Sie alles für Ihr Aussehen?
Elles: Ich versuche, so gesund wie möglich zu leben, d.h. gesunde Ernährung, organische Körperpflegeprodukte, jeden Tag an die frische Luft, etwas Sport, gut schlafen. Gesund zu sein ist, das wichtigste Gut, das wir Menschen haben! Ich hoffe sehr, dass wir Menschen aufhören, zumindest unsere Lebensmittel mit so vielen Chemikalien zu behandeln. Ich versuche auch an der Aufklärung mitzuhelfen!
Sie leben mit ihrem Verlobten Kerem in Istanbul in einem Appartement am Meer, wollen Sie Ihren Wohnsitz dauerhaft in der Türkei haben?
Elles: Für die Schönheit des Bosporus kann die ganze Welt Istanbul beneiden. Immer diesen wunderbaren Ausblick vor sich zu haben, die über sieben Hügel, auf denen Istanbul steht. Ich kann mir gut vorstellen, hier immer zu leben, aber ich bin auch rastlos und muss immer noch weitere Ecken der Welt erkunden.
Gibt es denn schon Hochzeitspläne?
Elles: Die gibt es, noch habe ich ja eine jeden Tag größer werdende Kugel... aber wenn wir dann bald zu viert sind, werden wir alle gemeinsam in die konkrete Planung gehen. Momentan sieht es nach einer September-Hochzeit aus.