Wigald Boning: "Ich bin dem Ausdauersport verfallen"

Ob Comedian, Moderator, Schauspieler, Autor oder Komponist - die beruflichen Talente von Wigald Boning sind breit gefächert. Genauso wie seine sportlichen Aktivitäten. Ob Laufen, Radfahren oder Schwimmen, er ist dem Ausdauersport verfallen.
(ali/spot) |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Im Laufschritt an der Isar entlang: Wigald Boning
Frank Zauritz Im Laufschritt an der Isar entlang: Wigald Boning

Ob Comedian, Moderator, Schauspieler, Autor oder Komponist - die beruflichen Talente von Wigald Boning sind breit gefächert. Genauso wie seine sportlichen Aktivitäten. Ob Laufen, Radfahren oder Schwimmen, er ist dem Ausdauersport verfallen. Spot on news traf sich mit ihm zum Laufgespräch.

Er ist ein Superstar! Zumindest gibt Wigald Boning (47, "Butter, Brot und Läusespray: Was Einkaufszettel über uns verraten") diese Berufsbezeichnung mitunter augenzwinkernd an, wenn er im Hotel das Aufnahmeformular ausfüllt. Status-Zweifel von Seiten des Personals verfliegen spätestens, wenn der fröhliche kleine Mann morgens mit bunter Zipfelmütze und kurzen Hosen bei Minusgraden laufend das Haus verlässt, um erst am späten Abend noch fröhlicher wieder zurück zu kehren. So exzentrisch kann nur ein echter Superstar sein!

Backen kann Wigald Boning auch - hier sehen Sie ihn bei "Sweet & Easy"

Dabei ist das für den sportvernarrten Wigald Boning, der in der Woche hundert Kilometer läuft, ein ganz normaler Arbeitstag. Seine Arbeitgeber wissen längst, dass sie für ihren Moderator nur Hotels buchen dürfen, die mindestens zehn Kilometer vom Produktionsort entfernt sind. "Ich laufe morgens hin und abends zurück. Dann habe ich das Gefühl, dass ich mir auch jenseits der Arbeit was Gutes getan habe."

Klar, dass so jemand auch beim Interview keine Zeit vertrödeln will. Daher also ein Lauf-Gespräch! Wir laufen (für alle Couchpotatoes: Laufen = Joggen) seine Hausstrecke entlang der Münchner Isar: Ludwigsbrücke - Tierpark Hellabrunn - Oberföhringer Wehr - Ludwigsbrücke. Knackige zwanzig Kilometer, aber mit Wigald (unter Läufern duzt man sich) an der Seite ist das machbar. Allein schon weil er so ein gemütlicher Läufer ist. "Mit Schnelligkeit kann man mich nicht hinterm Ofen vorlocken. Ich bin ein Ausdauersportler, das hat mehr mit Geduld, als mit körperlicher Konstitution zu tun."

Davon scheint er viel zu haben. Ob beim Swiss-Alpine (78 km), dem Ems-Jade-Lauf (72 km), den Bieler Lauftagen (100 km), dem 24-Stunden-Schwimmen Haar oder dem 24-Stunden-Mountainbike-Rennen im Münchner Olympiapark, Wigald hat seine Geduld in den letzten dreizehn Jahren bereits auf etlichen Strecken bewiesen. Alles inspiriert durch Heike Drechsels Olympisches Gold 2000 in Sydney. "Als ich gesehen habe, dass man in dem Alter noch 6,99 Meter springen kann, habe ich beschlossen aktiv zu werden und meinen Verspeckungs-Tendenzen entgegenzuwirken. Ich habe die Bierchen und die Zigaretten weggelassen, und nach meinem ersten Marathon (Winterthur, 20.05.2001 in 3.30 Stunden), strahlte ich wochenlang wie ein Honigkuchenpferd. Seitdem bin ich dem Ausdauersport verfallen."

Zum Leidwesen seiner Frau Ines, die viel Zeit damit verbringt, ihren Liebsten samt Equipment zu exotischen Startplätzen zu chauffieren und ihn doch eigentlich lieber in ihrem Zumba-Kurs tanzen sehen würde. "Das ist mir zu anstrengend, da wäre ich nach einer Stunde platt. Außerdem bin ich im Sport gerne mein eigener Herr. Es ist eine absolut freiwillige Entscheidung von A nach B zu laufen. Wenn ich zehn Meter vorm Ziel keine Lust mehr habe, dann kann ich auch aufhören. Niemand zwingt mich zu irgendwas. Wahrscheinlich der wichtigste Faktor, warum mir das so viel Spaß macht. Hinzu kommt der Stolz auf die eigene Leistung. Im Beruf kenne ich das so nicht. Selbst wenn ich gute Quoten abliefere, dann ist das so vielen verschiedenen Faktoren zu verdanken, dass ich das niemals als Eigenleistung werten darf. Beim Laufen hingegen, kann ich durch Fleiß, auch als höchst mittelmäßig talentierter Mensch, Ziele erreichen, auf die man durchaus stolz sein kann."

Dabei gäbe es für den dreifachen Grimme-Preisträger auch abseits der Piste, genug Baustellen, auf die er stolz sein könnte. Und seien es nur so charmante Sympathie-Preise wie "Brillenträger des Jahres" (2006) oder "Fahrradfreundlichste Persönlichkeit des Jahres" (2012). Bezeichnende Auszeichnungen für den liebenswerten kleinen Kerl. Ein Typ Mensch, den wahrscheinlich jeder mag. Wegen seiner originellen Inszenierung. Weil er so unprätentiös ist. Wegen seiner Selbstironie. Und natürlich auch wegen dem Schalk, der ihm im Nacken sitzt. Auch wenn er persönlich, das mit dem Clown-Etikett eher für ein Missverständnis hält. "Ich finde mich gar nicht so lustig. Ich habe einen Hang dazu, auch mangels sonstiger Qualitäten, ernsthafte Sachverhalte ins Lächerliche zu ziehen. Aber das ist keine Leidenschaft. Die gilt in erster Linie der Literatur und der Jazz-Musik."

Trotzdem hat er mit dem Missverständnis leben gelernt und freut sich, dass er damit gut durchkommt. "Denn eigentlich bin ich in nichts richtig gut. Ich habe viele Talente, die zu knapp 70 Prozent ausgeprägt sind. Und da ich es auf keinem Gebiet schaffe, auch nur 75 Prozent zu erreichen, muss ich immer versuchen, in der Kombination mehrerer halbgarer Talente mein Glück zu suchen."

Trotz aller Mittelmäßigkeit, hat das Multitalent es bereits auf sechs Bücher geschafft. Darunter natürlich auch eins übers Laufen: "Bekenntnisse eines Nachtsportlers" (rororo 8,99 Euro) "Darin schildere ich die Erlebnisse meiner nächtlichen Laufaktivitäten. Da ich schlecht im Durchschlafen bin, gehe ich schon mal nachts um drei zum Laufen." Ein bisschen schräg könnte man das nennen. Genauso wie seine Vorliebe für grelle Klamotten. Wigald nennt das verkehrssicher und entschuldigt es mit seiner Farbenblindheit.

Dass sein Auftreten auf Außenstehende mitunter befremdlich wirkt, kann er nachvollziehen. Das war schon in der Schule so. "Ich war klein, dünn, altklug und als Streber verschrien. Meinen Klassenkameraden diente ich gerne als Punching-Ball. Das änderte sich erst als ich mit zehn zum Judo kam. Meine Klassenlehrerin, Frau Uster, nahm mich an der Hand und verkündete vor der Klasse: 'Übrigens, Wigald kann jetzt Judo!' Danach war Ruhe."

Das Selbstvertrauen ist ihm geblieben. Und wenn er heute verkannt oder unterschätzt wird, dann helfen ihm sein Serotonin-Spiegel und seine Ausdauer. "Ich habe eine gnadenlos positive Lebenseinstellung und ich kann sehr gut aussitzen." Beides geschult durchs Laufen. Das kann man nach 119 Minuten an seiner Seite durchaus bestätigen. Aufs Leben transportiert: Zeig mir wie du läufst, und ich sag dir wer du bist.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.