Wie wird der Nockherberg ohne Marcus H. Rosenmüller?

Wie wird der Nockherberg wohl ohne Regie-Star Marcus H. Rosenmüller? Einer, der es einschätzen kann, ist Gong96.3-Redaktionsleiter Andreas Werner. Denn der ist schon seit 20 Jahren als Reporter dabei - und plaudert jetzt aus dem Nähkästchen.
von  (ili/spot)

Starkbieranstich auf dem Nockherberg! Nach der überaus erfolgreichen Rosenmüller-Ära (2013-2017) ist in diesem Jahr eine neue künstlerische Leitung für das Singspiel verantwortlich. Bekannt ist bisher nur, dass Stefan Betz (48, Franken-"Tatort") und Richard Oehmann (*1967) den Western "Die glorreiche 7" inszenieren. Die Fastenpredigt hält seit 2011 Kabarettistin Luise Kinseher (49).

Einer, der bereits seit 20 Jahren vom traditionellen Politikerderblecken berichtet, ist Andreas Werner (48). Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt der Redaktionsleiter des Münchner Senders Radio Gong 96.3, wie sich die Veranstaltung - die ab 19 Uhr live im Bayerischen Rundfunk übertragen wird - in dieser Zeit verändert hat.

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Sie sind seit 20 Jahren beim Nockherberg. Was ist Ihnen von der ersten Veranstaltung besonders in Erinnerung geblieben?

Andreas Werner: Als erstes erinnere ich mich an die vielen dicken Staatskarossen, die vor dem Nockherberg kurz anhielten und im Minutentakt wichtige Menschen ausspukten. Es war Vormittag und ziemlich kalt. Wir Reporter haben gleich am Eingang geschaut, wer alles kommt, um dann per "Live-Schalte" zu berichten. Ich war nervös, ob das alles klappen würde, mit dem Handy mit ausziehbarer Antenne.

Und wie war es dann im Saal?

Werner: Im alten Nockherberg-Saal (vor dem Brand 1999) war es ziemlich verraucht, weil das damals ja noch erlaubt war. Und dann erinnere ich mich noch daran, dass Gerhard Schröder 1998 (im Herbst des Jahres wurde er Bundeskanzler) auch zum ersten Mal bei der Salvatorprobe war - danach aber nie mehr. An die Details von Rede und Singspiel kann ich mich heute nicht mehr erinnern. Aber an eines schon: Salvator habe ich selbst nicht getrunken.

Wie hat sich die Veranstaltung in den Jahren verändert?

Werner: Die größte Veränderung war die Verlegung vom Vormittag in den Abend. Damit hatte sich auch für uns Berichterstatter so ziemlich alles geändert. Davor wurde die Veranstaltung ja nur auf einer öffentlich-rechtlichen Welle Live übertragen, im Fernsehen erst Tage später gezeigt. Somit konnten wir am Tag noch viel exklusiv erzählen, die schönsten Sprüche und Reaktionen hatte ja noch niemand gehört. Das war aber richtig stressig. Heute kann sich jeder die Veranstaltung am Abend live im BR ansehen. Wir Reporter müssen etwas Exklusives oder Erzählenswertes für den nächsten Morgen finden. Das ist wesentlich entspannter.

Und bei der Veranstaltung selbst?

Werner: Die Veranstaltung selbst hat immer noch den gleichen Ablauf, dasselbe Grundgerüst. Sie ändert sich aber automatisch, weil es bei den Hauptpersonen jedes Jahr irgendwo ein paar Wechsel gibt. Das betrifft alle, also die Politiker, die derbleckt werden, die Fastenredner(innen) und die Autoren und Doubles beim Singspiel.

Welche Begegnung werden Sie nicht vergessen?

Werner: Da gibt es über die Jahre viele Erlebnisse. Es sind ja immer ganz kurze Momente, so 1-Minuten-Interviews. Bundeskanzlerin Angela Merkel war mal da, lang bevor sie Kanzlerin wurde. Ich habe sie dann mit der Thematik konfrontiert, warum auf dem Nockherberg so wenige Frauen sind. Daraufhin meinte sie sinngemäß, wenn von der SPD und den Grünen schon so wenige da sind, würde sie das eben kompensieren.

Marcus H Rosenmüller und sein Team haben aus der manchmal doch etwas klamaukigen Veranstaltung anspruchsvolles Singtheater gemacht. Wie haben Sie deren Inszenierungen erlebt?

Werner: Das war im ersten Jahr auf alle Fälle eine Bombe - mal etwas komplett Neues. Und trotz der ganzen Feinsinnigkeit und der extra komponierten Musik eine wirklich sehr bodenständig bayrische Angelegenheit. Jedes Jahr war die Spannung groß, ob das noch getoppt werden kann. Die Grundideen waren einfach jedes Mal großartig. Auf der anderen Seite drohte die Salvatorprobe ein bisschen die Balance zu verlieren. Denn zuerst kommt die Fastenpredigt und das Singspiel darf dann schon eine Art Steigerung darstellen. Wenn es aber passiert, dass der Abstand zu spürbar wird, dann ist das nicht optimal.

Was halten Sie vom neuen Singspielteam?

Werner: Ich bin immer dafür, dass die kreative Leitung des Singspiels nach ein paar Jahren wechselt. Das macht das Ganze spannend. Und wenn man sich anschaut, was die neuen Protagonisten, Stefan Betz und Richard Oehmann, schon alles auf die Beine gestellt haben, ist Optimismus angebracht. Natürlich werden sie an Rosenmüller und Co. gemessen. Das sind große Schuhe, in die sie da schlüpfen müssen. Ich traue ihnen aber zu, dass sie einen neuen Weg gehen. Nicht komplett, aber eben anders als in den vergangenen Jahren. Vielleicht wird es wieder einfacher, deftiger?

Was dürfen die Zuschauer erwarten?

Werner: Diesmal spielt alles im Wilden Westen mit dem Titel "Die glorreiche 7". Das Singspiel in einen bekannten Rahmen zu gießen, bleibt also als Tradition erhalten.

Seehofer vs. Söder dürfte ja zum letzten Mal dominierendes Thema sein. Oder? Werden Sie das vermissen?

Werner: Der jahrelange Tanz zwischen Seehofer und Söder geht vielleicht in die letzte Runde. Ich sag bewusst "vielleicht". Wer weiß denn schon, ob sich der neue Ministerpräsident und ein CSU-Chef als Innenminister in Berlin nicht noch eine "Zugabe" leisten. Wenn es aber nicht mehr um die beiden geht, ist auch nichts verloren. Jedes Derblecktsein am Nockherberg ist befristet.

Welches zwischenmenschliche Theater könnte im kommenden Jahr an dessen Stelle rücken?

Werner: Kommt darauf an, was in Berlin passiert und wie die Landtagswahl in Bayern im Herbst ausgeht. Wer wird der mögliche Koalitionspartner für die CSU? Mir wäre ein schönes Duett Söder/Merkel auf alle Fälle lieber als ein Duett Söder/Aiwanger... wobei, wenn ich so drüber nachdenke, vielleicht gibt es bei Letzterem mehr erotische Sprengkraft?

Die Veranstaltung gehört zu den fixen Terminen im Münchner Bierkalender. Ist sie trotzdem schon mal ausgefallen?

Werner: Ja, wegen des Irakkriegs. Das war einmal "vor meiner Zeit" 1991 und dann 2003. Einmal ist der Termin verschoben worden. 2009 geschah der schreckliche Amoklauf an einer Schule im baden-württembergischen Winnenden - genau einen Tag vor der geplanten Salvatorprobe. Da konnte sich niemand vorstellen, dass alle lustig beim Bier zusammensitzen. Das ist dann um eine paar Wochen aufs Ende der Starkbierzeit verschoben worden.

Sie haben es ja schon angesprochen: Nach wie vor sind bei der Starkbierprobe vor allem Männer im Saal. Was halten Sie denn davon?

Werner: Ich würde mir mehr Frauen wünschen. Aber bitte nicht nur als Kellnerin oder hübsche Begleitung. Die Salvatorprobe ist auch nur ein Spiegel der aktuellen Besetzung in den Führungspositionen generell. Da geht es ja auch nicht nur um die Staatsregierung und ein paar bekannte Oppositionspolitikerinnen. Es sind ja auch die Spitzen von Behörden, Organisationen und Wirtschaftsunternehmen eingeladen. Was ich sagen will: Wenn der FC Bayern mal eine Präsidentin hat, dann würde die selbstverständlich auch zur Starkbierprobe eingeladen werden.

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