Wer bin ich – und wenn ja wie viele (Kleider)?

VENEDIG - Sie hat einen Oscar daheim, einen gut aussehenden Freund, Ruhm, Reichtum, Traum-Maße und aktuell einen Blockbuster im Kino. So betrachtet, hat sie eigentlich alles. Und doch hat Charlize Theron („Monster“, „Hancock“) noch mehr – das da wäre: das perfekte Händchen.
Weltstars brauchen das. Damit sie nicht langweilig werden. Mit dem Händchen ziehen sie ein Designer-Kleid nach dem nächsten aus ihrem Riesen-Koffer, werfen es sich über und stöckeln rüber – zum Event, zur Pressekonferenz, zur Filmpremiere, zur Charity-Nacht, . . . Was der ganz normale Arbeits-Alltag eben gerade so vorschreibt.
Der sieht bei Charlize Theron momentan das vor: Filmfestival Venedig, tausend Anlässe, aber nur ein Star (nämlich sie). Deshalb muss sie sich ständig neu erfinden.
Schließlich sind Brad Pitt und George Clooney längst weggegondelt – und Emmanuelle Béart, Nina Hoss und Helena Christensen halten Blitzlicht-mäßig leider auch nicht das, was Charlize verspricht: den Ausnahmezustand. Hollywood-Atmosphäre am Lido.
Zum Glück nimmt Charlize Theron den Job ernst. Selbst beim vierten Auftritt war das Geschrei und Geknipse am Teppich noch so groß, als wäre sie total überraschend und zum allerersten Mal da.
Im Prinzip war sie das auch – in der aktuellen Robe und Rolle. Wer bin ich – und wenn ja wie viele (Kleider)?, mag man sich nun frei nach Richard David Precht fragen.
Die Reise der Charlize Theron fällt dabei weniger philosophisch, aber umso glamouröser aus. Mal entzückt sie als unkomplizierte Party-Biene im lila Designerkleid mit Walle-Haaren. Schon Stunden später sind Haare und Kleid kürzer. Wer bei der Pressekonferenz was zu sagen hat, braucht klare Schnitte und Verhältnisse. Dann der Wow-Auftritt bei der Weltpremiere. Es folgt das modische Gegenprogramm: im niedlichen Sommerkleidchen verlässt sie Venedig.
Als Mädchen von nebenan, das so viel mehr sein kann.
Kimberly Hoppe