Wenn ein FDP-Politiker Ferrari fährt

Die einen zeigen Solidarität mit dem Landesminister, die anderen regen sich über die CO2-Bilanz des Flitzers auf. Und einige sähen Baden-Württembergs Vize-Ministerpräsident Ulrich Goll lieber in einen Porsche.
Freiheit den PS-Protzen - wird so künftig das Kürzel FDP übersetzt? Baden-Württembergs Vize-Ministerpräsident Ulrich Goll (FDP) dürfte sich dann jedenfalls nicht wundern. Seit Tagen schwärmt der 58-Jährige lautstark von seinem Ferrari 360.
Den 400-PS-Flitzer hat der Justizminister für etwa 100.000 Euro gebraucht gekauft. «Es macht mir einfach Spaß», sagt Goll. Keinen Spaß hingegen verstehen die Grünen, die auf die hohen CO2-Werte hinwiesen. In der CDU heißt es, ein Sportwagen «made in Stuttgart» wäre passender gewesen. Aber auch bei einigen Liberalen löst Goll Kopfschütteln aus, weil er Erinnerungen ans verhasste Etikett «Partei der Besserverdienenden» wachruft. «Wir hätten es gerne vergessen gemacht», sagt FDP-Fraktionschef Ulrich Noll.
«Lieber mehr Gas in der Regierung»
Der Landeschef der FDP-Nachwuchsorganisation Julis, Leif Schubert, meint: «Wir würden uns wünschen, er würde noch mehr Gas in der Regierung geben als am Steuer.» Dagegen nimmt der Generalsekretär der Bundes-FDP, Dirk Niebel, den Landesminister in Schutz: «Man muss auch gönnen können. Das Privatauto ist Privatsache.» Wer sich jedoch in der Bundes-FDP umhört, erfährt ganz unterschiedliche Meinungen. Für seinen «Spieldrang» wolle aber niemand Goll bestrafen, heißt es aus Berlin. Tatsächlich hatte der Stuttgarter Vize-Regierungschef gesagt, beim Kauf des Ferrari habe sich «das Kind im Mann» durchgesetzt. Auf Kritik reagiert er recht allergisch: Er habe keine Lust, «dem allgemeinen Klischee des armen Politikers zu entsprechen». Und da er den Ferrari nicht zum Brötchenholen aus der Garage hole, mache er sich um seine Ökobilanz keine Sorgen. Entspannt sieht der Stuttgarter SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel die Angelegenheit. «Wir sind ein freies Land mit freien Bürgern.» Vielleicht denkt er auch daran, dass einst ein prominenter Sozialdemokrat durch Protzerei von sich reden machte. Nicht wenige regten sich zu Beginn der rot-grünen Regierungszeit darüber auf, dass der Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Cohiba schmauchte und sich im sündhaft teuren Brioni-Anzug ablichten ließ.
Politisch korrektes Verhalten ist nicht alles
Nun ist Goll aber Freidemokrat, der Wert legt auf seine Unabhängigkeit. Ende 2002 schmiss er sein Amt als Justizminister hin, um in eine große Anwaltskanzlei zu wechseln. Erst als ihn die FDP zwei Jahre später wieder rief, weil Nachfolgerin Corinna Werwigk- Hertneck über eine Affäre stolperte, kehrte er auf den Posten zurück. Ex-Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU), selbst lange Porsche-Fahrer, sagt: «Ulrich Goll ist ein Mensch, der nicht alles im Leben auf die Politik und auf politisch korrektes Verhalten ausrichtet.» Kein Verständnis für Goll hat dagegen der Landeschef des CDU-Sozialflügels, Christian Bäumler. Dass ein Regierungsmitglied aus dem Land von Daimler und Porsche einen italienischen Flitzer fahre, passe einfach nicht ins Bild. Er wünscht sich etwas «mehr Sensibilität.» Goll verweist bei der Gelegenheit darauf, dass er ja lange einen Porsche 911 Cabrio gefahren sei. Und wenn er mit Familie unterwegs sei, «nehmen wir den Mercedes GL mit sieben Sitzen». (Henning Otte, dpa)