Verfassungsmedaille in München verliehen: Iris Berben mit Gold geehrt

Landtagspräsidentin Ilse Aigner ehrt Bürger mit Bayerns seltenstem Orden. Auch Promis wie Iris Berben sind unter den Preisträgern.
München - Mit einem prächtig blühenden Baum hat sie unsere Demokratie verglichen. Landtagspräsidentin Ilse Aigner verwendete die Baummetaphorik bewusst, um den Stellenwert der engagierten Bürger hervorzuheben. "Die Verfassung ist der unverrückbare Stamm des Baumes", sagte sie und: "Die Blätter stellen unsere Gesellschaft dar."
Der bayerische Landtag zeichnet jedes Jahr engagierte Menschen mit der bayerischen Verfassungsmedaille aus. Heuer erhielten vier Persönlichkeiten die Auszeichnung in Gold, 39 weitere in Silber. Die Ordenträger seinen "die Blüte des Baumes", sagte Aigner am Freitag und holte metaphorisch das Biologiebuch heraus. Denn es ging weiter: "Sie alle wissen um die Bedeutung der Photosynthese. Ohne die Blätter und auch ohne die Blüten sind Bäume nicht lebensfähig." Die Verfassung sei ein Organismus, der "zum Leben erweckt werden muss". Kardinal Reinhard Marx sprach anschließend bei seiner Festrede im Senatssaal des Maximilianeums über die Freiheit in unserem Rechtsstaat. Das Publikum war angetan.
Aigner und Marx betonten, dass der Staat ohne Ehrenamt und Engagement "hoffnungslos überfordert" wäre. Daher sei die Verleihung des Ordens ein besonderes Zeichen, dass die Hilfe und das Miteinander erkannt würden, denn beides sei alles andere als selbstverständlich.
Erst 359 Menschen erhielten den seit 1961 vergebenen Orden in Gold, 1.198 in Silber, damit ist er die am seltensten vergebene Auszeichnung Bayerns.
Heuer gingen die goldenen Auszeichnungen an Schauspielerin Iris Berben, an die ehemalige Regionalbischöfin für München und Oberbayern, Susanne Breit-Keßler, an den ehemaligen Staatsminister Helmut Brunner und an Altlandrat Christian Knauer. "Mama Bavaria" Luise Kinseher und Hans Schuierer, früherer Wackersdorf-Aktivist, erhielten einen silbernen Orden. Die AZ sprach mit einigen Preisträgern über Ehrenamt, Engagement und die Verleihung.
Susanne Breit-Keßler: "Ein Ansporn weiterzumachen"
Mit Auszeichnungen kennt sie sich aus: Für Susanne Breit-Keßler ist es der achte Orden, den sie erhalten hat. Und doch ist er für sie besonders, "weil er so selten ist."
Die 65-Jährige war fast 20 Jahre lang Regionalbischöfin für München und Oberbayern – und die erste Frau im Freistaat, die ein bischöfliches Amt innehatte. Letztes Jahr ging sie in den Ruhestand, doch aufgehört hat sie nicht. Der Orden sei "ein wahnsinniger Ansporn weiterzumachen", sagte sie der AZ. Es gebe bestimmte Bereiche, "da muss man sich verstärkt engagieren. Alle, die nicht schön, reich, jung, erfolgreich sind, stehen schnell am Rand und werden nicht mehr gesehen." Auch in Sachen Rechtsradikalismus und Antisemitismus müsse unsere Gesellschaft nachlegen, sagte sie und hob München doch als positives Beispiel hervor.
Hier gebe es inzwischen wieder eine ausgeprägte Demonstrationskultur, die Menschen würden sich zeigen. "In München funktioniert das, in anderen Städten ist es schwieriger", sagte sie.
Tomas Kucera: "Es gibt Vorfälle, auch in München"
Als Rabbiner kennt Tomas Kucera nicht nur die schönen Seiten. Aber auch die, in denen engagierte Bürger "Nein" sagen, wenn jemand angefeindet wird. Und die dann ausgezeichnet werden. Kucera erzählte der AZ: "Es kommt auch in München zu Zwischenfällen, zum Beispiel unschöne Briefe, die wir als jüdische Gemeinde bekommen, die teilweise anonym sind, teilweise nicht."
Die Auszeichnung nahm er nicht für sich persönlich in Anspruch, sondern sieht sie als "Auszeichnung für die jüdische Gemeinde" in München. "In jeder Gesellschaft, ob in München oder woanders, gibt es in Bezug auf das Judentum immer Nachholbedarf", sagte er – und freut sich umso mehr über die Rede von Kardinal Reinhard Marx, der explizit in seiner Rede die jüdische Gemeinschaft angesprochen hat.
Iris Berben: "Eine ganz besondere Ehrung" – für die ganze Familie
Schauspielerin Iris Berben hat viele Preise erhalten in ihrer rund 50-jährigen Karriere. Der bayerische Verfassungsorden fällt bei all den Filmpreisen allerdings dennoch ein wenig aus der Rolle.
Und doch hat die Auszeichnung eine ganz besondere Bedeutung für sie. "Durch die diversen Preise, die ich bekommen habe, wird das nicht geschmälert", erklärte sie am Freitag. Der Preis ermutige sie, mit ihrem Engagement weiterzumachen. Gleichzeitig appellierte sie an die Bürger, sich einzusetzen: "Die Verfassung gibt uns einen Rahmen und den Rest müssen wir als Gesellschaft leisten. Wir müssen uns immer wieder ermutigen und dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen."
Dass der Preis auch noch in ihrer ehemaligen Heimat München verliehen wurde, ist ein ganz besonderes Schmankerl für die 69-Jährige, deren Sohn Oliver in der Stadt lebt. Berben brachte ihn, Schwiegertochter Katrin und ihren Ex-Lebensgefährten Gabriel Lewy mit in den Landtag. Über ihren Sohn sagte sie: "Als gebürtiger Bayer, der er ist, ist es für ihn eine ganz besondere Ehrung, die ich da bekomme. Wie schön, dass er sich freut und dass er Bayern die Treue hält." Es fühle sich "sehr gut" an, hier zu sein. Auch wenn sie inzwischen "untreu" geworden sei, – Berben lebt seit einiger Zeit in Berlin – freue sie sich immer wieder, wenn sie in München ist. "Ich drehe in den nächsten Wochen auch hier", sagte sie und konnte ein Lächeln dabei nicht verbergen.
Iris Berben engagiert sich seit über 30 Jahren gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit.
Brigitte Bührlen: "Das ist für mich selbstverständlich"
Als Kind der Sechziger Jahre sei sie mit gemischten Gefühlen ins Maximilianeum gekommen, sagte Brigitte Bührlen am Freitag der AZ. Bührlen ist seit vielen Jahrzehnten ehrenamtlich aktiv und kümmerte sich hingebungsvoll um ihre kranke Mutter.
Für sie sei die "Auszeichnung für all diejenigen, die sich tagtäglich um ihre Angehörigen kümmern", sagte sie. "Ehrenamt war immer schon wichtig, ich habe das mein ganzes Leben lang gemacht, das ist mein Naturell."
Luise Kinseher: "Dankbar, hier leben zu dürfen"
Kabarettistin Luise Kinseher wollte nicht zu ernst wirken bei der Verleihung des Verfassungsordens. Doch war es der "Mama Bavaria" ein Anliegen, auf unser Privileg, das wir in Deutschland, und hier in Bayern, haben, hinzuweisen.
Sie sagte: "Wir sind zu Dankbarkeit verpflichtet, in diesem wunderbaren Land leben zu dürfen und einen Beitrag dafür zu leisten, dass es auch so bleibt, ohne die Liebe zu den Menschen zu verlieren."
Toni Roiderer: "Jetzt muss die Jugend anpacken"
Seit 1989 ist Toni Roiderer Wirt des Hacker-Zelts auf der Wiesn, 15 Jahre war er Sprecher der Wiesnwirte. "Ich bezeichne mich als echten Bayern", sagte er der AZ ganz in seiner unverstellten bayerischen Art. Seine Meinung zum Orden: "Mich stört das nicht, wenn ich das kriege, das Bundesverdienstkreuz habe ich ja schon." Jetzt seien andere an der Reihe: "Ich habe lange genug mitgewirkt, jetzt muss die Jugend anpacken."
Susanne Arndt: "Die Arbeit geht weiter"
Sie denkt, stellvertretend für viele Eltern, an die Bildung der Kinder. Susanne Arndt ist Vorsitzende der Landes-Elternvereinigung der Gymnasien in Bayern. "Es gibt viele Elternbeiräte, dass da endlich mal eine Anerkennung kommt, ist sehr schön", sagte sie der AZ. Ehrenamt sei immer wichtig, heute wie früher, ob München oder woanders. "Die Auszeichnung freut mich, ansonsten geht die Arbeit aber weiter", sagte sie ganz nüchtern.