US-Fans finden Tokio Hotel «sooo suss»

Als erste deutsche Formation sind die jungen Männer um Bill Kaulitz in einer großen Late-Night-Show im US-Fernsehen aufgetreten. Die kreischenden Anhänger lernen dort zu Verehrungszwecken sogar Deutsch.
Ehrgeiziges Projekt: Die Teenie-Band Tokio Hotel will nach ihrem Höhenflug in Deutschland jetzt auch in den USA landen. Die vier Jungs aus Magdeburg touren derzeit durch das musikverwöhnte Amerika, um dort ihr erstes englischsprachiges Album «Scream» vorzustellen. Wichtigste Botschaft für die Fans: Frontmann Bill Kaulitz (18) kann nach seiner Stimmbandoperation vor sechs Wochen wieder singen. «Alles ist ausgeheilt. Ich bin wieder voll okay», versicherte er in New York.
In der Nacht auf Samstag traten die Kids erstmals in einer großen US-Fernsehshow auf. «Das hat unseres Wissens noch keine deutsche Band geschafft», sagt der Deutschlandchef ihrer Plattenfirma Universal Music, Frank Briegmann, stolz. Vier Minuten lang rockten Bill, Tom, Gustav und Georg in der «Late Night with Conan O'Brien» mit ihrem Erfolgshit «Ready, Set, Go!» über die Bühne. Der preisgekrönte Talkmaster Conan O'Brien gilt gerade bei jüngerem Publikum als Aushängeschild für witzige Unterhaltung. Hinter der Bühne ließ er sich von Bill Kaulitz das Rezept für die schwarze Mega-Mähne verraten. «So viel Haarspray wie möglich und ganz wenig kämmen.»
«Soooo suss»
Bei der Aufzeichnung der Show im durchgestylten NBC-Studio H6 im Rockefeller Center ist den Tokio-Boys von Lampenfieber kaum etwas anzumerken - auch wenn sie wissen, dass später ein Millionenpublikum ihren Auftritt sehen wird. Allenfalls bei den ganz hohen Tönen klingt Bills Stimme anfangs etwas gepresst. «Dabei waren wir ganz schön aufgeregt», verrät er später. Vom Studiopublikum gibt es reichlich Applaus, eine Gruppe kreischender Mädels kann sich kaum halten, als Kaulitz ihnen sogar noch ein Handküsschen zuwirft. In gebrochenem Deutsch schwärmt ein schwarzes Girlie: «Der ist soooo suss.» Die 17-jährige Magna ist zusammen mit ihrer Zwillingsschwester und einer Freundin morgens um vier Uhr aufgestanden, um Resttickets für die Show zu ergattern. Die drei lernen seit Monaten mit dem Wörterbuch Deutsch, um die Original-Texte von Tokio Hotel zu verstehen. Zum Beweis geben sie in der Vorhalle kichernd den Superhit «Durch den Monsun» zum Besten.
«Wir sprechen ja kaum Englisch»
Wie bei der ersten US-Stippvisite im Februar, als die Konzerte restlos ausverkauft waren, ist die Band von ihrem Erfolg in den USA selbst überrascht. So gab es nach einem Auftritt beim Musiksender MTV einen regelrechten Auflauf am Times Square mitten in Manhattan. Bei einem PR-Termin zum Signieren von CDs musste das Musikgeschäft wegen des großen Andrangs schließen. «Für uns ist es immer noch ein bisschen wie: «Wow, super! Wir haben einen Fan in Amerika»», gesteht Bill. «Scream» ist eine Mischung aus den beiden bisher in Deutschland erschienenen Alben «Schrei» und «Zimmer 483». Die Titel wurden ins Englische übersetzt und neu eingespielt - Stress für die Jungs. «Wir sprechen ja kaum Englisch. Da muss man echt schmerzfrei sein», sagt Bills Zwillingsbruder Tom. Die Website des angesehenen Fachmagazins «Rolling Stone» lobt dagegen augenzwinkernd, Bills «seltsame Aussprache» mache ihn nur noch charmanter. Das US-Blatt hat die Vier ebenfalls zum Interview geladen. Nach einem Konzert an diesem Dienstag in Los Angeles und zwei Auftritten in Kanada geht es dann vorerst zurück nach Europa, für den Sommer ist ein neuer USA-Trip geplant. Aber davor sollen auch die deutschen Fans mal wieder auf ihre Kosten kommen: Am 13. Juni holt Tokio Hotel in der Dortmunder Westfalenhalle das Konzert nach, das wegen Bills Operation am 31. März abgesagt werden musste. (Nada Weigelt, dpa)