„Und dann kam Mick Jagger“
Jerry Hall ist Topmodel, vierfache Mutter und Schauspielerin. In ihrer Biografie ist sie aber vor allem eines: Die Frau an der Seite von Mick Jagger. In „Mein Leben“ schwelgt sie in Erinnerungen an ihre große Liebe und beschreibt die Zeit „mit Mick im Wunderland“.
München 55 Jahre alt wird Jerry Hall in diesem Juni und sie hat – das kann man wohl so sagen – bis jetzt ein durchaus spannendes Leben gehabt. Als Topmodel reiste sie um die Welt, sie arbeitete mit Helmut Newton und Andy Warhol, stand an der Seite von Jack Nicholson in „Batman“ vor der Kamera und verlobte sich mit Brian Ferry noch bevor sie 20 Jahre alt war.
In ihrer Biografie „Jerry Hall - Mein Leben in Bildern“ aber gerät all das ein wenig in den Hintergrund. Denn das Buch, das sie am Donnerstag in München vorstellte, ist vor allem eine Liebeserklärung an ihren Ex-Mann Mick Jagger. „Es war Liebe auf den ersten Blick. Er hat mich weggefegt.“
Er muss damals, Ende der 1970er Jahre, in ihr Leben eingeschlagen haben wie eine Bombe: „Und dann kam Mick Jagger“ heißt ein Kapitel ihrer Biografie, die – wie der Titel schon sagt – eher von den vielen privaten Bildern lebt als von einem packenden Erzählstil. Auch die Enthüllungen halten sich in Grenzen: Auf einem Foto zieht Hall Jagger am Pool die Badehose runter – das war es auch schon. Jerry Hall packt ansonsten nicht aus, sie plaudert nur ein wenig.
Schon als junges Mädchen in Texas fand sie Jagger „total süß“, schreibt sie. Bis sie ihn dann endlich kennenlernen konnte, sollten aber noch einige Jahre vergehen, in denen Hall erste Erfolge als Model feierte. Sie lernt den britischen Sänger Brian Ferry kennen, mit dem sie sich schnell verlobt. Doch schon bald kriselt es. „Ich sollte seine Lady sein, die mit Tweedkostüm und Perlenkette den Nachmittagstee einnahm“, schreibt Hall. Wenn sie laut wird oder ausgelassen feiert, ist ihm das peinlich.
„Und dann kam Mick Jagger“: Bei einem Konzert der Rolling Stones sieht sie ihn zum ersten Mal. Kurze Zeit später trifft sie ihn bei einem Dinner in New York. Es kommt, wie es kommen muss: Jagger bittet sie auf eine Tasse Tee in seine Wohnung. Hall ist damals erst 21 Jahre alt, Jagger noch mit seiner ersten Frau Bianca verheiratet. „Ich sagte Mick, wir könnten uns nur jeden zweiten Tag sehen – damit ich mich nicht rettungslos in ihn verliebte. Ein untauglicher Selbstschutzversuch.“
Zum Bruch mit Ferry kommt es, als er in der Zeitung vom gemeinsamen Urlaub des Paares in Marokko liest. „Er sprach nie wieder ein Wort mit mir“, schreibt Hall. Aber: „Meine Liebe war so stark, dass ich nicht anders konnte, als Mick zu folgen, wohin er mich auch führen würde.“ Es folgt eine Zeit „mit Mick im Wunderland“.
Sie bringt den gefeierten Rockstar nach eigenen Angaben dazu, den Drogen abzuschwören. In der ersten Zeit, so schreibt Hall, lieben sie sich viermal am Tag. „Bei jeder Gelegenheit rissen wir einander die Kleider vom Leib.“ In dieser Zeit ist sie auch dabei, wie Musikgeschichte geschrieben wird.
Über die Arbeit von Jagger und Keith Richards, der jüngst selbst ein Buch aus der Geschichte seines Lebens gemacht hat, schreibt sie: „Es war diese symbiotische Beziehung zwischen den beiden, die binnen Stunden fantastische Songs entstehen ließen.“
Doch der Ruhm hat auch seine Schattenseiten: Mick Jagger hat nach dem Ende großer Tourneen mit Depressionen zu kämpfen – er leidet unter Adrenalinentzug. Und immer wieder kommen Hall Frauengeschichten zu Ohren. „In sexueller Hinsicht war er ein gefährliches Raubtier“, schreibt sie.
„Ich hatte ihn von den Drogen weggebracht, aber an ihre Stelle war der Sex getreten.“ Es gibt sogar Gerüchte, Jagger habe Eric Clapton dessen damalige Freundin ausgespannt: Carla Bruni. Trotzdem bleiben sie zusammen und heiraten Jahre später sogar auf Bali.
Sie bekommen vier gemeinsame Kinder, ein Kind – der Zwilling des zweitgeborenen James – stirbt im Mutterleib. Glückliche Familie ist der Jagger/Hall-Clan aber nicht oft. Jagger ist nur selten bei Frau und Kindern im schönen neuen Haus am Richmond Park im Westen von London. „Rockstars ähneln Seemännern“, schreibt Hall.
Seinen Kindern schickt Jagger bunte Nachrichten mit selbstgemalten Bildern. „Hi James, liebe Grüße von Daddy aus Los Angeles“ schreibt er einmal und malt dazu ein Bild von sich selbst, winkend auf dem Rücksitz einer Limousine. Wenn Jagger da ist, bringt er seiner Frau morgens den Tee ans Bett.
Der Tropfen, der das Fass dann zum Überlaufen bringt, ist Jaggers Affäre mit dem brasilianischen Model Luciana Morad. Sie wird von ihm schwanger. Mit seiner notorischen Untreue hatte Hall sich abgefunden.
„Aber ein Kind von einer anderen Frau, das war schlicht und einfach zu viel.“ Hall reicht Ende der 90er Jahre – nach mehr als 20 Jahren an Jaggers Seite – die Scheidung ein. Heute lebt sie in London und hat einen neuen Freund, in den sie sehr verliebt ist, wie sie in München verriet. Sie hält Hunde und Hühner und hat ihre Liebe zur Theaterschauspielerei entdeckt.
Und Mick Jagger? „Wir waren immer sehr sehr gute Freunde und sind es bis heute“, schreibt sie. „Natürlich liebe ich ihn immer noch.“