"Traumschiff"-Kapitän Siegfried Rauch wird 85: "Ich bin topfit!"

Vor vier Jahren hat er sich in den Ruhestand jenseits aller Bildschirme verabschiedet, dabei hat Siegfried Rauch ("Bergdoktor", "Traumschiff") mehr denn je zu tun – er muss sich um seinen Wald in Untersöchering bei Weilheim kümmern. Jetzt wird er am Sonntag auch noch 85. Mit der AZ spricht der symphatisch-kernige Schauspieler bei einer Pfeife privat wie nie.
AZ: Herr Rauch, freuen Sie sich auf Ihren Geburtstag?
SIEGFRIED RAUCH: "Nee, überhaupt nicht. Das ist der grausigste Tag im Jahr."
Warum denn das?
"Ich habe alles versucht: Wenn ich zehn Freunde einlade, sind fünf beleidigt. Abhauen ist auch schwierig. Zum 80. bin ich in ein Thermalbad geflüchtet, da hat mir ein Wildfremder unter Wasser die Hand gegeben und gratuliert. Es bringt alles nix. Dann bleib ich lieber Zuhause und alle zwei Minuten klingelt das Telefon. Beliebtester erster Satz: 'Ich will ja nicht stören, Sigi, aber...'"
Schmeichelt die Anteilnahme nicht auch?
"Ich würde gern in Ruhe mein Stück Kuchen essen. Ich überlege, nicht nur das Handy auszustellen, sondern auch das Telefon stumm zu kriegen. Mal schaun. Oder ich verkriech mich tief in meinen Wald."
Den lieben Sie mehr als die Glamour-Welt, oder?
"Wissens’, ich hab hier weniger Feinstaub. Und auch sonst: Die Glamour-Welt ist mir zu pseudo, ich bin hier ganz glücklich, obwohl viele Kollegen meinen, ich sei weit weg vom Schuss. Ich frag mich nur: von welchem Schuss? Ich habe 600 Kühe um mich herum – und 200 Einwohner. Perfekt."
Was bedeutet Ihnen die 85?
"Diese Zahl sagt mir gar nix. Zumal ja viele 66-Jährige schiefer daherkommen als ich. Ich bin topfit, mir fehlt nix."
Glückwunsch!
"Mei, vielleicht ist das mein einziges Problem: Ich fühle mich jung und erschrecke, wenn ich erinnert werde, wie alt ich bin."
Haben Sie einfach Glück oder leben Sie so gesund?
"Ich bin als Kriegskind gezwungenermaßen bio aufgewachsen, ohne, dass es damals so hieß. Die Luft hat ganz anders gerochen, da gab’s ja nicht so viele Autos und Pestizide. Heute liebe ich meine Pfeife, trinke gern ein Glaserl und habe die tollste Köchin an meiner Seite – meine wunderbare Frau."
Vielleicht ist die Liebe Ihr Geheimrezept, dass es Ihnen so blendend geht?
"Ja, das mit Karin und mir ist guinessbuchverdächtig. Vor drei Jahren hatten wir Goldene Hochzeit. Vier Türen hat uns unsere Ehe bisher gekostet, eine gute Bilanz."
Wer hat sie zerdeppert?
"Meine Frau, sie ist temperamentvoller. Es ist gut, auch mal zu streiten. Absolute Harmonie ist nicht erstrebenswert. Man muss sich nur immer wieder versöhnen können."
Das klingt so einfach ...
"Ich hatte halt Glück: Ich habe die beste Frau gefunden. Viele haben ihre Instinkte verloren, das richtige Mädchen für sich zu treffen. 'Bis dass der Tod euch scheidet', habe ich Karin versprochen. Daran halte ich mich. Man muss Sachen haben, die einem heilig sind."
Viele können das nicht.
"Ich sehe es im Freundeskreis, alle drehen durch, wenn es mal schwierig wird, betrügen und scheiden sich, haben jüngere Frauen und glauben, sie werden selbst jünger. So ein Schmarrn! 'Mir fiel die Decke auf den Kopf' – den Satz kann ich nicht mehr hören. Meine Güte, wie oft haben mir das Männer und auch Frauen als Trennungsgrund genannt! Es wurde nie besser. Ich habe es auch an meinem Freund Steve McQueen gesehen."
Mit dem Sie in "Le Mans" gespielt haben und der Patenonkel von einem ihrer zwei Söhne wurde.
"Genau. Da brach die Ehe auseinander, Steve hatte die tollsten Rollen, nahm Drogen und stürzte ab. Eine Tragödie."
Statt in Hollywood zu bleiben, wurden Sie hier ein Star.
"Dabei kann ich mich selbst nicht sehen."
Wie?
"Ich habe noch keine ganze Folge 'Bergdoktor' geschafft. Meine Frau mag sich dafür auf Fotos nicht, dabei ist sie besonders hübsch. Auch heute. Man selbst sieht sich immer anders."
Schauen Sie überhaupt fern?
"Weder 'Tatort' noch 'Dschungelcamp', Polit-Shows sind für mich eine Qual, alles dreht sich im Kreis. Ich schau gern eine Doku über Eisbären."
Sind Sie im Internet?
"Nein, aber meine Enkel. Die schimpf ich dann und sag, geht raus an die frische Luft. Wenn wir im Wald sind, sie im Dreck spielen und wir Feuer machen, sind sie überglücklich."
War früher alles besser?
"Es gab Werte, Zusammenhalt. Das wenige, das wir hatten, haben wir geteilt. Als Kind habe ich stets gefroren, hatte immer Hunger. Deshalb habe ich auch heute meinen Kartoffelacker im Wald. Manche Sachen sind in einem drin, für immer. Die wird man nicht mehr los. Da ist es wurscht, wie alt man ist."