Trauer um "Mr. Sportschau": Ernst Huberty (96) ist tot

"Sportschau"-Pionier Ernst Huberty ist tot: Wie der Westdeutsche Rundfunk (WDR) unter Berufung auf dessen Familie mitteilte, ist der Fernseh-Journalist und Fußball-Kommentator am Montag im Alter von 96 Jahren gestorben.
Tom Buhrow über Ernst Huberty: "Wohltuend unaufgeregt und mit großer Seriosität"
"Wir nehmen traurig Abschied von Ernst Huberty. Als "Mr. Sportschau", wie ihn das Publikum liebevoll nannte, hat er als erster Moderator diese Sendung entscheidend geprägt: wohltuend unaufgeregt und mit großer Seriosität. Ernst Huberty bleibt uns allen nicht nur als Moderator der "Sportschau", sondern auch als Sportreporter-Legende ewig in Erinnerung", erklärte WDR-Intendant Tom Buhrow.
Ernst Huberty: Sein Gesicht steht für die Geburt der Sportschau
Ernst Huberty moderierte am 4. Juni 1961 in der ARD die erste "Sportschau" und war 21 Jahre lang bis 1982 deren Gesicht. Im Gedächtnis vieler Fernsehzuschauer blieb er zudem durch seine Kommentierungen vom sogenannten Jahrhundertspiel Deutschland gegen Italien beim Weltmeisterschafts-Halbfinale 1970 in Mexiko oder der legendären Wasserschlacht von Frankfurt bei der WM 1974 zwischen Deutschland und Polen.
Ernst Huberty wurde am 22. Februar 1927 in Trier geboren. Nachdem er zunächst beim Südwestfunk in Baden-Baden als Sportreporter und Moderator gearbeitet hatte, kam er 1957 zum WDR. Zunächst arbeitete er dort in der Redaktion von "Hier und Heute", 1970 übernahm er zudem die Leitung der Abteilung Sport im WDR.
Ernst Huberty: Der Mann des "Ausgerechnet"-Moments
Wenn "Tagesschau"-Sprecher Karl-Heinz Köpcke (1922 bis 1991) derjenige war, der die deutschen Nachrichten vom bellenden Kommiss-Ton der Nazizeit befreite, dann hat Ernst Huberty eben dies für die Sportberichterstattung geleistet. Ruhig und zurückgenommen war sein Kommentarstil, selbst in hochemotionalen Momenten.
Seine berühmtesten Reporterworte sind bezeichnenderweise "Ausgerechnet Schnellinger". Das war 1970, als Karl-Heinz Schnellinger im WM-Halbfinale gegen Italien in der 90. Minute den Ausgleichstreffer erzielte - ausgerechnet er, der seit Jahren in Italien spielte. Huberty schrie das nicht heraus. Er sagte es einfach.
Als die "Sportschau" Kult war: Alle kannten Ernst Huberty
Zwei Jahre später wurde die Bundesliga gegründet. Das Filmmaterial musste anfangs von Motorradkurieren aus den Stadien zum Sender nach Köln gefahren werden. Die Vereine zahlten zum Dank Geld dafür - nicht etwa umgekehrt.
In den 1970er Jahren war die "Sportschau" Kult. Jeder, wirklich jeder, kannte Ernst Huberty mit seinem astrein gekämmten silbernen Klappscheitel. Bis zu 15 Millionen Zuschauer schalteten jedes Mal ein. Das samstägliche Ritual für Millionen deutscher Nachwuchshoffnungen sah damals so aus: Erstens Fußballplatz. Zweitens "Sportschau". Drittens Badewanne.
Bis zum 87. Lebensjahr bildete Huberty noch Moderatoren aus
Dann kam 1982 der tiefe Fall: Wegen einer Spesenaffäre wurde Huberty als WDR-Sportchef abgesetzt und ins Dritte Programm verbannt. Andere hätte das verbittert, ihn nicht.
Zehn Jahre später sagte er rückblickend: "Unterm Strich ist übrig geblieben, dass ich in meinem Leben viel gelernt habe und dass ich mich völlig umstellen musste, eine ganz andere Arbeit leisten (musste) in diesem Hause, und die hat mir sehr gutgetan, die war für mein ganzes Leben ungeheuer wichtig."
Bis zum 87. Lebensjahr bildete er noch Moderatoren aus. Ob er Angst vor dem Tod habe, wurde Huberty 2017 in dem WDR-Film vom damaligen "Sportschau"-Chef Steffen Simon gefragt. "Eigentlich nicht", war die lakonische Antwort. Vielleicht werde er dank der modernen Medizin noch etwas länger leben. "Werden wir sehen." Um sich dann zu korrigieren: "Ich nicht. Du wirst es sehen."