Theo im Maßanzug

Marius Müller-Westernhagen sang sich von den Jeans bis zu Armani – morgen feiert der Sänger seinen 60. Geburtstag.
von  Abendzeitung
Auf der Bühne verkünstelt er sich gern, setzt sich modisch in Szene: Westernhagen 1999 in Lila, heute zieht er gedeckte Farben vor.
Auf der Bühne verkünstelt er sich gern, setzt sich modisch in Szene: Westernhagen 1999 in Lila, heute zieht er gedeckte Farben vor. © dpa

Marius Müller-Westernhagen sang sich von den Jeans bis zu Armani – morgen feiert der Sänger seinen 60. Geburtstag.

Theo lebt hier nicht mehr. Theo hat sich davongemacht, verpisst. Theo war das proletarische Alter Ego von Marius Müller Westernhagen. Im Film „Theo gegen den Rest der Welt“ fuhr er 1980 einen LKW, auf der zwei Jahre zuvor erschienen Platte „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ sang er „Mit 18 rannt’ ich in Düsseldorf rum / War Sänger in ‘ner Rock’n’Roll-Band... Meine Mutter nahm mir das immer krumm / Ich sollt was Seriöses werden."

Das rockte sich ins Hirn jeder Jugend in den 80er Jahren. Marius Müller-Westernhagen war der dünne, krakeelende, trotzdem irgendwie geil abgehende Sänger aus der Rock’n’Roll-Band von nebenan. An diesem Samstag wird der Musiker und Sänger Westernhagen nun 60 Jahre alt – und er rennt mit Sicherheit nicht mehr irgendwo in Düsseldorf herum.

Er hat vieles hinter sich, auch die Zeit als Mega-Star in den 90er Jahren. Damals dröhnte er plötzlich mit „Sexy“ und anderen Hit aus jedem Radio und füllte bei Konzerten mühelos die größten Arenen. Es war die Zeit, als die Musik-Industrie groß, mächtig und geldig war. Das ist vorbei, es ist stiller geworden um Westernhagen, auch wenn er nun einige Geburtstags-Konzerte gibt. Privat gilt er sowieso als umgänglicher und bescheidener Mensch, der seit 20 Jahren mit dem ehemaligen Model Romney Williams glücklich verheiratet ist. Skandale? Fehlanzeige.

80000 Menschen singen mit ihm "Freiheit! Freiheit!"

Eingeschossen hat sich auf ihn die Musik-Kritik: Er ist der Armani-Rocker, bei dem die Musik längst so faltenfrei ist wie der Maßanzug. Einen Text wie „Dicke“, mit dem er verstört, aneckt, Ärger auf sich zieht, kann man von ihm nicht mehr erwarten. Andererseits gibt es nicht viele deutsche Musik-Legenden, die die Massen so begeistern können. Man muss es erlebt haben, wenn 80000 Menschen im Stadion mit ihm singen „Freiheit! Freiheit! Ist das einzige, was zählt“ und er dann in der letzten Strophe das „zählt“ durch „fehlt“ ersetzt. Da gibt es auf der Stelle Gänsehaut ...

So liegen in jeder Hinsicht Welten zwischen den Jeans von Theo und dem Armani von Westernhagen. Aber manche Sätze von ihm bleiben für ewig: „Und ich will lieber verbrennen / Als so'n leiser Furz zu sein“ (aus „Bar bezahlt“). Ganz so hat er es ja dann doch nicht durchgehalten in seinen bisherigen 60 Jahren – aber das Pathos bleibt unübertroffen.

Michael Grill

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