Susanne Fröhlich: „Ich bin als Moppel gedacht“

Was die Bestseller-Autorin vom heutigen Anti-Diät-Tag hält, warum 95 Prozent der Hungerkuren scheitern und die Dicken in der Gesellschaft nicht länger die Deppen sind - das erzählt sie in der AZ.
von  Abendzeitung
Buchautorin Susanne Fröhlich
Buchautorin Susanne Fröhlich © dpa

Was die Bestseller-Autorin vom heutigen Anti-Diät-Tag hält, warum 95 Prozent der Hungerkuren scheitern und die Dicken in der Gesellschaft nicht länger die Deppen sind - das erzählt sie in der AZ.

Ihren Kampf mit den Pfunden hat sie öffentlich gemacht: Humorvoll, selbstbewusst und selbstironisch schildert Susanne Fröhlich (47) in ihren Bestsellern „Moppel-Ich“ und „Ewig grüßt das Moppel-Ich“ (Krüger Verlag), dass Abnehmen ein „Glücksfresser“ ist. In der AZ sagt sie, warum sie Diäten satt hat und wie genussvoll das Leben ohne Idealgewicht ist.

AZ: Frau Fröhlich, was sagen Sie als bekennendes Moppel-Ich, brauchen wir einen Anti-Diät-Tag?

SUSANNE FRÖHLICH: So wie den Tag des Abfalls oder des Baumes – eigentlich nicht. Aber, wenn der Tag manchen Leuten bewusst macht, dass es ein Leben jenseits der Diäten gibt, dann brauchen wir ihn doch.

Millionen Menschen – auch immer mehr Männer – zählen täglich Kalorien, kasteien sich, 50-Jährige werden magersüchtig... Ist Schlanksein das neue Jungsein?

Ein bisschen schon. Aber es ist noch mehr ein Synonym für Glücklichsein. Und an diesem Thema arbeiten sich alle ab. Manche lebenslang. Es ist nie genug. Und da muss man einfach mal sagen, haltet den Ball flach.

Sie sind ein Jo-Jo-Moppel, haben in fünf Jahren mehrfach 23 Kilo ab – und wieder zugenommen. Jetzt haben Sie die Diäten satt und akzeptieren, so schreiben Sie in Ihrem aktuellen Buch, dass „der Speck sich an mich klammert wie RTL an Dieter Bohlen“. Hatten Sie ein Aha-Erlebnis?

Ich habe einfach gemerkt, dass ewig Diät zu machen und dem Nicht-Essen eine solche Priorität einzuräumen, bekloppt ist. Nicht in Größe 36 zu passen, ein paar Kilo zu viel zu haben – das ist kein Drama, wie Krankheit oder Tod in der Familie. Das ist allerhöchstens ärgerlich.

Ihr erstes Moppel-Buch haben 1,2 Millionen Deutsche verschlungen, Ihr zweites ist seit ein paar Wochen im Buchhandel und in den Top Ten. Was raten Sie, die Galionsfigur der Frauen jenseits der Konfektionsgröße 42, ihren Leserinnen?

Ich rufe nicht zur Fettsucht auf, bin nicht dafür, dass man sich aufs Sofa legt und einfach voll frisst. Ich versuche, Frauen zu sagen: „Freundet euch doch einfach mal mit euch selbst an. Vielleicht habt ihr nun mal stämmige Oberschenkel. Da draußen ist eine gewisse Vielfalt. Nicht jede ist als Stangensellerie gedacht.“ Wenn man das akzeptiert, ist’s nicht mehr so schlimm.

Wirklich?

Das Gute ist, wenn man aufhört, Kalorien zu zählen, isst man oft weniger als vorher.

Wieso das denn?

Weil es keine Verbote mehr gibt. Bei dem Hin und Her zwischen Diäten stopft man sich zwischendurch oft mit was voll, weil man weiß, das kriegt man dann monatelang nicht. Jetzt kann man alles essen – muss es aber nicht mehr in Massen tun.

Als Sie nach ersten Moppel-Buch wieder zugenommen haben, gab’s viel Häme, wurden Sie in Mails als „fette Sau“ beschimpft. Weil Sie als Hoffnungsträgerin der Gewichtigen versagt hatten?

Nicht nur deshalb. Es gibt bei keinem anderen Thema so eine Aggressivität, so viele Menschen, die Gift und Galle spucken, wie beim Abnehmen. Und obwohl 95 Prozent aller Diäten auf lange Sicht nicht funktionieren, wird die Erkenntnis, dass Diäten überflüssig sind, als Scheitern angeprangert.

Und die Dicken sind die Deppen?

Ja, jeder meint, er müsste seinen Senf dazu geben und die Dicken fertig machen. In unserer Gesellschaft ist Dummheit salonfähig, Dicksein aber ganz schlimm. Und wenn dann eine Frau wie ich sich das nicht bieten lässt, sich nicht in die Ecke stellt und schämt – ist’s noch schlimmer.

Sie machen sich nichts draus, reagieren mit Selbstironie und Humor auf die mediale Gewichtskontrolle.

Wer sich mit seinem Speck an die Öffentlichkeit begibt, muss mit dem Ergebnis leben.

Was halten Sie von „Mode, die schlank macht“?

Ich zieh mir gern was Vorteilhaftes an. Nur, weil ich zu meinen Pfunden stehe, weiß ich trotzdem, dass ich in Hot Pants nicht gerade besonders gut aussehe. Ich will fit und beweglich sein, und lieber schlanker als dicker aussehen. Dass ich als Moppel gedacht bin, dass habe ich jetzt kapiert.

Ihr Mann und Ihre beiden Kinder auch?

Das Thema interessiert in meiner Familie so niemanden wirklich. Die essen, wenn sie Hunger haben und hören auf, wenn sie satt sind.

Ihr Sohn ist zwölf, die Tochter 18 – achten Sie darauf, dass die beiden sich keine Speckröllchen anfuttern?

Beide sind groß und sehr schlank, ich mache kein Theater ums Essen daheim. Ich sorge für gesunde Sachen – Obst, Gemüse – klar. Aber es gibt kein Schokolade-Verbot. Einen Vorratsschrank voller Chips und Flips gibt es allerdings auch nicht. Was man nicht im Haus hat, kann man auch nicht essen.

Ihr Sohn sagt, Sie hätten Talent zum Essen. Wovon kriegen Sie nicht genug?

Ich mag alles sehr, sehr gern. Verzichten kann ich auf Nierchen und Kapern. Ich brauche kein großes Chi-Chi, ich mag schlichte Gerichte aus guten Lebensmitteln. Süßigkeiten sind nicht meins. Komischerweise kann man, wie man an mir sieht, auch mit gesundem Essen zum Moppel werden.

Interview: Renate Schramm

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.