Stars ganz unter sich
Fotografen mussten leider draußen bleiben: Sharon Stones Aids-Gala in Cannes brachte 10 Millionen Dollar. Wer dabei war und was versteigerte wurde.
Der Weg in den Himmel der Schönen und Reichen führt durch ein Höllen-Spalier lauter Schreie hinter den hüfthohen Absperrgittern. Frech brüllen aus der Meute Fotografen mit verzerrten Gesichtern und sich überschlagenden Stimmen: „Sharon, Sharon, Shääääären!“ Sie, mit ihrem langen Leoparden-Schleppenkleid soll herschauen. Denn nur das Foto zählt, das beim Leser die Illusion weckt, im Blickkontakt mit dem Star zu sein. Hier im Nobelrestaurant Le Moulin de Mougins, in den Bergen von Cannes, ist das möglich.
Gleich nach dem letzten Sicherheits-Mann, ein paar Stufen hinunter in die Steingewölbe oder den Terrassenpark, herrscht eine besondere Atmosphäre – ein diskretes Summen eines Bienenstocks, aber mit fröhlicher Distanz statt Hektik. Der schokobraune Valentino schüttelt jedem, der im Vorbeigehen lächelt, die Hand. Dean und Dan Caten, Designer-Zwillinge aus Kanada, haben sich die Zähne zu strahlenden Pferdegebissen überkronen lassen, wie fast alle hier. Mit ihren weißen Hochwasser-Baumwollhosen sind sie underdressed.
Denn hier, in der nächtlich größten Neureichen- und Stardichte Europas, mit 720 Prominenten wie Schriftsteller Paulo Coehlo, Designer Roberto Cavalli, Schauspielerin Liz Hurley oder Natalie Portman und den Film-Mogulen Harvey und Bob Weinstein, ist Smoking alle Männer gleichmachende Pflicht – und das schleppenlange Abendkleid Prestigeobjekt.
Eine kühle Britishness liegt über dem warmen Maiabend. Als 20 Minuten vor dem Dinner der Ehrengast des Abends eintrifft, machen nur ihre zwei Personal Assistants Wind um sie: Madonna ist da.
Man dreht sich kurz nach der kleinen Blonden um, lächelt – nippt wieder vom Champagner und geht in das riesige Partyzelt, wo zum Dinner Sharon Stone mit Freunden Pretiosen versteigert für amfAR, die US-Aidsforschungs-Stiftung.
Aber es gibt noch mehr zu ersteigern. Der schwarze Skandal-Ghetto-Rapper P. Diddy ist 250 000 Euro wert. Soviel hat zumindest ein junger Mann für seine Begleiterin geboten, damit sie mit P. Diddy 24 Stunden verbringen darf, in New York oder Los Angeles.
Überhaupt wird an diesem Abend viel Menschenhandel getrieben, was einmal mehr beweist, dass das Show-Biz auch ein Fleischmarkt ist. Sharon Stone heizt den Abend als Conférencière an, erlöst später 500 000 Euro für ihren Porsche 911. Milla Jovovich singt den Evergreen Song „Ain’t Nobody’s Business“ und Dita von Teese räkelt sich dazu im hochgeschlitzten Kleid. Lasziv ringelt sie die Strapse vom rechten, dann vom linken Bein und schlingt die Seidenstrümpfe Sharon Stone um den Hals – für 70 000 Euro. Während Diane Krüger ungeschützt (Fotografen sind nicht zugelassen) an einem der Tische, der als 12er-Gedeck zwischen 40 000 bis 150 000 Euro kostet, ihren Freund küsst.
Am teuersten Tisch sitzt Madonna. Für eine Gitarre und zwei Songs backstage auf ihrer nächsten Tour erlöst sie 650 000 Euro, für eine Lagerfeld-Handtasche inklusive Taschentuch mit ihrem Kussmund gibt es 300 000 Euro. Da kann Mario Adorf im weißen Smoking am Nachbartisch nur den Kopf schütteln. Die Gesamteinnahmen für amfAR betragen am Ende des Abends 10 Millionen Dollar, drei Millionen mehr als im Vorjahr. Um Mitternacht ist alles vorbei. Die A8-Audis sausen mit den Stars zurück an die Croisette und Donatella Versace geht am Hafen noch Pizza essen.
Wie sind sie nun die Reichen und Schönen „entre nous“, fast hautnah? Reich? Sicher. Und schön? Zumindest schön zurechtgemacht. Auf der Straße würde man sich nach jemanden wie Diane Krüger oder vielleicht gar nicht umdrehen. Es sei denn, Fotografen und Security-Leute erzeugen Wichtigkeit. Aber vielleicht wollen wir ja das Paradox: an der Bar den Star wie du und ich und gleichzeitig den, der wie eine Ikone gegen die Banalität des Alltags strahlt.
Adrian Prechtel
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