So arbeitet Barack Obama im Hintergrund

Trump, Trump, immer nur Trump. Jeden Tag produziert der amtierende US-Präsident riesige Schlagzeilen. Darüber gerät sein charismatischer Vorgänger fast aus dem Blickfeld. Aber nur fast! Was macht eigentlich Barack Obama?
von  (rto/spot)

Trump, Trump, immer nur Trump. Jeden Tag produziert der amtierende US-Präsident riesige Schlagzeilen. Darüber gerät sein charismatischer Vorgänger fast aus dem Blickfeld. Aber nur fast! Was macht eigentlich Barack Obama?

In erster Linie scheint er sein neues Leben in vollen Zügen zu genießen. Tritt er mal vor die Kameras, sieht die Welt einen neuen (alten) Barack, der nichts mehr mit dem verhärmten, leicht gramgebeugten Obama in den letzten Monaten seiner Amtszeit gemeinsam hat.

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Er ist wieder da: der jungenhafte, scheinbar unbekümmerte Mann, dessen Charme die halbe Welt vor seinem Amtsantritt erlegen war. Obama und seine Familie haben die Sonnenseiten des Lebens wieder für sich entdeckt. Die schwerste politische Bürde der Welt ist von ihm genommen. Und das tut ihm sichtlich gut.

"Präsident zu sein gleicht dem Dasein eines Esels im Hagelsturm. Du kannst nichts machen, außer dazustehen und es zu ertragen", hatte US-Präsident Lyndon B. Johnson (1963-1969) über seine Jahre im Oval Office gesagt. Er verließ das Weiße Haus als schwer angeschlagener, manisch-depressiver Mann.

Auch andere amerikanische Staatschefs wurden im höchsten Amt ihres Landes nicht glücklich. "Ich weiß, dass ich bisher weitaus weniger erfolgreich war als andere Präsidenten. Ich habe immer versucht, Deine Politik fortzusetzen, aber die Methoden, die ich wählte, haben nie reibungslos funktioniert", schrieb William Taft 1910 an seinen Vorgänger Theodore Roosevelt.

Der Stachel in Trumps Fleisch

Solche Worte wird man von Donald Trump nie hören, obwohl sein Start in Washington alles andere als gelungen ist. Und Obama scheint sie auch nicht zu warten. Er beobachtet völlig entspannt die Lage, die er hin und minder kühl, aber sehr süffisant und treffend zu kommentieren pflegt.

Im Gegensatz zu den meisten seiner Vorgänger hat Barack Obama seine Zelte in Washington nicht abgebrochen. Jimmy Carter (1977-1981) ging zurück in seinen Heimatstaat Georgia, Ronald Reagan (1981-1989) zog es wieder unter die Sonne Kaliforniens. Bill Clinton (1993-2001) ließ sich in New York nieder, wo er eine Stiftung aufbaute und sich lustvoll mit seiner politisch hyperaktiven Frau Hillary Clinton stritt. Und der schlichte, aber unbeliebte George W. Bush (2001-2009) zog sich zum Bücherschreiben in den US-Bundesstaat Texas zurück. Neuerdings, so hört man erstaunt, wendet er sich der Malerei zu.

Barack Obama und seine Familie aber bleiben in Washington präsent, was Donald Trump empfinden mag wie einen hartnäckigen Stachel in seinem Fleisch. Mehr noch: Der Ex-Präsident hat sich in den elitären Zirkeln der Stadt, die Trump so zuwider ist, regelrecht eingenistet. Obama dürfte in den politischen wie kulturellen Kreisen Washingtons der begehrteste Gesprächspartner sein - und nicht der amtierende Präsident, auch ein Novum.

 

Luxus-Anwesen für 22.000 Dollar monatlich

 

Seit Anfang Februar wohnen Barack Obama, Ehefrau Michelle (53) und die beiden Töchter Sasha (15) und Malia (18) in der Belmont Straße Nr. 2446 im Luxus-Viertel Kalorama nahe des Rock Creek Parks. In der Gegend haben sich zahlreiche Botschafter, Politiker, Lobbyisten und sonstige Strippenzieher in der US-Hauptstadt niedergelassen. Für das historische Gebäude im Tudorstil (Baujahr: 1928, 7761 Quadratmeter Wohnfläche) zahlen die Obamas laut "New York Times" 22.000 Dollar Miete im Monat.

"Das Haus hat neun Schlafzimmer mit jeweils eigenen Bädern, einen Fitnessraum und Garten, wo Michelle - wie bereits in den Grünanlagen des Weißen Hauses - Gemüse anpflanzen kann", berichtete die "Bild"-Zeitung.

Das Anwesen verfüge über eine "Gourmet-Küche" mit sechs Öfen und einer Arbeitsplatte aus Marmor, es gäbe eine "Bar" und einen Wein-Keller. Für die Agenten des Secret Service, die über die Obamas wachen, stehe ein "Guard House" bereit

Vermieter ist der ehemalige Pressesprecher von Präsident Bill Clinton. Mit Joe Lockhart und dessen Ehefrau Giovanna Gray sind die Obamas gut befreundet. Giovanna Gray schrieb als Chefredakteurin der Frauenzeitschrift "Glamour" eine Coverstory über First Lady Michelle.

 

Darum bleibt er in der Hauptstadt

 

Offiziell bleibt Obama mit seiner Familie in Washington, weil die jüngste Tochter dort ihre Schule beenden soll. Doch Freunde der Familie glauben, dass der ehemalige Präsident dem politischen Hintergrundtreiben der Hauptstadt zu verfallen ist, um noch einmal nach Chicago, dem Ausgangspunkt seiner beruflichen Karriere, zurückzukehren. Dort besitzt Obama ein Haus, dessen Wert auf 1,6 Millionen Dollar taxiert wird. "Chicago erscheint mittlerweile wohl etwas zu klein für sie", sagt Peter Slevin, Professor an der Northwestern-Universität und Autor einer Biografie über Michelle Obama.

Obama hat schon im vergangenen Jahr angedeutet, dass er sich für schwarze Jugendliche aus innerstädtischen Problemvierteln Washingtons einsetzen könnte. Bereits im Februar 2014 startete er die Initiative "My Brother's Keeper" zur Förderung junger Afroamerikaner. Außerdem spekuliert man über eine Nebentätigkeit als Professor. "Ich liebe es, zu lehren. Ich vermisse den Hörsaal und die Interaktion mit den Studenten", sagte er vor Jahren dem Magazin "New Yorker".

Ein zentraler Punkt seiner Tätigkeit in Washington wird das Schreiben seiner Memoiren sein. Das Ehepaar hat sich in seinem neuen Heim gleich zwei Büros einrichten lassen, um zwei Bücher zu schreiben. Für die Memoiren von Michelle und Barack haben die Obamas beim Verlag Penguin/Random House einen Rekordvertrag unterzeichnet - angeblich mit einem Vorschuss von über 60 Millionen Dollar.

 

Rückkehr in die Politik?

 

Auch ohne dieses ungewöhnlich hohe Honorar ist Barack Obama ein wohlhabender Mann. Sein Vermögen, das er nicht zuletzt mit dem Verkauf seiner Bestseller "Dreams of my Father" und "The Audacity of Hope" und dem Kinderbuch "Of Thee I Sing: A Letter To My Daughters" erwirtschaftet hat, wird auf über zwölf Millionen Dollar taxiert. Hinzu kommt die lebenslange Präsidentenpension von 203.700 Dollar im Jahr.

Dieser Wohlstand ermöglicht Barack Obama ein entspanntes Leben in Washington, mit dem er sich alle möglichen Optionen offen hält. So jubelte laut "Bild" sein ehemaliger Justizminister Eric Holder vor wenigen Tagen: "Er kommt, er kommt. Er ist bereit, wieder Gas zu geben." In einem Artikel der US-Zeitung "Politico" sagte Holder, er würde sich immer öfter strategisch mit Obama darüber beraten, sagte er, wie der ehemalige Präsident bei der von den Demokraten erhofften politischen Rückeroberung Amerikas helfen könne.

Obama wolle vor allem bei der Initiative "National Democratic Redistricting Committee" aktiv werden: Denn die Demokraten wollen bei den "Midterm"-Kongresswahlen in 2018 den Senat und das Repräsentantenhaus zurückerobern. Obama sei eine Funktion als Strippenzieher zugedacht, und er empfinde das keineswegs als "zu klein". Außerdem hat er bereits früher angedeutet, dass er auch bei der Suche nach neuen, charismatischen Demokraten-Politikern, die dem nun schon 70 Jahre alten Donald Trump Paroli bieten können, Ausschau halten und als Mentor bereitstehen möchte.

Vor allem spricht für Barack Obama der Faktor Zeit. Mit gerade mal 55 ist er viel zu jung für einen politischen Ruhestand.

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