Sex, Gott und Punk: Dokumentation über Nina Hagen

Punk, Oper oder Schlager – Nina Hagen kann alles. Im Dokumentarfilm „Nina Hagen – Godmother of Punk“ erzählt die 56-Jährige aus ihrem wilden Leben.
von  dpa

Berlin – Sie ist eine Punk-Diva mit Weltruhm, und ihre exzentrischen Auftritte sind legendär. Im Fernsehen zeigte Nina Hagen anschaulich, wie Frauen am besten zum Orgasmus kommen. Heute spricht die Sängerin mit der Vier-Oktaven-Stimme am liebsten über Gott. „Nina Hagen – Godmother of Punk“ heißt die Dokumentation über das wilde Leben der Künstlerin, die Arte an diesem Dienstag (21.30 Uhr) als TV-Erstausstrahlung in der Reihe „Summer of girls“ zeigt.

Filmemacherin Cordula Kablitz-Post lässt in der RBB/SRF-Produktion nicht nur die 56-jährige Sängerin selbst zu Wort kommen, sondern auch ihre Mutter Eva-Maria Hagen, Ziehvater Wolf Biermann, Tochter Cosma Shiva, das Künstlerduo Pierre et Gilles und die Musikerinnen Peaches und Guesch Patti. „Ich habe mich damals bewusst entschieden, keine Opernsängerin zu werden – ich wollte mich nicht auf eine Schiene festlegen“, erinnert sich Hagen, deren Stimme mittlerweile tiefer und oft etwas angestrengt klingt.

Mit der Schlagerparodie „Du hast den Farbfilm vergessen“ beginnt in den 70er Jahren in der DDR Hagens Karriere. Doch das Leben im eingemauerten Arbeiter- und Bauernstaat ist nichts für die exaltierte junge Frau. „Im Grunde meines Herzens wollte ich nüscht wie raus aus diesem Loch und endlich die Welt sehen“, sagt die berlinernde Hagen. Weil ihre Mutter, die Schauspielerin Eva-Maria Hagen, mit dem Regimekritiker Wolf Biermann zusammen lebte, muss die Familie mit Ausgrenzung und dem gesellschaftlichen Abstieg zurechtkommen. 1976 folgt Nina dem inzwischen ausgebürgerten Biermann in den Westen – der ostdeutsche Staat „entlässt“ Hagen aus der Staatsbürgerschaft der DDR. Nina Hagen geht nach London, wo sie die ersten Auftritte der Sex Pistols erlebte.

Zurück in West-Berlin stehen bei ihrem ersten Auftritt im Quartier Latin Punks und Studenten ebenso Schlange wie Rentner aus der DDR. Sie will „auf keinen Fall volksverdummende Sachen machen“ und singt kritische Songs wie „TV-Glotzer“ und „Unbeschreiblich weiblich“. 1980 zieht Nina Hagen in die USA und bringt dort ihre Tochter Cosma Shiva zur Welt. Vom Vater des Kindes trennt sich Hagen wegen dessen Heroinsucht.

In den amerikanischen Clubs wird ihr exzentrisch interpretierter Song „New York New York“ zum Hit. Hagen tourt mit Erfolgstiteln wie „Zarah“ durch die USA, Brasilien und Kanada. Schon damals war Religion ein großes Thema für Hagen. Lange habe ihr in ihrem Leben Gott gefehlt. „Meine Eltern waren ja so traumatisiert, dass sie an einen guten Gott nicht glauben wollten oder konnten“, sagt die Sängerin. Sie habe den Erwachsenen nicht abgenommen, dass es keinen Gott gibt. „Ich wollte das selber testen.“ Durch den Modemacher Jean-Paul Gaultier lernt sie Frank Chevalier kennen, den Vater ihres Sohnes Otis. Die Familie lebt in Paris, Los Angeles und auf Ibiza.

Nach der Trennung von Chevalier geht Hagen auf Sinnsuche bei einem indischen Guru. Sie lernt Sanskrit, macht traditionelle indische Musik und bekommt keinen Plattenvertrag mehr. Ihre Tochter sei im Grunde auch eine Schauspielerin, sagt Eva-Maria Hagen. Dennoch wünscht sich Nina Hagen, nicht nur als schrille Querulantin wahrgenommen zu werden. Dem Mainstream hat sich Nina Hagen immer verweigert – und ist so bis heute authentisch geblieben. Zu ihrem 55. Geburtstag im vergangenen Jahr erfüllte sich die Sängerin einen Herzenswunsch und nahm auf eigene Kosten das Gospelalbum „Personal Jesus“ auf – ihr Comeback wird das bestverkaufte Album seit 1979.

 

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