Senta Berger: "Freundschaften sind schwierig, wenn man so früh ein Star ist"
Nach mehr als 50 Jahren stehen die Schauspielerinnen Senta Berger undCornelia Froboess erstmals wieder gemeinsam vor der Kamera. In "Almuth und Rita" (31. Januar, 20.15 Uhr, Das Erste) wird die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Frauen erzählt, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Almuth ist Zahnärztin, spielt Golf und hat zu fast jedem ein distanziertes Verhältnis. Die herzliche Rita ist Almuths Putzfrau und leidenschaftliche Hundebesitzerin.
Im Doppelinterview mit der Nachrichtenagentur spot on news präsentieren sich die attraktiven Damen dann aber gar nicht so gegensätzlich: Beide wurden früh Stars - Froboess als Kind, Berger als Teenager -, beiden ist die Familie sehr wichtig. Und zur Freude des Fernseh- und Theaterpublikums denken beide gar nicht daran, ihren Beruf an den Nagel zu hängen - auch wenn sie im Kino höchstens "die Mama von Til Schweiger spielen" könnten.
Hätten Sie sich auch vorstellen können, ihre Rollen in "Almuth und Rita" andersherum zu spielen?
Senta Berger: Ja! (lacht) Also nicht wirklich. Nachdem ich das Drehbuch zum ersten Mal gelesen habe, wollte ich natürlich schon die Rita spielen, weil das eine Bombenrolle ist. Mein Verstand hat mir dann aber auch gesagt, dass ich das so, wie es angelegt ist, nicht spielen kann. Ritas Berliner Schnauze zum Beispiel konnte ja nur von einer echten Berlinerin gespielt werden, ich hätten den Dialekt nur imitieren können. Dass ich grundsätzlich eine Putzfrau spielen kann, hat man ja schon in meiner "schnellen Gerdi" gesehen.
Gegensätze ziehen sich an, heißt es. Ist das auch bei Freundschaften so?
Berger: Es kommt darauf an, wie die Freundschaft gewachsen ist. Ich bin nach dem Krieg sehr eng mit meinem Cousin und meiner Cousine aufgewachsen, den Kindern der Schwestern meiner Mutter: Im Bombenkeller sitzen, aus einem Suppentopf essen, spät in die Volksschule kommen et cetera. Als ich in die Schule kam, wollte ich gar nicht glauben, dass das nicht meine echten Geschwister sind. Und zu dieser Cousine habe ich ein vollkommen selbstverständliches Verhältnis, obwohl sie ganz anders ist als ich. Und obwohl ich sie mir als erwachsene Frau wahrscheinlich nicht ausgesucht hätte, kann ich ihr einfach alles sagen. Ich habe auch eine Freundin in Berlin, die ich mit Anfang 20 kennengelernt habe. Wir teilen die gleiche Lebenseinstellung und lachen viel.
Cornelia Froboess: Ich glaube auch, wenn die Gegensätze zu groß sind, ist es bei Freundschaften schon schwieriger, zusammenzukommen. Ich habe eigentlich keine Intimfreundin, weil ich nie jemanden so richtig an mich herangelassen habe.
Berger: Das ist auch klar, weil du schon ziemlich früh "die Conny" und ein Star warst. Normale Freundschaften sind schwierig, weil man immer wieder erklären muss, dass man eigentlich ganz anders ist, als in den Filmen. Das ist eine kleine Hürde gewesen, die auch ich immer habe nehmen müssen. Was das Thema Freundschaften auch nicht gerade leichter macht, sind die vielen Ortswechsel. Bis meine zwei Kinder geboren worden sind, war ich nie lange am selben Ort. Und wenn dann noch Theater-Engagements hinzukommen... Eine Schauspielerin, die am Abend spielt, vormittags probt und Kinder hat, hat keine Freundinnen.
Rita macht mit Almuth so eine Art Psychotherapie. Kann sich der Mensch ändern, insbesondere, wenn er schon älter ist?
Berger: Nicht, wenn man mit ihm verheiratet ist (lacht). Sonst schon, also wenn man es zulässt. Ich merke an mir auch, dass ich einige meiner Eigenschaften vergröbert habe. Meine Ungeduld zum Beispiel. Damit setze ich mich sehr oft ins Unrecht. An der Reaktion meiner Umwelt, hauptsächlich an der meines Mannes, merke ich dann, dass er meinen Ton nicht richtig findet. Das will ich nicht und so nehme ich es mir immer wieder vor, mich zu ändern. An eine grundlegende Änderung glaube ich aber nicht. Aber sich erkennen und auch zuzulassen, dass andere dir sagen, wie du bist, oder wie du dich verändert hast, das gelingt mir schon... also immer mal wieder.
Froboess: Gerade im Alter gibt es viele Menschen, die sich ganz drastisch verändern, wenn sie sich zum Beispiel scheiden lassen, nach Indien gehen oder sonstwie ein neues Leben anfangen.
Als "Erziehung nach dem Lustprinzip" kritisiert Almuth im Film die Erziehungsmethoden ihrer Tochter. Was halten Sie davon?
Froboess: Ehrlich gesagt, nicht so viel. Zu meinen Enkeln bin ich immer sehr streng. Zum Beispiel müssen sie sitzen bleiben, bis alle fertiggegessen haben. Beleidigt sind dann aber nicht etwa die Enkel, sondern meine Kinder. (lacht)
Berger: Ich finde, dass man dem Leben schon eine gewisse Form geben muss, eine, die das Leben dann auch erträglicher macht. Für die 68er war ich ja schon ein bisschen zu alt, aber ich habe natürlich sehr vieles aus der Zeit mitbekommen und das schon damals sehr kritisch beäugt. Bei diesen Anarcho-Kinderläden in den USA oder in Berlin, wo wir damals gelebt haben, konnte man schon erahnen, was da an Lebensunfähigkeit angelegt wird. Und so war's dann auch oft. Trotzdem war dieser Schritt gesellschaftlich gesehen enorm wichtig.
Der Film beginnt mit Almuths letztem Arbeitstag. Für Schauspieler gibt es das ja eigentlich nicht.
Berger: Ich glaube, dass es gar nicht notwendig ist, dass du dich von dem Beruf zurückziehst, weil sich der Beruf von dir zurückzieht. In unserem Alter dünnen die Rollenangebote sicherlich aus. Allerdings sage ich das seit drei Jahren und arbeite dann doch dauernd. Beim Kino ist es aber wirklich so: Das wird in Deutschland nur für ein jüngeres Publikum gemacht. Wir können dann vielleicht die Mama von Til Schweiger spielen.
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