"Seitdem ich denken kann, denke ich schwul"

In seinem neuen Buch "Der Junge muss an die frische Luft" spricht Hape Kerkeling über seine Kindheit - als er acht Jahre alt war, beging seine Mutter Selbstmord. Eindringlich erzählt er von den Personen und Erfahrungen, die ihn vorher und nachher prägten.
(hub/spot) |
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Hape Kerkeling im April bei "Wetten, dass..?" Zweimal lehnte er ab, die Show selbst zu übernehmen
ddp images Hape Kerkeling im April bei "Wetten, dass..?" Zweimal lehnte er ab, die Show selbst zu übernehmen

Mit "Ich bin dann mal weg" landete Hape Kerkeling (49) einen fulminanten Bestseller. In seinem neuen Buch "Der Junge muss an die frische Luft" (Piper, 320 Seiten, 19,99 Euro) spricht der Entertainer über seine Kindheit im Ruhrgebiet. Er erzählt von den wichtigen Menschen in seinem Leben und Verlusten: Als Kerkeling acht Jahre alt war, beging seine Mutter Selbstmord.

Mehr über das Multitalent Hape Kerkeling erfahren Sie in diesem Clip auf MyVideo

 

Der Freitod seiner Mutter

 

Am Ende der Sommerferien 1973, "passiert das Unvermeidliche", schreibt Kerkeling in seinem Buch. Er ist alleine mit seiner Mutter, die an Depressionen leidet. Nach einer Operation hatte sie den Geruchs- und Geschmackssinn verloren. An diesem Abend sei seine Mutter "ausgeglichen, fast heiter" gewesen, schildert Kerkeling. Ihre letzten Worte an ihren achtjährigen Sohn waren: "Ich lege mich jetzt schlafen, Hans-Peter. Es sind ja noch Sommerferien und deshalb darfst du heute so lange fernsehen, wie du willst." Nach Sendeschluss sei er dann nicht wie sonst üblich, in sein Zimmer gegangen, "sondern ich will mich ausnahmsweise ganz leise zu Mama ins Bett legen. Irgendetwas sagt mir, dass ich das genau so tun sollte." Mitten in der Nacht sei er "durch unheimliche Geräusche abrupt aus dem Schlaf gerissen" worden. "Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass es meine Mutter ist, die diese verstörenden Laute von sich gibt. Meine Gedanken laufen Amok." Er weiß nicht, was er tun soll, versucht sie zu wecken, rüttelt an ihr, fängt an zu schreien, wird aber von niemandem gehört, erinnert er sich: "Also lege ich mich wieder hin, schließe die Augen, falte die Hände und bete starr vor Angst das Vaterunser rauf und runter. Etwas Besseres fällt mir nicht ein." Um fünf Uhr morgens kommt sein Vater von der Arbeit und ruft den Notarzt, Margret Kerkeling kommt ins Krankenhaus und stirbt dort nach ein paar Tagen. Kerkeling findet unter dem Bett "ein leeres verschmiertes Glas mit einem Löffel. Ich rieche daran. Die Schlaftabletten hat sie in Holundersaft aufgelöst".

 

Kerkeling über seine Homosexualität

 

Viel spricht der Entertainer in dem Buch auch über den Einfluss der Frauen in seiner Familie auf ihn: vor allem seine Großmütter, Oma Änne mit Hang zu "dramatisch inszenierten" Auftritten, und Oma Bertha, bescheiden und zurückhaltend, haben den jungen Kerkeling geprägt. "Entschlussfreudige Hobbypsychologen und wahnwitzige Eiferer werden jetzt sagen: 'Ha! Da haben wir's! Kein Wunder, dass der schwul geworden ist. Die Frauen in der Familie waren ja vollkommen fixiert auf das pummelige Kind'", schreibt Kerkeling. Diesen "Unwissenden" wolle er aber schnell den Wind aus den "seltsam aufgeblasenen Segeln" nehmen. Er sei schwul, solange er denken kann. "Nein anders. Seitdem ich denken kann, denke ich schwul. Das trifft es noch besser." Das sei ihm in die Wiege gelegt worden, so Kerkeling, "und nach meiner Überzeugung, auch wenn das einigen nicht in den Kram passen mag, von Gott gewollt".

 

Sein Berufswunsch stand früh fest

 

Kerkeling bedankt sich in "Der Junge muss an die frische Luft" bei den großen TV-Stars seiner Kindheit, die ihm via Bildschirm "treu und verlässlich aufheiternd zur Seite gestanden" haben. Auf die Idee, ins Fernsehen zu gehen, brachte den sechsjährigen Kerkeling aber "kein namhafter Entertainer oder schillernder Filmstar", sondern der ziemlich trockene Bundespräsident Gustav Heinemann, dessen Weihnachtsansprache Kerkeling 1970 sah. Was der Mann da mache, das mache er später auch mal, hatte er seiner Mutter verkündet: "Wenn ich groß bin, will ich ins Fernsehen!" Auch in seiner Familie wurde sein Talent offenbar früh erkannt: Kurz vor ihrem Tod erklärte seine Oma Änne ihrem kleinen Enkel: "Aus dir wird einmal etwas ganz Besonderes werden, denn du wirst eines Tages sehr berühmt sein!" Entscheidend für seine Karriere war laut Kerkeling aber auch seine Großmutter Bertha, die ihn nach dem Tod seiner Mutter aufzog: "Durch dich habe ich das geschafft, Oma. Du hast mir alle Steine aus dem Weg geräumt!"

 

Kerkeling lehnte "Wetten, dass..?" zweimal ab

 

Schon 1993 sei ihm das Angebot des ZDF ins Haus geflogen, 'Wetten, dass..?' von Thomas Gottschalk zu übernehmen, wie Kerkeling schildert. "Ich lehnte umgehend und dankend ab, und zwar mit einem klaren: 'Nein danke. Ich möchte nicht.'" 2011 lehnte er die Sendung dann ein zweites Mal ab, live auf der berühmten Show-Couch von Gottschalk. "Im Rückblick einfach nur peinlich", nennt dies Kerkeling heute.

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