Schwule Fußballer vor Gruppen-Coming-out – PR-Profi rät FC Bayern: "Sollte Spieler unterstützen"

In wenigen Tagen wollen mehrere Fußballer in einem Gruppen-Coming-out öffentlich zu ihrer Homosexualität stehen. Mit welchen Folgen sich schwule Spieler auseinandersetzen müssen und wie der FC Bayern handeln sollte – die AZ hat einen Medien-Experten gefragt.
Sven Geißelhardt
Sven Geißelhardt,
Autorenprofilbild Steffen Trunk
Steffen Trunk
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
10  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Im Profi-Fußball ist Homosexualität noch immer ein Tabuthema.
Im Profi-Fußball ist Homosexualität noch immer ein Tabuthema. © IMAGO / Michael Weber

Im Jahr 2024 sollte man eigentlich davon ausgehen, dass eine andere sexuelle Veranlagung als die Heterosexualität kein Problem in der Öffentlichkeit darstellt. Doch noch immer werden Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur LGBTQI*-Community angefeindet – auch in Bayern, wie der Anstieg queerfeindlicher Straftaten 2024 deutlich zeigt. Vor allem im Männerfußball herrscht noch immer große Unsicherheit bei schwulen im Sport aktiven Spielern, wenn es um die eigene Sexualität geht. Am 17. Mai wollen sich einige Profis trauen und planen ein großes Gruppen-Coming-out. Worauf müssen sich die Sportler einstellen, wenn sie sich öffentlich als homosexuell oder bisexuell offenbaren? Die AZ hat einen Medien-Experten gefragt.

Schwule Fußball-Profis: Nur wenige trauen sich, ihre Sexualität öffentlich zu machen

Joshua Cavallo, Jakub Jankto und Jake Daniels sind drei Fußball-Profis, die die mutige Entscheidung getroffen haben, sich während ihrer aktiven Spieler-Karriere zu outen. In Deutschland hat Thomas Hitzlsperger 2014 seine Homosexualität öffentlich gemacht, allerdings erst nach seiner Zeit als aktiver Profi.

Medien-Experte Ferris Bühler: "Fußballer verkörpern das perfekte Rollenbild eines maskulinen Mannes"

Woran liegt es, dass sich so wenige trauen, zur eigenen Bi- oder Homosexualität zu stehen? "Persönlich finde ich es bedauerlich, dass ein Outing eines Fußballers in der heutigen Zeit überhaupt ein Thema ist und für die Gesellschaft nicht schon lange völlig normal ist", sagt PR-Profi Ferris Bühler zur AZ. "Nun müssen wir aber verstehen, dass ein breiter Profisport wie Fußball immer noch als eine von traditionellen Geschlechternormen und -erwartungen geprägte Domäne wahrgenommen wird. Für viele Menschen verkörpern Fußballer das perfekte Rollenbild eines maskulinen Mannes. Diese Normen machen es sehr schwierig, als homosexuell akzeptiert zu werden."

PR- und Medienexperte Ferris Bühler.
PR- und Medienexperte Ferris Bühler. © Olga Cudakova

In einer von Männern dominierten Branche haben schwule Männer auch heutzutage noch Sorgen, von ihren Kollegen nach einem Coming-out anders wahrgenommen zu werden. "In erster Linie ist es wohl die Angst vor Diskriminierung sowie der Ablehnung durch Teamkollegen, Trainer oder Fans", erklärt der Medien-Experte im AZ-Gespräch weiter. In der Vergangenheit seien Spieler, die ihre Sexualität nicht länger verheimlichen wollten, zur "Zielscheibe von Homophobie" geworden und hätten "Shitstorms in den sozialen Medien über sich ergehen lassen" müssen, so Ferris Bühler. "Das ist für einen Profisportler, der auf dem Spielfeld sowieso bereits sehr unter Druck steht, zusätzlich enorm kräftezehrend und eine starke mentale Belastung."

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

PR-Profi mahnt: FC Bayern München sollte schwule Profis unterstützen

Vor allem in der ersten Bundesliga dürfte dieser Druck für Profis enorm sein. 2021 riet Philipp Lahm schwulen Spielern sogar davon ab, sich während ihrer aktiven Karriere zu outen. Auf welche Folgen müsste sich ein Kicker des FC Bayern München einstellen, sollte er beim Gruppen-Coming-out am 17. Mai dabei sein? Für PR-Profi Ferris Bühler ist die Situation eindeutig: "Wenn sich der FC Bayern als modernen Club positionieren will, der Wert auf Inklusion und Diversität legt, so sollte er seine Spieler bei einem Coming-out voll und ganz unterstützen. Denn wenn der Club hinter den geouteten Spielern steht, so schließen sich die Fans oft an. Äußern sich Club und Spieler der eigenen Mannschaft nicht zu einem Coming-out, so sind homophobe Anfeindungen der Fans vorprogrammiert. Bei den Fans der Gegnermannschaften ist leider mit negativen Äußerungen zu rechnen – dies ist oft abhängig von der Kultur der jeweiligen Clubs."

Lesen Sie auch

Sorgen vor einem unfreiwilligen Outing durch die Presse sollten schwule Profis allerdings nicht mehr haben. "Das Outen von Personen ohne deren Zustimmung wird in vielen Medienkreisen als unethisch angesehen, besonders in Redaktionen mit journalistischen Standards", betont Ferris Bühler, stellt aber klar: "Dennoch gibt es immer wieder Ausnahmen, insbesondere in Klatsch- und People-Medien, wo ein überraschendes Outing einer Persönlichkeit als Sensationsmeldung Klickrekorde und einen Rekordabverkauf garantiert. Ich beobachte jedoch, dass Medien heute glücklicherweise immer mehr die Privatsphäre respektieren und auf eine Zustimmung warten, bevor sie persönliche Informationen wie die sexuelle Orientierung veröffentlichen."

Rat an homosexuelle Fußballer: "Ein Outing kann durchaus befreiend wirken"

Am 17. Mai wird sich zeigen, ob schwule Fußballer aus der Bundesliga öffentlich zu ihrer Sexualität stehen werden. Medien-Experte Ferris Bühler rät homosexuellen Spieler in der AZ: "Ein Outing kann durchaus befreiend wirken und eine große Unterstützung generieren, aber es ist wichtig, dass der Spieler sich dabei sicher fühlt und die möglichen Konsequenzen gut überdenkt. Ich würde daher zunächst zu einem Outing im Verein raten, damit der Spieler die Reaktionen testen und sich ein Unterstützungsnetzwerk aufbauen kann, bevor er dann einen öffentlichen Schritt wagt."

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
10 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • HanneloreH. am 12.05.2024 16:48 Uhr / Bewertung:

    Warum sind so viele so scharf drauf, was ein anderer oder andere sexuell empfindet?
    Als nächstes kommt, was man abends im Bett macht, oder auf der Toilette.
    Sollte nicht jeder für sich alleine entscheiden???

  • Witwe Bolte am 12.05.2024 14:26 Uhr / Bewertung:

    Ideal wäre es, die Art der sexuellen Orientierung stünde im Perso und Pass. Neben Augenfarbe und Körpergrösse. Dann wäre Schluss mit der Geheimniskrämerei und falschen Zuordnung. Viele Irrtümer könnten damit ausgeräumt werden. Auf Reisen nach Arabien könnten allerdings Probleme für ca. 10 % der Herren entstehen.

  • am 12.05.2024 19:56 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Witwe Bolte

    Sie glauben an das 10% Märchen?

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.