Schlämmer geht's nicht: Kult-Kanzler Kerkeling

Berlin feiert die verrückteste Wahl-Party des Jahres: Politiker buhlen, Promis busseln –und die Polizei rückt an.
von  Abendzeitung
Er kandidiert: Horst Schlämmer
Er kandidiert: Horst Schlämmer © ap

Berlin feiert die verrückteste Wahl-Party des Jahres: Politiker buhlen, Promis busseln –und die Polizei rückt an.

Wahl-Urne Potsdamer Platz: Wer seine Stimme vorm CineStar abgibt, ist mitten im Wahlkampfteam von Deutschlands Kanzler der humorigen Herzen: Horst Schlämmer („Yes Weekend“).

Die Weltpremiere zu seinem Kinofilm „Isch kandidiere“ (Start: 20. August) ist schräg wie seine Zähne. Um 19.30 Uhr drehen Hunderte Fans und über 1300 Promi-Gäste durch: Ihr Lieblings-Pseudo-Politiker steigt aus der Limousine, kippt einen Schnaps, grunzt und rülpst – und erobert so die Wähler. Horst Schlämmer schreitet im typischen Altherren-Look über den kilometerlangen roten Teppich, seine First Lady Alexandra Kamp schleckt den Schnauzer ab und die irren Partei-Freunde präsentieren sich.

Rüpel-Rapper Bushido zeigt sich stolz mit blauem Auge und sagt zur AZ: „Hab ich im Wahlkampf abgekriegt. Ich kämpfe an vorderster Front für Horst.“ Der Linke Gregor Gysi kommentiert die aktuelle Forsa-Umfrage und meint: „Wenn so jemand 18 Prozent bekommt und wir uns als Politiker keine Fragen mehr stellen, haben wir verloren.“ Ex-Rebellin Gabriele Pauli (sexy im Netz-Kleid) schwärmt: „Horst Schlämmer ist ein ehrlicher Politiker - das gibt es selten und das ist die beste Voraussetzung.“ Dabei ergänzt Bernd Eichinger: „Horst alias Hape ist genial! Die Fünf-Prozent-Hürde packt er locker. Die Leute lieben ihn.“

Aber warum?

Er muss es wissen: Hapes Lebensgefährte und Horsts Erfinder Angelo Colagrossi springt nervös herum. Mit dem Riesen-Hype hat er nicht gerechnet. Der AZ sagt er: „Ich bin überwältigt. Ich kann nicht mehr dazu sagen, nichts erklären. Horst Schlämmer hat irgendwas bei den Menschen getroffen und losgelöst.“

Die Frage aller Fragen: Wie ist der Film, der ein Schnellschuss war (die Dreharbeiten dauerten rund drei Monate)?

Die Meinungen sind geteilt. Manche vermissen eine anspruchsvolle Story, andere sehen die betont schlechte Schauspiel-Kunst der C-Promis als echt an und verstehen den Gag nicht. Gabriele Pauli ist als (unwissende) Schauspielerin überfordert, Jürgen Rüttgers überraschend cool.

Doch in einem sind sich alle einig: Jede Geste, jeder Grunzer von Schlämmer ist ein Highlight. Sein Auftritt als Bundeskanzlerin Angela Merkel ist tatsächlich urkomisch, seine Studio-Aufnahme mit Bushido ein richtiger Spaß. Wer Schlämmer liebt, gibt dem wohl längsten Wahlwerbespot der Welt seine Stimme. Wer damit nichts anfangen kann, geht eben am 27. September wählen – in der echten, nicht ganz so komischen Wirklichkeit.

Schlämmer geht's nicht!

Der Nockherberg ist nichts dagegen. Bei der kultigen Kerkeling-Koalition wollen alle dabei sein und vorgeführt werden. Bushido liefert den Wahl-Song, Jürgen Drews und Kader Loth entlarven sich selbst und Michael Schumacher feiert sein Comeback als Chauffeur. Das Promi-Publikum brüllt vor Lachen, jubelt und applaudiert nach jeder Szene. Topmodel Eva Padberg (frisch erblondet): „Unfassbar komisch!“ Regisseur Marco Kreuzpaintner: „Hape als Horst ist grandios in jeder Szene.“ Comedian Oliver Kalkofe: „Bei welcher Wahlkampfveranstaltung ist so viel los!?“ Claudia Roth, die gerne Schlämmers Außenministerin wäre, lobhudelt: „Horst ist unattraktiv, ungeschliffen und unkorrekt. Er bringt uns Politikern bei, dass wir auch über uns selbst lachen müssen.“

Horst Schlämmer (für seine Verwandlung braucht er übrigens zwei Stunden) badet nach dem Film kurz in der Fan-Menge und grunzt: „Liebe Mitdings! Isch habe Schnappatmung, isch habe Rücken – aber isch habe Herz. Jetzt habe isch auch noch 18 Prozent, soviel Prozent wie ein Doornkaat, aber das macht die Schnappatmung auch nicht besser!“

Doornkaat satt gibt’s für die ziemlich blaue Feier-Fraktion auf der After-Satire-Party am BundesPresseStrand – und Ärger light. Constantin-Film-Geschäftsführer Torsten Koch zur AZ: „Die Polizei ist eben angerückt und hat uns verwarnt.“ Was war passiert? Unbekannte Schlämmer-Anhänger hatten sein Wahlplakat auf den Reichstag projiziert.

Aber Horst verzeiht man alles. Sogar, dass er auf seiner eigenen Wahl-Party nicht auftaucht (Hape brauchte erstmal Ruhe). Nur Lebensgefährte Colagrossi zeigt sich. Wie viele Herrengedecke er jetzt konsumiert? „Ich trinke lieber alkoholfreies Bier.“

Total beschlämmert ist sowieso schon jeder. Kimberly Hoppe

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