Sarah Wiener: "Es gibt Tage, da kämpfe ich mit jedem Gericht"

Mit ihrem Buch "Kochen kann jeder" will TV-Köchin Sarah Wiener auch diejenigen ansprechen, die sich bisher nicht an den Herd getraut haben.
Berlin - Sarah Wiener (51) ist nicht nur eine der beliebtesten TV-Köchinnen Deutschlands, sie möchte auch so viele Menschen wie möglich davon überzeugen, dass es sich in der heutigen Fast-Food-geprägten Zeit lohnt, selbst frisch zu kochen. Ihr neues Buch "Kochen kann jeder mit Sarah Wiener" (Gräfe und Unzer, 192 Seiten, 19,90 Euro) hat sie für alle geschrieben, die sich das bisher noch nicht zugetraut haben. Was sie antreibt, wie sie den Veggie-Trend findet und ob sie an Weihnachten über die Stränge schlägt, hat sie der Nachrichtenagentur spot on news im Interview verraten.
"Kochen kann jeder mit Sarah Wiener" gibt es hier
Frau Wiener, Ihr neues Buch heißt "Kochen kann jeder": Sie wollen damit auch diejenigen ansprechen, die sich bisher noch nicht wirklich an den Herd getraut haben. Was hat Sie auf die Idee gebracht?
Sarah Wiener: Meine alltägliche Erfahrung in meiner Stiftung und in meinem Bekanntenkreis. Viele denken, Kochen ist ein mühsam zu erlernendes Handwerk, das stimmt aber nicht. Man hat sehr schnell Erfolgserlebnisse, nicht erst nach Wochen. "Kochen kann jeder" hält aber auch einfach einige Klassiker parat, von denen ich finde: sollte man wissen, wie man die macht, kann man immer brauchen.Berlin -
Nehmen zu wenige Kochbücher Rücksicht auf die Menschen, die mit dem Kochen wenig Erfahrung haben?
Wiener: Na ja, es gibt ganz tolle Kochschulbücher, die aber einen Anfänger in ihrer Fülle schon fast wieder erschlagen oder einschüchtern. Manche sind so perfekt geschrieben, dass man von vornherein denkt: "Ui! Das ist aber nix für mich." Diese Angst und den erhöhten Anspruch wollte ich etwas mindern.
"Schluss mit Mikrowellengerichten und Tütensuppen" schreiben Sie in Ihrem Vorwort. In vielen Familien sind mittlerweile beide Eltern berufstätig. Haben Sie den Eindruck, auch dadurch kommt bewusstes Einkaufen und das Kochen zu kurz?
Wiener: Auf jeden Fall. Das zeigt ja auch jede Statistik.
Ihnen liegt vor allem auch die gesunde Ernährung von Kindern am Herzen, unter anderem gibt es von Ihnen ein Computerspiel, "Das große Sarah Wiener Kochspiel", das Spaß am Kochen vermitteln soll. Haben Sie das Gefühl, dass der richtige Umgang mit Essen inzwischen den Stellenwert hat, den er braucht?
Wiener: Einerseits müssen wir ja jeden Tag essen. Andererseits haben wir den Respekt vor der Natur und guten Lebensmitteln verloren, weil wir nichts mehr darüber wissen. Unser Alltag besteht aus genormten und stark verarbeiteten Nahrungsmitteln, die uns an jeder Ecke billig nachgeschmissen werden. Wir wissen meist gar nicht mehr, was wir essen. Oder wissen Sie, was modifizierte Stärke ist oder Zitronensäure? Viele essen nicht mehr aus Lust und Genuss oder um satt zu werden, sondern um einen Lifestyle zu pflegen, um zu hungern oder Status auszudrücken oder einfach nur schnell, schnell mit Fertiggerichten.
Ist regional und saisonal einkaufen eine Geldfrage?
Wiener: Nein. Es ist eine Frage der Möglichkeiten. Wenn ich keine Bauern oder einen Bauernmarkt bei mir um die Ecke habe, dann geh ich da auch nicht einkaufen. Viele würden lieber auf kleine Märkte gehen, wenn es sie denn noch ausreichend gäbe. Dann wäre regional und saisonal einzukaufen natürlich günstiger. Wenn dem nicht so ist, sollte man misstrauisch werden. Und zwar dem billigeren Preis gegenüber. Wie kann es sein, dass Knoblauch aus China billiger ist als unserer? Und wollen wir diesen Fern-Knoblauch auf Kosten unserer Bauern wirklich unterstützen?
Vegan kochen scheint in Mode zu kommen. Können Sie diesen Trend verstehen?
Wiener: Ja, klar. Wer will denn schon Antibiotika-verseuchtes Fleisch von nicht artgerecht gehaltenen Tieren essen? Wir wissen ja, dass wir zu viel Fleisch essen und dass der billige Preis von den Tieren und den Böden bezahlt wird. Ich persönlich glaube, dass vegan als weltweites Prinzip nicht die Lösung sein kann. Für einen ökologischen Kreislauf brauchen wir zum Beispiel den Tiermist als Dünger und die Artenvielfalt. Es gibt auch viele Steppen, da wächst eben nichts außer Gras. Ernährung ist ein komplexes Thema. Wir fangen gerade erst an, uns damit auseinanderzusetzen.
Weihnachten steht vor der Tür: Wissen Sie schon, was bei Ihnen dieses Jahr auf der Speisekarte steht?
Wiener: Nein, noch nicht. Ich schwanke noch.
Viele Menschen nutzen die Weihnachtszeit, um beim Essen mal über die Stränge zu schlagen. Wie ist das bei Ihnen?
Wiener: Ich stopfe mir jetzt nicht jeden Tag all die Kekse und Stollen rein, die Rollbraten und Schokolade, die es überall zu kaufen gibt, nur weil Weihnachten ist. Andererseits: Wenn nicht jetzt Stollen und Plätzchen, wann dann?
In "Kochen kann jeder" schreiben Sie: "Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn einmal etwas danebengeht". Gibt es bei Ihnen ein bestimmtes Gericht, mit dem Sie zu kämpfen hatten?
Wiener: Es gibt Tage, da kämpfe ich mit jedem Gericht. Auch mit denen, die ich sonst im Schlaf beherrsche. Ich weiß nicht warum. Nichts schmeckt dann so richtig und ich selbst bin lustlos. Aber dafür ist der Genuss beim nächsten Mal umso größer. Also - nicht aufgeben, Kochen kann jeder - irgendwann (lacht).