Ruth Maria Kubitschek: "Meine Mutter war die Katastrophen-Miezi"

Künstlerin Ruth Maria Kubitschek floh nach dem Krieg mit ihrer Mutter nach Sachsen-Anhalt. Doch bei der Kartoffelernte sollte es für sie nicht bleiben. Was ihr Vater zu Beginn der Schauspielschule über Männer sagte, verrät sie im Interview.
(ili/spot) |
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Schauspielerin, Autorin, Malerin und eine weise Dame: Ruth Maria Kubitschek
Agnes Forsthuber Schauspielerin, Autorin, Malerin und eine weise Dame: Ruth Maria Kubitschek

Kaum zu glauben, aber Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek ("Kir Royal", "Das Erbe der Guldenburgs", "Frau Ella") ist Anfang August 83 Jahre alt geworden. Beeindruckende Zahl einerseits, andererseits birgt diese natürlich auch eine faszinierende Lebensgeschichte. Hübsche Details daraus hat sie jetzt in dem kleinen Buch "Liebeserklärung an die Natur" (Nymphenburger Verlag) niedergeschrieben. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt die legendäre "Spatzl"-Darstellerin ("Monaco Franze") von der "Katastrophen-Miezi" und den wertvollen Ratschlägen ihres Vaters an ein hübsches junges Mädchen auf der Schauspielschule.

"Liebeserklärung an die Natur" - das neue Buch von Ruth Maria Kubitschek können Sie hier bestellen

 

Ihr neues Buch heißt "Liebeserklärung an die Natur". Was lieben Sie am meisten daran?

 

Ruth Maria Kubitschek: Am meisten liebe ich Bäume, Blumen, Seen und Berge. Die Natur ist schön und in sich vollkommen - wenn wir nicht zu sehr eingreifen.

 

 

Wie steht's mit Naturgewalten?

 

Kubitschek: Sie gehören dazu, durch unser Handeln sind sie allerdings schon extremer geworden. Den Weg, den wir gegangen sind, können wir nicht zurückdrehen. Wir können aber versuchen, die Natur wieder mehr zu respektieren und zu lieben - immerhin würden wir ohne die Sauerstoff-Erzeugung der Bäume ziemlich doof dastehen.

 

Apropos Bäume, haben Sie Angst, wenn Sie in einen großen Wald gehen?

 

Kubitschek: Früher war ich da schon auch ein bisschen ängstlich, da von einem großen Wald einfach eine dunkle Kraft ausgeht. Heute ist das anders. Ich habe meine Einstellung dazu verändert, indem ich jetzt vorher frage: "Darf ich eintreten? Ich respektiere und liebe Euch!" Das macht einen großen Unterschied. Versuchen Sie es mal!

 

In dem Buch geht es nicht wirklich um Pflanzenkunde oder die reine Präsentation Ihres Gartens, es ist eine sehr persönliche Autobiografie. Täuscht der Eindruck?

 

Kubitschek: Das stimmt, ich gebe hier mehr preis als in "Anmutig älter werden" (2013).

 

Ihr Vater hatte Ihnen einst den Rat gegeben: "Lass dich nicht brechen, weder in deinem Beruf, noch in der Liebe." Ist Ihnen das rückblickend gelungen?

 

Kubitschek: Ich würde sagen, ja. Als er mich als 16-Jährige zur Schauspielschule gebracht hat, sagte er an der Pforte: "Weißt du, Ruth, du kannst Männer haben, so viele du willst, solange du sie wegwirfst. Lass dich nie von ihnen wegwerfen - und damit brechen!" Diesen Rat habe ich befolgt.

 

Sie haben also die Männer verlassen, bevor das hätte passieren können?

 

Kubitschek: Genau. Wenn ich gespürt habe, dass die Liebe erlischt oder sie eher einseitig war, bin ich gegangen und habe die Tür geschlossen. Das tut auch sehr weh, aber du wirst nicht gebrochen, weil es dein eigener Entschluss ist.

 

Noch etwas hat er Ihnen mitgegeben: "Versuche nie zu lügen. Lügen holen dich immer ein." Ist Ihnen das schwer gefallen?

 

Kubitschek: Gegen eine kleine Notlüge, ist nicht so viel einzuwenden. Aber sogar da muss man aufpassen, dass man sich nicht verstrickt. Ich kann nicht schwindeln, mir sah man das schon immer an der Nasenspitze an. Im Leben bin ich die schlechteste Schauspielerin, die man sich nur vorstellen kann.

 

Ihr Buch beginnt mit der Flucht Ihrer Familie aus Nordböhmen. Wie sehr beschäftigen Sie sich mit den aktuellen weltpolitischen Geschehnissen, speziell dem Russland-Ukraine-Konflikt?

 

Kubitschek: Sehr, natürlich! Nach allem, was in Europa geschehen ist, habe ich das nicht mehr für möglich gehalten. Besonders mitfühlen kann ich aber auch mit den Flüchtlingen überall auf der Welt, weil es meiner Familie und mir ja auch so ging. Wir kamen mit nichts nach Deutschland. Damals waren es auch Millionen, aus Tschechien, Polen, Ostpreußen... Deutschland hat das alles verkraftet.

 

Wie ist es mit Ihnen damals dann weiter ergangen?

 

Kubitschek: Wir hatten großes Glück. Meine Mutter wuchs in Katastrophensituationen immer über sich hinaus, daher nannten wir sie auch Katastrophen-Miezi. Nach der Flucht sagte sie im Flüchtlingslager in Leipzig zu uns: "Kinder, wir reden nicht mehr darüber, jetzt fängt ein neues Leben an." Dann löste sie eine Fahrkarte von Leipzig nach Dessau. Ihr Ziel war aber gar nicht Dessau: "In einer Stadt, die uns gefällt, steigen wir aus." Und so wurde es Köthen (Sachsen-Anhalt).

 

Und dann ging es dort wieder ins Flüchtlingslager?

 

Kubitschek: Nein. Meine Mutter ging direkt zum Bürgermeister. Sie war eine hübsche Frau, ich war eine hübsche vierzehnjährige Tochter. Er hat uns sofort ein Zimmer zugewiesen. Mein Vater und meine vier kleinen Geschwister kamen im Herbst nach. Unsere erste Kartoffelernte werde ich nie vergessen.

 

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