Rudi Cerne: "Ich bin kein ängstlicher Mensch"

Moderator Rudi Cerne verrät im Interview, ob er durch die viele Beschäftigung mit Kapitalverbrechen ängstlicher oder abgebrühter geworden ist.
(ili/spot) |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Michelle Knight mit Rudi Cerne beim Vorgespräch für die Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst - Spezial: Wo ist mein Kind?" in Cleveland
ZDF/Rudi Cerne Michelle Knight mit Rudi Cerne beim Vorgespräch für die Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst - Spezial: Wo ist mein Kind?" in Cleveland

Michelle Knight wird am Mittwochabend zu Gast sein in der Live-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst Spezial: Wo ist mein Kind?" Moderator Rudi Cerne hat das Entführungsopfer vorab in Cleveland getroffen. Im Interview verrät er, ob er durch die viele Beschäftigung mit Kapitalverbrechen ängstlicher oder abgebrühter geworden ist.

In der Live-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst Spezial: Wo ist mein Kind?" (20.15 Uhr, ZDF) wird am Mittwochabend Michelle Knight (33) zu Gast sein. Sie ist eines der Entführungsopfer aus Cleveland (USA), die jahrelang gefangen gehalten und missbraucht worden waren. Der Moderator der Sendung, Rudi Cerne (55), hat die Frau, die sich schlussendlich selbst befreien konnte, zur Vorbereitung auf die Sendung in Cleveland getroffen.

Mehr zu der Sendung, die seit 1967 ausgestrahlt wird, erfahren Sie in "Aktenzeichen XY... ungelöst: Kriminalität, Kontroverse, Kult" - hier können Sie das Buch bestellen

Der Nachrichtenagentur spot on news hat der ehemalige Eiskunstläufer erzählt, dass er damit rechnet, dass sie den Auftritt im deutschen Fernsehen relativ gefasst absolvieren wird. Verraten hat Cerne im Interview auch, ob er durch die viele Beschäftigung mit Kapitalverbrechen ängstlicher oder abgebrühter geworden ist.

In den Spezial-Ausgaben "Aktenzeichen XY... ungelöst Spezial: Wo ist mein Kind?" berichten Sie regelmäßig über entführte Kinder. Sie sind selbst Vater einer Tochter. Wie nah geht es Ihnen?

Rudi Cerne: Ich versuche, es zu trennen, was nicht ganz einfach ist. In einer normalen "Aktenzeichen"-Sendung geht es ein bisschen besser, weil ich nur mit den Kommissaren spreche und nicht den Angehörigen begegne. Die hoffen ja oft seit Jahren auf ein Lebenszeichen ihrer Kinder. Das ist natürlich sehr emotional, auch für mich.

Durch die Sendungen erfahren Sie viel mehr über Kriminalität als der Normalbürger. Machen Sie sich mehr Sorgen als andere oder sind Sie dadurch cooler geworden?

Cerne: Weder noch, aber durch "Aktenzeichen" bin ich in meiner Einstellung bestätigt worden. Ich bin kein ängstlicher Mensch, aber einer, der lieber mehr als zu wenig Vorsicht walten lässt. Und genauso ist unsere Tochter auch erzogen worden. Mein Motto ist: Kindern sollte man Wurzeln mit auf den Weg geben, aber auch Flügel.

In der Live-Sendung heute Abend wird Michelle Knight zu Gast sein, eines der Entführungsopfer (damals 21) aus Cleveland (USA). Sie haben die Frau, die sich 2013 selbst befreien konnte, getroffen. Welchen Eindruck hatten Sie?

Cerne: Ich habe sie Anfang Mai in Cleveland für ein Vorgespräch besucht. Darauf haben wir lange hingearbeitet, weil sie seit ihrer Buchveröffentlichung einen sehr eng getakteten Terminkalender hat. Am Anfang unseres Treffens waren wir beide sehr zurückhaltend. Das hat sich aber schnell geändert, als wir unser gemeinsames Interesse für Sport entdeckt hatten. Sie boxt sehr gern und ich war ja Eiskunstläufer.

Was hat Sie an ihrer Geschichte am meisten schockiert?

Cerne: Michelle Knight wurde elf Jahre lang gefangen gehalten und von der Suchliste des FBI gestrichen. Sie ist mehrfach vergewaltigt worden, war schwanger und verlor die Kinder durch die brutalen Schläge ihres Entführers.

Was halten Sie davon, mit so einer schrecklichen Geschichte auf Tour zu gehen?

Cerne: Es ist in der Tat eine furchtbare Geschichte, die dieser Frau widerfahren ist. Dass sie dabei nie den Mut und die Hoffnung verloren hat, ist unglaublich. Insofern ist sie ein großer Hoffnungsschimmer für alle jene, die einen Menschen vermissen und verzweifelt auf ein Zeichen ihrer Angehörigen warten. Außerdem ist es ein Ansporn für die Menschen, aufmerksam zu sein und darauf zu achten, was in ihrer Umgebung passiert.

Der Fall erinnert ein bisschen an Natascha Kampusch. Wie gut kennen Sie diesen Fall?

Cerne: Natascha Kampuschs Mutter war 2011 zu Gast in unserer ersten "XY-Spezialsendung", Natascha im November 2012. Daher kenne ich auch ihren Fall sehr gut. Übrigens habe ich auch Natascha vor der Sendung in Wien getroffen, so konnten wir uns erstmal kennenlernen.

Inwiefern kann man die beiden Lebensgeschichten vergleichen?

Cerne: Es sind beides Fälle, die das Vorstellungsvermögen übersteigen. Positiv daran ist, dass es sowohl Natascha Kampusch als auch Michelle Knight geschafft haben, als Opfer im Mittelpunkt der Berichterstattung zu stehen. Viel zu oft geht es ja eher um die Täter.

Michelle Knight hat relativ schnell ein Buch geschrieben, "Die Unzerbrechliche" (Bastei Lübbe). Hat es geholfen, das Geschehene zu verarbeiten?

Cerne: Es stimmt, das ging schnell, in den USA ist das Buch sogar schon vergriffen. Ich glaube, dass es hilft, so ein Buch zu schreiben, um das Geschehen in Worte zu fassen und damit ein Stück weit zu verarbeiten. Ich finde das auch legitim. Wie es ihr gehen wird, wenn das öffentliche Interesse dann wieder nachlässt, weiß ich nicht.

In ihrem Buch schreibt sie sehr reflektiert über diese schreckliche Zeit. Wie geht das?

Cerne: Das habe ich mich auch gefragt. Sie hat gesagt, dass sie mit der Situation im Nachhinein einfach klarkommen muss und das stimmt ja auch. "Ich habe keinen leichten Weg gehabt, aber wer weiß, wofür es gut ist." Dieser Satz zeigt ihre positive Lebenseinstellung. Und wenn sie den Familien, die in der heutigen Sendung bei uns zu Gast sein werden, etwas davon abgeben kann, ist sie sehr zufrieden.

Besonders dramatisch ist, dass Michelle Knight keine Kinder mehr bekommen kann. Sie hat aber einen Sohn, der nach ihrem Verschwinden adoptiert worden ist. Sie darf ihn nicht sehen. Wird das so bleiben?

Cerne: Der Sohn ist bei Pflegeeltern und weiß nicht, wer die leibliche Mutter ist. Michelle Knight bekommt aber regelmäßig Fotos von ihm, damit sie weiß, wie sich der Junge entwickelt. Sehen darf sie ihn nach wie vor nicht. Inwiefern sich das ändern wird, das werde ich sie natürlich heute Abend fragen.

Das ist ja eine Live-Sendung. Wie werden Sie mit möglichen Gefühlsausbrüchen umgehen?

Cerne: Das ist die große Herausforderung. Aber so wie ich Michelle Knight im Vorfeld der Sendung kennengelernt habe, glaube ich, dass sie das gut packen wird.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.