Rosel Zech: "Ich will spielen, spielen, spielen"
Als Mutter Oberin in „Um Himmels Willen“ begeisterte sie Millionen TV-Zuschauer und arbeitete unter Regisseuren wie Zadek und Fassbinder. Im Alter von 69 Jahren ist Rosel Zech gestorben.
Dass Millionen Menschen bei ihrem Gesicht vor allem an die Mutter Oberin aus „Um Himmels Willen“ denken, das hat Rosel Zech keineswegs in ihrer Eitelkeit gekränkt. Obwohl sie Jahrzehnte als Film- und Theaterschauspielerin hinter sich hatte. „Mich freut es einfach, dass die Serie so erfolgreich ist“, sagt Rosel Zech ganz ohne die Affektiertheit vieler selbst ernannter relevanter Schauspieler.
Durch ihre Pause in der populären Serie war auch ihre Krankheit Mitte Juni bekannt geworden: Knochenkrebs. Gaby Dohm war als Klosterchefin eingesprungen – aber nur aushilfsweise. 2012 hätte Zech wieder drehen sollen. Dazu kommt es nicht mehr. Rosel Zech starb mit nur 69 Jahren in einem Berliner Krankenhaus. „Sie ist aufrecht und sehr bewusst in den Tod gegangen“, sagt ihre Freundin Juliane Lorenz, die Rainer-Werner-Fassbinder-Erbin.
Film, das war für Zech schon als Jugendliche ein faszinierender Blick in eine andere Welt. In Berlin geboren, wuchs sie im Heimatstädtchen ihres Vaters, eines Binnenschiffers, in der Nähe von Bremen auf, nachmittags ging sie für 50 Pfennig ins Kino: „Die Helden auf der Leinwand fand ich toll. Und als ich erfuhr, dass das ein Beruf ist, sagte ich mir: Den Beruf will ich auch.“ Mit 16 zog sie aus und ging nach Berlin, um diesen Beruf zu erlernen.
Für ihre Karriere sollten zwei Männer die entscheidenden Kräfte werden: der Theaterregisseur Peter Zadek und der Filmregisseur Rainer Werner Fassbinder. Zadek traf sie Ende der 60er Jahre, später holte er sie ans Schauspielhaus Bochum, wo sie eine der gefragtesten Interpretinnen und 1977 als „Hedda Gabler“ als Schauspielerin des Jahres ausgezeichnet wurde. Als großer Fußballfan sprach Zech gerne in Sportler-Metaphern: „Zadek war ein toller Trainer.“
Unvergessen ist Rosel Zech in dem Fassbinder-Film „Die Sehnsucht der Veronika Voss“, der 1982 den Goldenen Bären bekam. „Die Begegnung mit Fassbinder war eine der schönsten und lehrreichsten in meinem Leben“, hat sie einmal gesagt. Sie sah in ihm weniger die Abgründe und entwickelte anders als andere Schauspieler keine Abhängigkeit. „Für mich war er wie ein großer Bruder. Ich habe ihn einfach geliebt.“ Bei der Arbeit, um in der Fußballsprache zu bleiben, sei er ein hervorragender Motivator gewesen.
Zech liebte am Fußball weniger das Taktische, sondern das Menschliche. Ein Spiel war für sie wie ein Theaterabend. Sie schaute am liebsten alleine daheim, wo sie die Großaufnahmen der Gesichter studierte. „Ich habe von Sportlern das meiste gelernt“, sagte sie. Punktgenau beim Anpfiff mit dem Spiel seines Lebens zu beginnen, genau das müsse auch der Theaterschauspieler. Das Zusammenspiel verglich sie immer wieder mit dem Sport. „Die bist als Schauspieler Teamplayer. Du kannst nicht gegen jemanden in der eigenen Mannschaft spielen.“
Rosel Zech hat ihre Arbeit geliebt. „Ehe und Familie waren nie ein Thema für mich“, sagt sie. „Ich will spielen, spielen, spielen.“ Eine Beziehung kam gegen diese Leidenschaft nie an. „Ich verliebe mich schnell und trenne mich schnell.“ Das Spiel, das Theater, das war für sie Freiheit. Obwohl sie 25 Jahre in München lebte, war ihr Heimat nie wichtig. „Mir genügen Koffer mit Literatur und die Bahnhöfe und Flughäfen dieser Welt.“ Aufgegeben hat sie das Theater neben dem Fernsehen nicht – 2009 war sie in Wunsiedel bei den Luisenburgfestspielen als „Mutter Courage“ zu sehen. Die komplizierten Charaktere schrieb man ihr gerne zu, in Krimis buchte man sie als Frau mit unnahbarer Fassade. Dabei mochte sie an sich selbst ihr komisches Talent am liebsten.
Vor drei Jahren ist Rosel Zech von München nach Berlin gezogen – wegen ihrer Mutter Helga. „Sie ist eine alte Dame, und um die muss ich mich kümmern“, hatte sie gesagt. Jetzt musste die Mutter ihre Tochter beim Sterben begleiten, sie war im Krankenhaus dabei. „Sie hat gekämpft“, hat Juliane Lorenz über ihre kranke Freundin. Doch gegen den Abpfiff ist der beste Kämpfer machtlos.
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