Rock'n'Roll statt Ringelpiez: Münchens Ü50-Disco ist das „Evergreen Dancing“

In der Neuhauser Straße 47 trifft sich die etwas reifere Jugend zum Feiern und Flirten
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Clark Gable ist auch schon da: das  „Evergreen Dancing“.
Klaus Primke Clark Gable ist auch schon da: das „Evergreen Dancing“.

In der Neuhauser Straße 47 trifft sich die etwas reifere Jugend zum Feiern und Flirten

Cocktails in Schnabeltassen, Foxtrott mit Gehwagen, Kohlrouladen statt Knabberzeug, Blutdruckmessgeräte an der Bar und Baggersprüche à la „Immer noch hier?“: Wer mit solchen Vorurteilen in die 50plus-Disco „Evergreen Dancing“ kommt, wird sein graues Wunder erleben.

„Tanz für die reifere Jugend“ steht am Eingang des Lokals in der Neuhauser Straße. Achtzehn Stufen führen hinab in den musikalischen Jungbrunnen. Dort sorgt DJ Chris (55) für passenden Sound unter silbern funkelnden Discokugeln: Und der besteht nicht aus Wildecker Herzbuben und dem Original Naabtal Duo, sondern zum Beispiel aus Elvis Presley, Elton John, Tina Turner und Abba. Wer heute 50 oder 60 Jahre alt ist, hat seine Jugend schließlich nicht im Spätwilhelminismus verbracht, sondern in den Roaring Sixties oder Swinging Seventies.

So wie die aparte Angela, blonde Haare, blaue Augen und hier, „weil ich einfach gern tanze“. Den Satz muss die 53-jährige Münchnerin nicht schreien – im „Evergreen“ herrscht eine Lautstärke, in der Unterhaltungen auch ohne die szeneübliche Zeichensprache möglich sind.

Bis Vier wird hier gefeiert – und damit ist nicht 16 Uhr gemeint! Trotzdem unterscheidet sich die Disco dann doch etwas von den U30-Läden: 1.) sind mehr Sitzgelegenheiten vorhanden, rote Ledersofas laden zwischen „Sugar Baby“ und „Jailhouse Rock“ zum Verschnaufen ein. 2.) siezt man sich beim ersten Kennenlernen. 3.) gibt es keine Schnapsleichen. „Das Koma kommt früh genug“, witzelt ein Stammgast. „Wir kennen unsere Grenzen.“

Rund 300 Menschen kommen pro Abend (montags ist Ruhetag) – Paare und Singles. Zum Beispiel Prokurist Heinz (61), der rauchend an der Bar sitzt und an seiner Apfelschorle nippt. „Samstags sind die schönsten Frauen da“, sagt er. Und fast hat man den Eindruck, dass ihm der schnurrbärtige Typ vom schwarzweißen Foto an der Wand verschwörerisch zuzwinkert. Es ist Errol Flynn.

Timo Lokoschat

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