Rocklegende Sammy Hagar: "Ich mache jetzt in Rum"

Sammy Hagar wurde bereits mit dem Grammy ausgezeichnet und ist seit 2007 offiziell Mitglied in der berühmten "Rock and Roll Hall of Fame".
USA - Kein Wunder, dass der Mann gute Laune hat: Gerade noch hat sich Sammy Hagar (65) auf seiner "Four Decades Of Rock"-Tour feiern lassen, da steht schon das nächste Highlight ins Haus: Am 27. September erscheint sein Album "Sammy Hagar & Friends".
Auf den insgesamt elf Songs tauchen unter anderem Neal Schon (Journey), Nancy Wilson (Heart), Michael Anthony (Ex-Van-Halen/Chickenfoot), Joe Satriani (US-Gitarrenlegende) und Ronnie Dunn (Brooks & Dunn) auf. Im Interview mit spot on news spricht "The Red Rocker" über die neue Scheibe, seine Van-Halen-Vergangenheit und das Erbe von Lemmy Kilmister.
Bevor wir über Ihr neues Album sprechen die unvermeidliche Frage: Wird es in diesem Leben noch eine Van-Halen-Reunion mit Ihnen geben?
Sammy Hagar: Wenn es nach mir geht: Nein. Van Halen war ohne Frage eine tolle Zeit, aber jetzt habe ich meine Solo-Projekte und vor allem Chickenfoot. Das ist mehr als nur ein Ersatz. Wir arbeiten gerade an unserem dritten Album. Es ist wie in einer guten Beziehung: Jeder hat seine Aufgaben und jeder kümmert sich um seinen Part. Und das auf einem verdammt hohen Niveau.
Klingt harmonisch. Vermissen Sie die gelegentlichen Reibereien mit Eddie und Alex van Halen also nicht?
Hagar: Ich vermisse nichts, außer die Freundschaften von damals. Wenn es Spannungen in einer Band gibt, kann auch die Musik nicht gut werden. Unser schlechtestes Album war "Balance". Und warum? Weil die Stimmung in der Band nicht gut war.
Für "Sammy Hagar & Friends" haben Sie mit vielen namhaften Künstlern zusammengearbeitet. Gab es da nicht auch Meinungsverschiedenheiten?
Hagar: Überraschenderweise lief alles total harmonisch ab. Über Weihnachten letztes Jahr war ich mit meiner Familie auf den französisch-polynesischen Inseln. In unserem Hotel gab es jeden Abend Live-Musik mit Banjos und Ukulelen, eine Mischung aus französischem Chanson und Hawaiimusik. Das hat mich umgehauen. Also habe ich einem der Musiker eine Ukulele abgekauft und fing an, zu komponieren. Als erster Song entstand "Father Sun", mein Lieblingslied der neuen Scheibe. Ich rief noch ein paar Kumpel an und fragte: "Hey, habt ihr Bock ein paar Songs für mein neues Album zu beizusteuern?" Und alle waren dabei, obwohl ich noch nicht mal einen Plan hatte, was am Ende dabei rauskommen soll. Ich habe mich in diesem Fall einfach treiben lassen, und es war großartig.
"Sammy Hagar & Friends" hat wesentlich mehr Blues- und Country-Elemente als das bei Chickenfoot bisher der Fall war...
Hagar: Das stimmt. Wenn ich heutzutage auf die Bühne gehe, kann ich ein zweistündiges Set spielen, das nur aus Hits besteht. Aber ehrlich gesagt habe ich keine Lust mehr darauf, mich ständig zu wiederholen. Warum sollte ich einen Song schreiben, der so ähnlich schon mal erfolgreich war? Deshalb mache ich jetzt einfach die Dinge, die mir vor allem als Künstler Freude bereiten. Und im Blues liegen meine Wurzeln. Einen Song wie "Rock Candy" hätte ich zum Beispiel auch so singen können, dass er auf das neue Album gepasst hätte.
Neben neuen Songs haben Sie auch einige Klassiker gecovert. "Personal Jesus" von Depeche Mode zum Beispiel. Und die Interpretation von "Margaritaville" klingt sogar noch besser als das Original von Jimmy Buffett...
Hagar: (lacht) Ich bin wirklich neidisch auf Jimmy Buffett, dass er diesen Song geschrieben hat. Deshalb musste ich ihn auch unbedingt covern. Es geht darin um ein bestimmtes Lebensgefühl - hör dir den Song an und schließ deine Augen! Was siehst du? Genau: Du liegst in Kalifornien umgeben von schönen Frauen am Strand, hast einen Margarita in deiner Hand und lässt den Dingen ihren Lauf. Darum geht es doch im Leben.
Bei "Knockdown Dragout" singen Sie gemeinsam mit Kid Rock. Man muss allerdings schon das Youtube-Video dazu ansehen, um ihre Stimmen auseinanderhalten zu können.
Hagar: Kid Rock hat seinen Part eingesungen und mir das Demo geschickt. Als ich es mir das erste Mal angehört habe, dachte ich: "Was zum Teufel?" Ich konnte den Unterschied selbst fast nicht mehr raushören. Ich habe ihn dann angerufen und gesagt: "Verdammt, du klingst ja wie ich!"
Spricht für Ihre Stimme. Schließlich ist Kid Rock ein paar Jährchen jünger.
Hagar: Stimmt. Dabei pflege ich sie gar nicht. Ich habe noch nie irgendwelche Tonleitern rauf und runter gesummt oder irgend so einen Mist. Ich schreie einfach ins Mikrofon. Es wundert mich selber, dass das noch so funktioniert.
Bei manchem ihrer Kollegen hat der Lebenswandel zuletzt ja seinen Tribut gefordert. Können Sie das Rockstar-Leben noch voll durchziehen oder gönnen Sie sich mittlerweile öfter eine Pause?
Hagar: Sie meinen Lemmy von Motörhead oder? Oh Mann, ich liebe den Kerl. Er und Keith Richards halten den Rock'n'Roll-Lifestyle am Leben. Wenn die beiden mal nicht mehr unter uns sind, was ich mir wirklich nicht vorstellen möchte, wer soll dann in ihre Fußstapfen treten?
Sie?
Hagar: Nein, das kann ich gar nicht. Ich feiere zwar auch ganz gerne, aber den beiden kann ich, was das angeht, nicht das Wasser reichen.
Wasser ist ein gutes Stichwort. Was macht das Tequila-Business?
Oh, die Firma habe ich verkauft. Ich mache jetzt in Rum. Es macht mich wirklich glücklich, meine eigenen Spirituosen zu trinken. Als ich das erste Mal meinen Tequila und Rum in einer Bar gesehen habe, habe ich mir vor Freude beinahe in die Hosen gemacht. Vergleichbar höchstens mit dem Gefühl das ich hatte, als ich das erste Mal einen Song von mir im Radio gehört habe.
Mittlerweile gehört es als Rockstar ja zum guten Ton, den eigenen Alkohol zu verkaufen. Es gibt Motörhead-Wodka, Slayer-Wein...
Hagar: Stimmt, aber ich habe nicht nur meinen Namen auf die Flaschen geklebt, sondern habe auch geholfen, die Teile abzufüllen. Ich war von Anfang an in jeden Schritt involviert. Es geht da mehr um eine Leidenschaft als um Merchandising.
Eine Frage aus traurigem Anlass: 2012 nahm sich ihr langjähriger Band-Kollege Ronnie Montrose das Leben. Bestand bei Ihnen jemals die Gefahr, in eine seelische Abwärtsspirale zu geraten?
Hagar: Nein, ich bin zum Glück ein durchweg optimistischer Mensch. Vielleicht manchmal etwas ruhe- und gedankenlos. Das kann zwar auch schiefgehen, mir aber egal. Das mit Ronny ist sehr traurig, er hätte das nicht tun müssen. Sich selbst das Leben zu nehmen, ist etwas sehr egoistisches. Man lässt die Menschen, die einen lieben, nicht einfach so zurück.