Powerfrauen unter sich
In der Pinakothek der Moderne treffen sich 850 Frauen. Über die Kunst, wie Geplauder mit Netzwerkpflege einhergehen kann und wie Frauen die Fotografie benutzen, um über ihre Feminität und von Männern gemachte weibliche Klischees nachzudenken.
Nur, weil auf der Einladung „Cocktail Prolongé“ steht, nur, weil zu diesem Abend ausschließlich Frauen geladen sind, darf man(n) jetzt nicht annehmen, die Damen wollten sich hier bloß amüsieren. Bisschen plaudern, bisschen Weißwein nippen, bisschen rumstolzieren. Und, klar, über die Kleider der Konkurrentin lästern.
Das alles geschieht auch an diesem Abend in der Pinakothek der Moderne, ja. Aber eben noch viel mehr. Denn die rund 850 Frauen aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Medien, die jetzt anlässlich der Ausstellung „Fun with Female Trouble“ zusammenkamen, zeigten, wie sich Spaß mit Arbeit verbinden lässt. Wie Geplauder mit Netzwerkpflege einhergehen kann. Sehr lässig nämlich. Sehr virtuos.
Gegrüßt, geherzt, geküsst
Auf den ersten Blick sieht alles nach einer Party aus. Im Eingangsbereich haben sie eine Bühne aufgebaut, später werden hier die „Puppini Sisters“ wilden, melodiösen Jazz und Dixi-Musik spielen. Jetzt aber, kurz nach sechs, drängt sich eine lange Schlange vor den Eingang, stehen Frauen im Business-Kostüm oder im Abendkleid um die weißen Bistrotische. Durch die Reihen wandeln Kellner in schwarzen Hemden und knallroten Krawatten, es gibt marinierte Garnelen, Lachstartar in Mürbeteigfour und kleine Roastbeefröllchen. Es wird gegrüßt, geherzt, geküsst.
Wenig später betritt Stephanie Czerny die Bühne, sie gibt den Startschuss. „Ich wünsche Ihnen viele gute Gespräche, und vor allem sehr viele neue Kontakte“, sagt die Burda-Managerin, und in diesem Moment klatscht die versammelte Burda-Chefredaktionsriege auf der Bühne und alle Damen im Parkett.
Was starke Frauen auszeichnet
Dort wechseln den ganzen Abend über Visitenkarten ihren Besitzer, dort reden die Gäste mit Vorliebe darüber, was starke Frauen auszeichnet. Das passt wunderbar zur Ausstellung – in der lässt sich erfahren, wie Frauen die Fotografie benutzen, um über sich, ihre Feminität und von Männern gemachte weibliche Klischees nachzudenken.
Für TV-Moderatorin Alexandra Polzin ist es zum Beispiel sehr wichtig, dass Frauen „nah bei sich selbst“ bleiben, Schauspielerin Christine Adler dagegen hält „Neugierde und Humor“ für wesentlich, Renata Kochta wünscht jeder starken Frau einen ebenso starken Mann an die Seite – der sich, laut Alexandra Kamp und Tina Bordihn, in seiner „großen Gelassenheit“ zeigt.
Frauen gehöre das 21. Jahrhundert
Die beschwört später Helen Fischer. Frauen, sagt die amerikanische Anthropologin, gehöre das 21. Jahrhundert. Weil sie mehr „social skills“ haben als Männer. Größere Intuition. Ausgeprägtere Emphatie.
Wie es dann aber sein könne, dass Frauen in Deutschland als „Rabenmutter“ angesehen werden, sobald sie Karriere machen, will Maria Furtwängler wissen. Darauf weiß Helen Fischer keine schnelle Antwort. Es sei schwer, aber zu schaffen, sagt sie. Exakt dasselbe wie die Bunte-Chefredakteurin Patricia Riekel.
Die nannte Frau Furtwängler zuvor euphorisch „Powerfrau“. An diesem Abend, das muss man so sagen, standen viele Powerfrauen in der Pinakothek. Keine Cocktail-Schlürferinnen.
Jan Chaberny