Peter Kraus: „Mit Dieter Bohlen bekäme ich wahrscheinlich Krach“

70 Jahre und kein bisschen feige: Der Sänger über nervige Casting-Shows, Britney Spears und eine Rolle als Krimineller
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Vollblutmusiker Peter Kraus.
AZ 2 Vollblutmusiker Peter Kraus.
Aus dem Familienalbum: Peter und seine ersten Akkorde.
AZ 2 Aus dem Familienalbum: Peter und seine ersten Akkorde.

70 Jahre und kein bisschen feige: Der Sänger über nervige Casting-Shows, Britney Spears und eine Rolle als Krimineller

Als die AZ ihn am Telefon hat, wirkt Peter Kraus etwas außer Atem. Gerade noch ist er die Treppen hinuntergerannt, um seinen BMW X5 aus dem Parkverbot zu fahren, dann wieder rauf. Doch innerhalb von drei Sekunden beruhigt sich die Stimme, muss sie auch, schließlich will dieser Mann auch mit 70 nach einem Sprint über die Bühne „Crazy Little Thing Called Love“ singen können – ohne dass es nach Herz-Lungen-Maschine klingt. Außerdem hat Peter Kraus nicht den ganzen Tag Zeit, nach der AZ ist das Radio dran, dann das Fernsehen, dann eine Zeitschrift...

AZ: Herr Kraus, vor Ihrem heutigen 70. Geburtstag absolvieren Sie einen Interview-Marathon. Bei welcher Frage laufen Sie davon?

PETER KRAUS: Bei keiner. Ich hole höchstens mal gaaanz tief Luft.

Ist es nicht manchmal ermüdend, wenn Sie zum x-ten Mal erzählen müssen, wie es war in den 50ern und 60ern, der Peter und die Conny, die kreischenden Mädels und so weiter?

Da muss ich durch. Und für junge Leute ist vieles, was damals abging, einfach so unverständlich. Manche Geschichten erzähle ich immer wieder gerne.

Welche zum Beispiel?

Naja, ich holte die Conny Francis mal mit den Händen in den Hosentaschen vom Flughafen ab, und am nächsten Tag gab’s die Schlagzeile: „Peter, wie benimmst du dich?!” Das waren Zeiten...

Mit der Überschrift „Der deutsche Elvis“, damals und heute, können Sie aber leben?

Es gäbe Schlimmeres! Und ohne den Beinamen wäre ich bestimmt nicht über Nacht berühmt geworden.

Dabei war Ihr Idol doch eigentlich Sammy Davis.

„Der deutsche Sammy Davis“ – das klingt irgendwie komisch, oder?

Sie sprechen gerne von Ihren „Heroes“. Fragt man dagegen Nachwuchsmusiker nach ihren Vorbildern, lautet die Antwort heute oft: „Ich mache mein eigenes Ding“...

Trotzdem gab’s noch nie eine Zeit, in der die Sänger so eintönig und so gleich klangen wie heute! Die Mädels hören sich fast alle an wie Britney Spears. Das ist doch langweilig!

Ist es heute überhaupt noch möglich, „sein eigenes Ding“ zu machen?

Es ist schwieriger, nehmen Sie zum Beispiel diese Bohlen-Sendung. Alles wird in eine Form gepresst. Der Verlauf der Karriere scheint vorgeplant zu sein, öffentlichkeitswirksame Rückschläge inklusive.

„Nur weil jemand ordinäre Sprüche bringt, ist er noch kein Star"

Sehen Sie sich „Deutschland sucht den Superstar“ an?

Manchmal beim Zappen. Um die Zeit stehe ich oft selber auf der Bühne.

Wie finden Sie die Sendung?

Dahinter steckt zweifellos ein gutes Konzept, aber keines, um echte Superstars hervorzubringen. Nur weil jemand ordinäre Sprüche bringt, ist er noch kein Star. Schon alleine den Gedanken, als Superstar zu beginnen, finde ich vermessen! Es ist halt ein Spiel, wie alles heute, bloß nicht zu viel nachdenken. Passt unheimlich gut in unser Schema.

Stellen wir uns vor, man könnte den Peter Kraus der 50er vor die DSDS-Jury beamen. Wie würden Sie abschneiden?

Um Gottes willen – das will ich mir gar nicht vorstellen! Ich bekäme wahrscheinlich schon in der Vorauswahl Krach mit Dieter Bohlen.

Als der Münchner Regisseur Peter Schamoni dieses Jahr den Bayerischen Filmpreis für sein Lebenswerk erhielt, hat er das scherzhaft bedauert. Er sei schließlich nicht tot. Obwohl Sie noch auf Tournee sind, drohen auch Ihnen diese Preise...

Liebe Juroren, bitte wartet noch zehn Jahre!

Da wären Sie 80. Kann Jopie Heesters in dieser Hinsicht ein Vorbild sein?

Wir wollen’s nicht übertreiben. Man sollte nur so lange auf der Bühne stehen, wie man seine volle Leistung bringen kann. Ich liebe Jopie sehr, aber ich will mich da eher an Udo Jürgens halten.

Wann hören Sie auf?

Vielleicht nach der Tournee, wer weiß. Ich will auf jeden Fall ruhiger machen. „Nimm dir Zeit und lass die Welt sich drehen“ heißt eine Nummer auf meiner neuen CD. Das will ich beherzigen, mich mehr um mein Privatleben kümmern. Das habe ich meiner Frau versprochen. Aber sie glaubt es eh nicht.

„Mord im Orchestergraben, das wär doch was"

Haben Sie Angst davor, zur Ruhe zu kommen?

Zur Ruhe? Ich habe wahnsinnig viele Hobbys und eher Angst, dass mir die Zeit fehlt, um an meinen geliebten Oldtimern zu schrauben.

Stünden Sie gerne wieder vor der Kamera?

Wahnsinnig gerne. Aber die Angebote sind nicht so verlockend. Meistens soll ich mich selber spielen oder einen Typen, der Peter Graf oder ähnlich heißt. Solche Ideen haben die Produzenten ja heute!

Wen würden Sie denn gerne verkörpern?

Jeden, der nichts mit meinem Image zu tun hat.

Einen Kriminellen?

Na klar! Mord im Orchestergraben, das wär doch was.

Irgendwann wollten Sie mal eine Art deutschen Bob Dylan geben. Hat man Ihnen nicht so abgenommen...

Gottseidank. Keine Ahnung, gegen was ich damals rebellieren wollte.

Gelandet sind Sie dann aber vergangene Woche im Volksmusik-TV. Was, um Himmels willen, hat ein Peter Kraus da zu suchen?

Was bleibt mir anderes übrig? In Deutschland fehlt einfach eine Musiksendung, die sich irgendwo zwischen „Top of the Pops“ und „Musikantenstadl“ positioniert. Aber Carmen Nebel zum Beispiel deckt ein recht breites Spektrum ab, von Chris de Burgh bis Placido Domingo. Musiker also, deren Gesellschaft einem wahrlich nicht unangenehm sein muss.

Aber den Hüftschwung bringen Sie noch, oder?

Und wie! Wenn auch leicht parodistisch. Meine Fans freuen sich immer tierisch, dass ich es noch drauf hab’.

Interview: Timo Lokoschat

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