Patricia Kelly: "Wir Kellys waren eine Lebensphilosophie"

Patricia Kelly ist eines der Mitglieder der legendären Kelly Family. In ihrer Autobiografie "Der Klang meines Lebens" hat sie über die Höhen und Tiefen ihres Lebens geschrieben. Im Interview verrät sie, warum es ihr wichtig ist, über ihre Brustkrebs-Erkrankung zu sprechen und wie das Verhältnis zu ihrem Vater war.
von  (hub/spot)
Patricia Kelly hat ihre Biografie geschrieben
Patricia Kelly hat ihre Biografie geschrieben © Peter Becher

Berlin - Patricia Kelly (44), Mitglied der legendären Kelly Family, stand schon als 5-Jährige auf der Bühne. Rund 20 Jahre reiste sie mit ihrer Familie als Straßenmusiker durch die USA und Europa, bevor sie 1994 ihren großen kommerziellen Durchbruch erzielte. Die 44-Jährige, die im Alter von 12 Jahren ihre Mutter verlor, schreibt in ihrer Autobiografie "Der "Klang meines Lebens" (Verlag Adeo, 312 Seiten, 18,99 Euro) über die Höhen und Tiefen ihres Lebens. Im Interview mit spot on news spricht sie über das Buch, ihre Brustkrebs-Erkrankung und das Verhältnis zu ihrem Vater.

"Der Klang meines Lebens" von Patricia Kelly gibt es hier

Frau Kelly, Ihre Autobiografie "Der Klang meines Lebens" erscheint. Verspüren Sie Lampenfieber?

Patricia Kelly: Ja, das ist sehr aufregend. Ich habe schließlich auch ein ganzes Jahr daran gearbeitet.

Haben Ihre Geschwister das Buch vorab gelesen?

Kelly: Nein, noch nicht. Ich selber habe mein Vorabexemplar erst vor ein paar Tagen erhalten. Aber ich habe ihnen am Telefon ein paar Zitate vorgelesen und die fanden das ganz toll. Die Reaktionen sind sehr positiv.

In Ihrem Buch haben Sie ausführlich über Schicksalsschläge geschrieben: chronische Rückenschmerzen, Ihre Erschöpfung, die Brustkrebs-Erkrankung und Fehlgeburten. Sie sind für das Buch auch nochmals an Orte gereist, die für Ihr Leben von Bedeutung waren. Wie ist es Ihnen beim Schreiben ergangen?

Kelly: Das war wunderbar. Ich bin für eine Woche nach Paris gereist, in das Hotel, in dem wir vor 30 Jahren gelebt haben und habe dort einfach geschrieben. Ich bin auch für einige Tage in meinem Geburtsort gewesen, habe die frühere Haushälterin meiner Mutter besucht, eine ganz tolle Frau, die über 80 ist. Das war sehr spannend. Man bekommt einen anderen Blick auf das Ganze. Es war schöner, als ich es in Erinnerung hatte.

Zu Beginn Ihres Buches beschreiben Sie in einer Szene, wie es dazu kam, dass Sie Ihren Ruhm teilweise als Alptraum erleben mussten. Fans hatten Ihr Auto umzingelt, Sie konnten nicht weg. Als Sie 1995 dann vor 280.000 Fans auftraten, ist Ihnen bewusst geworden, dass Sie eigentlich glücklicher waren, als Sie noch in Paris in der Metro musizierten. War Ihnen damals schnell klar, dass Sie an Burnout leiden?

Kelly: Damals gab es den Begriff Burnout noch nicht. Ich war aber auf jeden Fall erschöpft. Das ist ein schleichender Prozess, den man gar nicht merkt. Ich habe gerne gearbeitet, die Erschöpfung kam nach und nach. Es war der ganze Stress, der ganze Rummel. Ich war für das Business zuständig und da hatte ich wirklich eine ganze Menge zu tun. Als die Erschöpfung dann da war, bin ich von zu Hause weggegangen, war in den Bergen, in der Natur, um mich zu erholen. Ich habe gemerkt, dass es so nicht weiter geht und habe einen Weg gesucht, wie ich glücklich leben kann und den habe ich auch gefunden.

Durch Ihre chronischen Rückenschmerzen mussten Sie viel Zeit alleine im Bett verbringen, haben aber dadurch Ihren Glauben neu entdeckt - und später den Sport. Nebenbei haben Sie auch noch Ihren Bruder Joey auf den Triathlon-Geschmack gebracht. Sehen Sie das auch als Ihre Aufgabe, anderen Menschen Mut zu machen?

Kelly: Es war nie meine Absicht, dass Joey dadurch mit dem Sport anfängt, aber das war ein schöner Nebeneffekt. Mut ist für uns Kellys sehr wichtig. Die Iren waren schon immer mutig und kämpferisch. Ich wollte selbst diesen Mut erst mal spüren - erst dann kann man andere Menschen damit anstecken.

Ihre Mutter ist sehr früh an Brustkrebs gestorben, bei Ihnen ist die Krankheit dann auch ausgebrochen. Sie sind allerdings erst spät zur Vorsorge gegangen. War die Krankheit Ihrer Mutter für Sie zuvor nie ein Thema gewesen, verdrängt man sowas?

Kelly: Natürlich war das ein Thema und es ist wirklich erstaunlich, dass ich so spät gegangen bin. Ich dachte, es reicht, mich gesund zu ernähren und mein Leben im Einklang zu leben. Das war sicher eine Art von Verleugnung. Deswegen wollte ich auch unbedingt darüber sprechen, damit andere Frauen sich bewusst werden, wie wichtig es ist, zur Vorsorge zu gehen.

Sie haben erst einen Teil Ihrer Brust entfernen lassen, erst später wurde die eine Seite komplett abgenommen und durch eine Prothese ersetzt. Was haben Sie gedacht, als Sie von dem Fall Angelina Jolie gelesen haben, die sich vorsorglich beide Brüste hat abnehmen lassen?

Kelly: Früher hätte ich noch gedacht: schrecklich! Nachdem ich aber selbst diese Erfahrung machen musste, denke ich, das ist gut, damit das in das Bewusstsein der Frauen kommt. Soweit ich weiß, lag für sie die Chance zu erkranken, bei 80 Prozent. Das ist eine sehr harte Geschichte und ich bewundere sie für ihren Schritt.

Sie hatten lange das Management der Familie mitgeleitet und schildern in Ihrem Buch auch, wie Sie die Musikbranche erlebt haben. Deals wurden halbbetrunken an der Bar gemacht, Künstlerinnen sind schon mal für Plattenverträge mit Männern ins Bett gestiegen. Waren Sie schockiert, als Sie gesehen haben, in welcher Welt Sie arbeiten?

Kelly: Schockiert nicht. Ich wurde ja nicht naiv erzogen, sondern sehr weltoffen. Unsere Eltern haben sehr viel mit uns gesprochen. Aber es ist natürlich schon was anderes, wenn man das selbst erlebt. Ich konnte mich nie daran gewöhnen. Ich habe aber einfach mein Ding gemacht und die ihres.

In Ihrem Leben gab es ja auch einige Verlockungen: Sie hatten Angebote, früh schon eine Solo-Karriere zu starten, in Paris hat Ihnen ein Fotograf versprochen, ein Model aus Ihnen zu machen, ein Angebot vom "Playboy" hatten Sie auch. Sind Sie im Nachhinein froh, dass Sie - oder Ihr Vater - diese Angebote immer ausgeschlagen haben?

Kelly: Absolut. Ich wäre sonst nicht der Mensch, der ich heute bin.

Mit Ihrem Vater sind Sie aber auch einige Male aneinander geraten, sind sogar räumlich geflüchtet. Wie würden Sie Ihre Vater-Tochter-Beziehung beschreiben?

Kelly: Wir waren starke Freunde. Ich kann keine halben Sachen machen und ich bin meinen Weg auf eine radikale Weise gegangen. Aber dann kam auch die Versöhnung. Und deshalb habe ich diese Geschichte geschrieben: Um anderen zu zeigen, dass es sich lohnt, zu kämpfen. Man muss seinen eigenen Weg gehen, das ist wichtig. Aber es ist auch wichtig, zurück zu seinen Wurzeln zu kommen und dankbar dafür zu sein, was man da hat.

Sie beschreiben sich selbst als Asketin, die sogar in Luxushotels manchmal auf dem Boden geschlafen hat. Was empfinden Sie heute als Luxus?

Kelly: Luxus ist für mich einerseits Zeit für meine Familie. Und ich gönne mir auch Zeit für mich alleine. Zweimal im Jahr gehe ich für ein paar Tage ins Kloster nach Frankreich. Als ich ausgezogen bin, hatte ich mal etwas ausprobiert: Ich habe mir Gucci-Schuhe und eine Gucci-Tasche gekauft. Das ist 15 Jahre her und ich habe die heute noch. Das musste ich damals ausleben, habe dann aber gemerkt: Das ist nicht meine Welt. Ich kaufe mir gerne schöne Sachen, würde aber nie zweitausend Euro für ein Kleid ausgeben. Auch in unseren sehr erfolgreichen Zeiten gab es das nicht. Wir Kellys waren nicht nur eine lustige Truppe, wir waren eine Lebensphilosophie. Das fand nicht nur auf der Bühne statt, so waren wir privat. Diese Nachhaltigkeit, die heute so gepriesen wird, mit Bio-Essen beispielsweise, haben wir damals schon gelebt. Wir waren sehr bescheiden in unserer Art.

Geben Sie diese Werte auch an Ihre Kinder weiter?

Kelly: Ich erfülle meinen Kindern zweimal im Jahr einen Wunsch, zu Weihnachten und zum Geburtstag. Ansonsten gibt es nur Bücher und ein paar Videos. Sie sollen schätzen, was sie haben. Ich fahre auch bewusst ein altes Auto, ich brauche keinen dicken Porsche. Und diese Werte versuche ich auch an meine Kinder weiterzugeben.

Haben Ihre Kinder Ihr musikalisches Talent geerbt?

Kelly: Sie singen gerne und spielen beide zwei Instrumente. Sie wollen auch immer gerne mit auf Tour kommen, müssen aber natürlich ganz normal zur Schule. Aber wenn sie frei haben, sind sie auch schon mal dabei. Mein Mann Denis spielt übrigens besser Klavier als ich.

Wie ist der Kontakt zu Ihren Geschwistern heute?

Kelly: Wir leben tatsächlich auf zwei Kontinenten in fünf Ländern. Wir haben aber sehr engen Kontakt. Heute ist es natürlich mehr über Telefon, E-Mail oder Facebook. Aber man sieht sich immer, wenn die Gelegenheit da ist. Gemeinsame Auftritte sind im Moment aber nicht geplant.

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