Nora Tschirner: "Ich bleibe lieber inkognito"
Sie gehört zu den beliebtesten Schauspielerinnen in Deutschland, über ihr Privatleben gibt Nora Tschirner jedoch nur wenig Preis. "Ich bleibe lieber inkognito", verrät die 32-Jährige im Interview mit spot on news.
Berlin - Von der MTV-Moderatorin zur gefeierten Schauspielerin. Nora Tschirner hat geschafft, wovon viele träumen. Spätestens seit ihrer Rolle in der Erfolgskomödie "Keinohrhasen" an der Seite von Til Schweiger (50) gehört die 32-Jährige zu den beliebtesten Stars in Deutschland. Ihr "Tatort"-Debüt mit dem Kollegen Christian Ulmen (38) ist die meistaufgerufene Sendung der Krimi-Reihe in der ARD-Mediathek. Auch als Synchron-Sprecherin hat sich die gebürtige Berlinerin bereits einen Namen gemacht. Ab 6. Februar ist sie als Truthenne Jenny im Animationsstreifen "Free Birds" zu hören. Die Nachrichtenagentur spot on news traf die Schauspielerin zum Interview und sprach mit ihr über ihren neuen Film, die Schattenseiten ihres Erfolgs und darüber, warum sie um ihr Privatleben so ein großes Geheimnis macht.
Nach "Merida - Legende der Highlands" leihen Sie nun dem nächsten Animationshit "Free Birds" Ihre Stimme. Haben Sie eine neue Leidenschaft für sich entdeckt?
Nora Tschirner: Ich mache alles mit Leidenschaft. Das Synchronisieren ist dem Schauspiel sehr ähnlich, man seziert an manchen Punkten nur mehr. Wir schleifen an ganz vielen Kleinigkeiten, an der Atmung, an den Silben, man nimmt die Sprache komplett auseinander. Das finde ich sehr spannend. Außerdem hat das Synchronisieren auch eine meditative Wirkung, indem ich mich nur auf die Stimme konzentriere.
Sind Sie selbst ein Fan von Animationsfilmen?
Tschirner: Ja, ich sehe die Filme wahnsinnig gerne. Es ist beeindruckend, wie die Zeichner und Autoren die Grenzen immer wieder sprengen, sowohl technisch als auch inhaltlich. Sie lassen dem Wahnsinn freien Lauf.
Können Sie denn überhaupt noch unbemerkt ins Kino gehen?
Tschirner: Naja. Es ist ja dunkel. Meistens habe ich die Karten vorher schon und gehe erst in den Saal, wenn das Licht aus ist. Und wenn ich mich doch mal in die Reihe stellen muss, setze ich einfach eine Kapuze auf. Man kann sich da schon ganz gut durchmogeln.
Werden Sie gerne auf der Straße angesprochen oder ist es Ihnen lieber, inkognito zu bleiben?
Tschirner: Mir ist es lieber, wenn ich inkognito bleibe. In erster Linie, weil ich selber so gern Leute anschaue. Wenn ich im Ausland bin, fühle ich mich vollkommen frei. In Deutschland werde ich öfter mit meiner Prominenz konfrontiert. Selbst wenn einen die Leute nicht direkt ansprechen, sondern vielleicht nur schauen und tuscheln, wird man doch ständig aus seinem gemütlichen Trott herausgerissen. Plötzlich erinnert man sich wieder daran: Ach so, die haben ja schon ein bestehendes Bild von mir. Davon bin ich nicht unbedingt ein großer Fan. Es ist zwar auch keine Katastrophe, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich doch lieber unerkannt bleiben.
Sie sind im letzten Jahr still und heimlich Mutter geworden. Warum halten Sie mit Ihrem Privatleben so hinterm Berg?
Tschirner: Es ist ja nicht so, dass ich gar nicht über Persönliches rede. Ich bin sehr offen und rede über meine Ansichten, über mich als Charakter, das ist ja auch sehr privat. Aber Menschen, die mir nahe stehen, können es sich nicht aussuchen. Hier ziehe ich ganz klar eine Grenze. Das ist eine andere Welt und darin hat einfach niemand etwas zu suchen. Das sind keine Filmfiguren oder ausgedachte Leute, die gibt es wirklich. Und sie haben ein Recht auf ein eigenes Leben. Ich bin oft genug über den Bildschirm bei Leuten zuhause und man kann mich gerne auf dem roten Teppich befragen oder meiner Agentur eine Frage schicken. Aber irgendwo muss auch eine Grenze verlaufen. Ich finde das heute sowieso alles schon ziemlich gruselig, dank Facebook verschwimmen diese Grenzen ja komplett.
Sie sind also nicht gerade ein Freund von Facebook...
Tschirner: Ich habe selbst eine Facebook-Seite. Die habe ich eigentlich nur gemacht, um meinen Dokumentarfilm ("Waiting Area", Anm. d. Red) und meine Band "Prag" zu unterstützen. Es ist schließlich schwer, für solche Projekte eine Öffentlichkeit zu finden. Ich habe allerdings schnell gemerkt, dass ich nicht der Typ dafür bin. Ich stelle mich zu blöd an. Ich kann mich irgendwie nicht morgens um neun mit einem Tee an den Computer setzen und in die Weiten des Internets hineinrufen: "Hallo, seid ihr alle schon wach? Ich habe euch total lieb und was weiß ich noch alles." Das ist mir zu abstrakt.
Was glauben Sie, woran liegt es, dass Sie sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen so gut ankommen?
Tschirner: Hm. Es ist wohl so, dass Humor verbindet. Das finden sowohl Frauen als auch Männer gut. Zudem glaube ich nicht, dass ich wie jemand wirke, der alles Weibliche wegbeißt. Ich glaube, ich verkörpere mehr den Kumpeltyp. Durch Humor macht man sich ja auch angreifbar. Man macht sich zum Horst und den Menschen auch ein Geschenk. Jemanden zum Lachen zu bringen, ist doch ein total cooles Geschenk. Das gibt den Leuten vielleicht Vertrauen.
Würden Sie sagen, dass Sie jetzt genau da angekommen sind, wo Sie schon immer hinwollten? Haben Sie Ihren beruflichen Höhepunkt erreicht?
Tschirner: Ich stecke mir keine Ziele und bin zum Glück immer da, wo ich sein will. Ich bin für mich aber vielleicht insofern am Höhepunkt, weil ich das Gefühl habe, dass ich jetzt viel mehr über mich weiß als früher: Wer ich bin, was ich machen will. Und ich kenne viel mehr Leute, mit denen ich das auch umsetzen kann. Ich bin wählerisch, kann das auch aber sein. Und ich achte auf meine Lebensqualität, indem ich mich zum Beispiel nicht tot arbeite. Auch darin werde ich immer besser.
Sie gehören seit Kurzem auch zur "Tatort"-Familie. Hatten Sie Angst, dass Ihr "Tatort" bei den Fans nicht so gut ankommen könnte?
Tschirner: Definitiv Respekt. "Keinohrhasen" hatte 6,5 Millionen Zuschauer, aber auf Wochen und Monate verteilt. Der "Tatort" hat kaum unter sechs Millionen Zuschauer, allein an einem Abend. Wenn man sich das vorstellt, ist das schon ein Druck, der auf einem lastet. Aber ich habe mich davon zum Glück befreien können, indem ich den Kopf in den Sand gesteckt habe. Ich war aus Versehen tagelang für niemanden erreichbar, weil mir kurz zuvor mein Handy gestohlen wurde. Herrlich war das! Irgendwie hat man ja schon Angst vor so einer Massenmeinung. Aber ich habe eine genauso große Angst vor Silvester. Solche Zusammenkünfte, von denen man weiß, dass gerade Millionen Menschen das Gleiche machen; diese Ballung von Energie macht mich kirre.
Dem "Tatort" bleiben Sie aber trotzdem erst mal treu?
Tschirner: Ja. Einer kommt auf jeden Fall noch. Wie es danach weitergeht, keine Ahnung. Aber ich habe Lust auf noch mehr, ja.
Gibt es denn jetzt Pläne für eine Fortsetzung von "Zweiohrküken"?
Tschirner: Das ist mal so mal so. Aber so ist das Film-Geschäft immer. Man weiß es ehrlich gesagt nicht. ich glaube erst daran, dass ein Projekt realisiert wird, wenn es ausgestrahlt wird. Mal sehen.
Ihr Kollege Daniel Brühl startet gerade in Hollywood durch. Träumen Sie noch von einer Hollywood-Karriere?
Tschirner: Ach, in dieser Weltkarrieren-Traum-Form nicht. Ich möchte nicht über die Grenzen hinweg bekannt sein. Sobald ich Deutschland verlasse, will ich eigentlich meine Ruhe haben. Das jetzt kaputt zu machen und auszuweiten, könnte ein Stück weit sogar zum Alptraum werden. Ich träume insofern von Arbeit im Ausland, als dass ich dort eine Art von Filmen machen kann, die es hier kaum gibt. Ausland heißt aber eben auch zum Beispiel England, Spanien und Österreich. Was Humor und Entertainment anbelangt, ist Deutschland ja leider ein bisschen ein Entwicklungsland. Mein Verständnis von Unterhaltung passt mit dem vieler Verantwortlichen hier nicht zusammen. In bestimmten Genres fühle ich mich bei meinen fremdsprachigen Projekten besser verstanden.
Mit wem würden Sie denn gerne mal zusammenarbeiten?
Tschirner: Steve Carrell liebe ich sehr. Diese ganze Truppe um Judd Apatow, Paul Rudd und Co. Aber auch Jennifer Lawrence. Sie scheint eine wahnsinnig coole Person zu sein.