Natalia Wörner: "Mein Sohn ist kein Show-Kind"

Wie findet man eine sympathische Seite an der klassisch bösen Stiefmutter eines Märchens? Genau das musste sich Natalia Wörner fragen, die ebendiese Figur in "Cinderella - Ein Liebesmärchen in Rom" übernahm. Die Schauspielerin geht in solchen Herausforderungen auf. Was sie allerdings davon hält, ihren Sohn vor die Kamera zu stellen, erzählt sie im Interview.
Die Geschichte vom Aschenputtel ist jedem bestens bekannt. Der Film "Cinderella - Ein Liebesmärchen in Rom", der am 30. August TV-Premiere feiert (20.15 Uhr im Ersten) versetzt das Märchen jedoch ins Italien der 1950er Jahre und gibt ihm dadurch einen neuen Anstrich. Die archetypischen Figuren bleiben allerdings dieselben. Natalia Wörner (46) schlüpft in die Rolle der hinterhältigen Stiefmutter und das sichtlich mit Genuss. Warum ihr die Rolle der klassisch bösen Märchenfigur so viel Spaß gemacht hat, erzählt die Mimin im Interview mit spot on news.
Es gibt selten so eindimensional böse Figuren wie im Märchen. Macht es Spaß, so etwas zu spielen?
Natalia Wörner: Märchenfiguren sind ja Archetypen und nicht eindimensional. Ein Archetyp ist vielschichtig, denn nur böse ist langweilig. Gerade beim Märchen lernt man als Kind ganz früh, sich an solchen Figuren abzuarbeiten. Und auch etwas Böses oder Intrigantes hat nicht nur eine Dimension. Diese Rolle zu spielen, war viel lustiger, als ich es vermutet hatte. Einfach nur böse zu sein, und dem nicht mit Selbstironie zu begegnen, hätte mir keinen Spaß gemacht.
Was hat Sie speziell an diesem Film gereizt?
Wörner: Eine Märchenverfilmung ist ja sonst mit sehr kitschigen Assoziationen verbunden. Ich denke da an die tschechischen Märchenverfilmungen meiner Kindheit. Und hier, ins Rom der 1950er Jahre versetzt, bekommt es einen modernen Aspekt. An der Figur war für mich interessant, dass ich darin etwas Komisches gefunden habe. Ich habe zum ersten Mal kapiert, dass Böses und Komik in der Tat auf eine merkwürdige Art eine Einheit bilden können.
Müssen Sie denn eine gewisse Sympathie für Ihre Rolle haben, um sie spielen zu können?
Wörner: Das muss man immer. Man darf eine Figur nie so anlegen, dass man sie selbst nicht mag. Man muss sich dann auch schnell von Kategorien wie gut oder böse befreien. Als Archetyp einer bösen Stiefmutter habe ich für mich wie gesagt die Komik in der Figur entdeckt. Das war für mich auch der Motor und die Lust, das zu spielen, weil man sich irgendwann gar nicht mehr so ernst nimmt.
Es gibt Schauspieler, die sagen, man muss die Eigenschaften einer Rolle in sich selbst finden. Andere sagen, es ist reines Spiel. Welcher Sorte gehören Sie an?
Wörner: Ich denke, dass eine Rolle immer ein Leben für sich haben und ein Stück weit weg vom Privatleben sein muss. Aber als Mensch bringe ich natürlich zwangsläufig Erfahrungen mit, die ich einer Rolle gebe. Ich würde eine Rolle immer so anlegen, dass sie erst mal keinen Widerhall in meinem Privatleben hat, denn je weiter eine Rolle von mir weg ist, desto spannender ist es, den Weg dahin zu finden. Und trotzdem merke ich: Je älter ich werde, desto mehr komme ich mit dem Gewicht der eigenen Persönlichkeit an den Start. Ich kann einer Rolle meine Lebenserfahrungen zur Verfügung stellen. Es gab übrigens auch schon Rollen, von denen ich etwas gelernt hab - so herum geht's auch.
Sie haben sich bewusst dagegen entschieden, Ihren Sohn schon als Kind schon vor die Kamera zu stellen. Hätten Sie etwas dagegen, wenn er in zehn Jahren diesen Berufswunsch hat?
Wörner: In zehn Jahren ist er 18, und wenn er das dann wirklich will, dann soll er das tun. Aber jetzt in den letzten Jahren war es so, dass er Schauspielunterricht hätte nehmen müssen und das wollte ich nicht. Er ist auch von Natur aus kein Show-Kind. Mein Mutterinstinkt sagte mir, seine Zeit vor der Kamera ist vorbei. Deswegen habe ich gesagt, wenn er das als Jugendlicher oder Erwachsener wirklich will, dann soll er das machen. Dagegen würde ich mich nicht wehren.
Würden Sie sich Sorgen machen, wenn er den Weg gehen würde?
Wörner: Es ist kein einfacher Beruf - und in zehn Jahren wird die Branche vielleicht nochmal komplett anders sein. Natürlich gibt es da bestimmte Ängste, die man aber auf keinen Fall auf die Kinder projizieren darf, nur weil man selbst damit zum Teil korreliert. Ich kann meinem Sohn nur wünschen, dass er das findet, wofür er brennt.
Wie oft haben Sie als Mutter das Bedürfnis, sich einzumischen?
Wörner: Ich bin total für Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, und bin eigentlich ganz glücklich über selbstständige Schritte und würde das auch immer unterstützen. Andererseits hat man als Mutter natürlich die Aufgabe, altersgemäß mitzuentscheiden, was richtig und was falsch ist. Und da gibt es bei uns ganz klare Regeln. Es ist wichtig, jemanden nicht nur zur maximalen Freiheit anzuspornen, sondern ihm natürlich auch Werte und Richtlinien mitzugeben.
Stichwort Medien?
Wörner: Zum Beispiel. Die Kinder von heute sind derart medienaffin, dass sie sich unter Umständen, wenn sie nicht gebremst werden und klare Regeln haben, den Medien komplett hingeben könnten und das will man als verantwortungsvolle Mutter natürlich nicht. Gleichzeitig ist es ein Teil dieser Generation und sie wachsen damit auf. Ich bin immer für den Mittelweg.
Sie feiern im September ihren 47. Geburtstag, haben Sie Angst vor dem Älterwerden?
Wörner: Das ist eher etwas, was einem von den Medien angetragen wird. Und auch ich sehe natürlich Dinge, die sich verändern, wie es bei jedem Menschen passiert, der älter wird. Dennoch kann ich ganz ehrlich sagen, dass mir das keine Angst macht.