„München hat mich gerettet“

Thaddaeus Ropac arbeitet als Galerist am Mirabellenplatz und gilt als Dreh und Angelpunkt der Salzburger Mozart-Society. Party-Dirigent und Top-Galerist Ropac im Interview über Warhol, Mozart Kunst und Kicks.
von  Abendzeitung
Große Oper in Salzburg
Große Oper in Salzburg © ap

Thaddaeus Ropac arbeitet als Galerist am Mirabellenplatz und gilt als Dreh und Angelpunkt der Salzburger Mozart-Society. Party-Dirigent und Top-Galerist Ropac im Interview über Warhol, Mozart Kunst und Kicks.

Große Oper in Salzburg: Die Society trifft sich in der Mozart-Stadt, um sich selbst zu inszenieren. Mittendrin ist er der Dirigent der Party-Festspiele: Thaddaeus Ropac (48), Galerist am Mirabellplatz, ist Salzburgs Strippenzieher. In seiner Galerie läuft gerade die Anselm Kiefer-Ausstellung, in seiner Villa laufen die spannendsten Privat-Partys rund um die Festspiele. Ropac ist Parade-Gastgeber, Freund der Promis und Salzburgs Strahlemann. Mit der AZ sprach der Mann im Hintergrund mal ausnahmsweise über: sich selbst.

AZ: Alle Welt schaut jetzt auf Salzburg. Sie eröffneten Ihre Galerie vor 25 Jahren in Salzburg – war es Liebe auf den ersten Blick?

THADDAEUS ROPAC: Ja! Als ich 15 war, fiel mir ein Büchlein über die „Schule des Sehens“, die Salzburger Akademie, in die Hände. Ich war sehr angetan – auch von der Beschreibung über Salzburg. Die Akademie hat mich angelockt. Mein Ziel war es, die Kunst zu erkunden. Und spontan fasste ich den Entschluss, eine Galerie zu eröffnen.

Mit 21 – während andere nur Partys im Kopf haben?

Ich habe auch meine ausführliche Party-Zeit hinter mir.

Trotzdem: ein ungewöhnlicher Schritt.

Ach, wenn man jung ist, ist man Idealist. Beseelt, überzeugt, man lebt die Leidenschaft. Hat keine Angst. Die Kunst hat wie ein Schock auf mich gewirkt. Mit 17 war ich in einer Ausstellung über Beuys und Warhol. Das hat mich völlig verwirrt, ich habe es nicht verstanden. Aber die Rätsel haben mich angezogen und beschäftigt. Ich konnte nicht mehr loslassen. Als Künstler fehlte mir selbst das Talent, also wollte ich etwas machen, was mich zumindest den Künstlern näher bringt.

So nahe, dass Sie Beuys und Warhol kennen lernten.

Bei Beuys machte ich ein Praktikum, half beim Aufbau einer Skulptur und war einige Wochen in Düsseldorf in seiner Nähe. Er hatte ein irres Charisma. Wie ein Schamane zog er die Leute in seinen Bann. Er wirkte so unglaublich überzeugend.

Wie war Warhol?

Ich hatte eine Empfehlung von Beuys, das war hilfreich. Ich lernte Andy Warhol in New York kennen, mit dem Ziel eine Ausstellung von ihm in meiner Galerie zu machen. Warhol stellte mir Keith Haring vor – und andere Künstler, die meine Generation geprägt haben. Warhol selbst war sehr einsilbig, hat nicht viel gesagt. Eigentlich immer nur einen Satz: That’s so great. Auch wenn er nicht viel gesagt oder gefragt hat, so war er immer auf der Suche nach der neuen jungen Kunst.

Und dem neuen Kick – wie wild waren die Partys?

Für Studio 54 war ich zu jung, das war gerade vorbei. Area Club hieß Mitte der 80er dieser unglaubliche Nightclub, wo alle Künstler waren. Eine verrückte Zeit. Ich habe aber auch erlebt, wie viele Künstler viel zu früh starben. Bei Warhol war es ein tragischer Unfall, bei anderen der grauenhafte Einfluss von Drogen.

Hängen bei Ihnen zu Hause ein paar Warhols?

Na, klar.

Sie müssen gute Alarmanlagen haben!

Und gute Versicherungen.

Wie viele Bilder haben Sie?

Ich habe eher einen Tick zuviel an Kunst. Frauen sammeln Schuhe, ich Kunst. Ich zähle die Bilder nicht.

Sie haben die wertvollsten Bilder um sich – was kann einem zum Glück noch fehlen?

Je älter ich werde, desto öfter spüre ich eine Sehnsucht nach Familie. Ich bereue es nicht, aber das war der Preis, den ich für die Kunst-Liebe gezahlt habe. Ich habe kaum Zeit, mich regelmäßig um meine Patenkinder zu kümmern.

Dafür schaffen Sie es zeitlich zu jeder Opern-Premiere.

Ich habe gelernt, Mozart zu lieben. Ich Freude mich schon sehr auf „Don Giovanni“ und Erwin Schrott. Das ist Salzburg, hier werden Karrieren begonnen. Salzburg macht Stars. Über Nacht ist Anna Netrebko plötzlich der neue Star. Diese Fülle an Kunst gibt es nur hier.

Wie überstehen Sie unbeschadet den Festspiel-Marathon?

Viel Wasser! Trotz der Festspiele ist es für mich jetzt mehr relaxing, sechs Wochen an einem Ort zu sein. Sonst reise ich ja ständig herum, das ist stressiger. Ich pendle zwischen meinen Wohnsitzen in Paris, New York und Salzburg. Übers Jahr verteilt bin ich am häufigsten in Paris.

Haben Sie sich etwa von Salzburg entliebt?

Salzburg ist jetzt in diesen Tagen eine wunderbare Stadt. Ohne die Künstler ist Salzburg eine Kleinstadt. Bieder, konservativ. Es würde mir schwer fallen, hier auf Dauer zu sein. Früher hat mich München oft gerettet. Wenn ich dachte, mir fällt die Decke auf den Kopf, bin ich nach München gefahren. Ich versuche auch heute, oft dort zu sein. Die tollen Galerien lohnen jeden Besuch.

Wenn Sie bis Herbst hier bleiben, können Sie auf die Wiesn kommen – das ist Oper!

Aber nichts für mich. Ich war einmal da – nicht meine Welt. Ich mag Tracht nicht.

Sie gelten als Dreh- und Angelpunkt der Mozart-Society. Wie wird man Strippenzieher?

Wenn Sie das so nennen wollen – ich sehe mich eher als Kontaktmann, der zwischen Künstlern aus allen Branchen vermittelt...

Und mit Bianca Jagger befreundet ist...

...ja, Bianca wohnt gerade bei mir. Ich traf sie in frühen Jahren in New York. Sie war Warhols Muse, ich der kleine Junge. In den letzten 15 Jahren intensivierte sich der Kontakt zu einer Freundschaft. Sie liebt die Künstler, wir telefonieren und sehen uns oft. Die meisten Kontakte laufen über die Kunst. Kunst verbindet.

München ist Sehen und Gesehen werden, Salzburg feiert privater – warum?

Es gibt die offizielle Seite und die verschlossene. Die Szene hat sich zurückgezogen, weil bei den großen Events plötzlich zu viel Interesse da war. Das war abschreckend. Viele amüsieren sich jetzt lieber in ihren Privaträumen.

Wie viele Partys geben Sie?

Ein paar. Es gibt so viele tolle Gastgeber – Fürstin Manni, Frau Flick. Ich bin mit allen befreundet, möchte mich nicht hervorheben. Fakt ist: Bei mir herrscht derzeit volles Haus. Zehn Gäste habe ich im Durchschnitt, und hin und wieder gibt es eben ein Fest.

Können Sie kochen?

Nein. Dass mein Haushalt funktioniert, ist eine Frage der Organisation. Ich selbst habe keine Zeit, mich zu kümmern.

Essen Sie in Salzburg ständig Mozartkugeln?

Im Gegenteil - die sind grauenhaft. Ich habe keinen sentimentalen Bezug zu Salzburg. Für mich reduziert sich die Stadt auf den Kunstbereich. Ohne die Kunst könnte ich Salzburg nicht lieben.

Trifft man Sie, den Kunstsinnigen, auch mal schlabbrig in Jogginghose?

Ja, natürlich. Jeden Morgen beim Joggen.

Und im iPod läuft Mozart?

Nein, Amy Winehouse.

Interview: Kimberly Hoppe

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