Mit 16 auf einen Wodka ins P1
Gerade hat der In-Club Maxsuite schließen müssen. Aber nicht nur dort werden Jugendliche reingelassen, bekommen Alkohol. Die AZ hat’s ausprobiert – und zog mit der 16-jährigen Schülerin Kathi durchs Nachtleben. Kathi kam problemlos ins P1. Wie’s anderswo lief, was das P1 dazu sagt.
Die Party in der Maxsuite ist vorbei – zu oft wurde gegen den Jugendschutz verstoßen. Doch ist die Maxsuite wirklich der einzige Münchner Club, in den Minderjährige leicht reinkommen und sogar harten Alkohol trinken können?
Die AZ machte den Test – mit der Schülerin Kathi (16).
Einen Ausweis hat sie gar nicht erst dabei – weder echt noch gefälscht. Sie vertraut allein auf ihren Auftritt. Und siehe da: Das reicht. In zwei von sechs Clubs schafft sie es locker, macht sich schnurstracks auf den Weg zur Bar.
Ein Wodka? Kein Problem.
Hier das Party-Protokoll.
P1, 21.25 Uhr:
Kathi will als Erstes in Münchens berühmtesten Club mit der angeblich härtesten Tür. Heute ist es besonders exklusiv. Die Terrasse eröffnet neu, ein paar Promis sind auch da. Kathi freut sich und strahlt die Türsteherin an.
Die sagt: „Ohne Reservierung kommt bis 22 Uhr niemand rein.“ Kathi will nicht warten. Sie geht zu dem anderen Türsteher. Der ist groß, freundlich, kaum bedrohlich. Der Türsteher fragt: „Hast du eine Reservierung?“ Kathi: „Nein.“ „Bist du allein?“ „Ja. Aber meine Freundinnen kommen später.“ „Haben die eine?“ „Weiß ich nicht.“ „Ok, kannst reingehen. Aber psst!“
20 Sekunden Türsteher-Talk und Kathi ist drin. Ohne Ausweis-Kontrolle. Ohne, dass sie irgendjemand nach ihrem Alter gefragt hat. Keine zehn Meter weiter drückt ihr eine Kellnerin schon ein Glas Rosé-Champagner in die Hand. Doch Kathi strebt zur Bar: „Einen Wodka, bitte!“ „Was für einen?“, fragt der Barkeeper. „Wodka Red Bull!“
Schon steht der Wodka vor ihr. „Und noch ein Bier, bitte“, sagte Kathi. Auch das kommt gleich. Wieder hat alles ohne Ausweis geklappt. Auf zum nächsten Club.
Baby!, 22.42 Uhr:
Vor dem Eingang am Maximiliansplatz hängt eine dicke Kordel. „Geschlossene Gesellschaft“, erklärt die Türsteherin. Zwei Mädchen, die neben Kathi stehen, wollen auch rein. Ihr Vater stehe auf der Gästeliste. Das stimmt. Trotzdem will die Türsteherin die Ausweise sehen. Die beiden haben sie dabei. Alles klar. Sie sind alt genug. Die Kordel-Pforte öffnet sich. Nur nicht für Kathi.
Doch sie gibt nicht auf. Zehn Meter weiter will sie jetzt ihr Glück versuchen.
Max & Moritz, 22. 44 Uhr:
Kathi will einfach in den Club gehen, doch der bullige Türsteher gibt sich sofort sperrig: „Warst du schon mal drin?“ „Nein.“ „Hast du deinen Ausweis dabei?“
Kathi nestelt an ihrer Hose, tastet die Taschen ab und spielt überrascht. „Nein, hab’ ich vergessen, sorry.“ „Deinen Reisepass oder deinen Führerschein?“, fragt der Türsteher weiter. „Nein.“ Der Türsteher bleibt hart, aber freundlich: „Dann tut’s mir leid. Wenn die Polizei plötzlich kontrolliert, droht uns eine Geldstrafe.“
Neben Kathi stampft ein Mädchen frustriert auf den Boden: „Oh, Mann, das ist doch scheiße.“ Auch sie kommt nicht rein. Obwohl sie schon 19 Jahre alt ist. Nach dem Sport haben sie ihre Freunde auf der Straße getroffen, sie spontan eingeladen, mit ihr die letzte Physik-Klausur zu feiern. Doch ohne Ausweis glaubt der Türsteher der knapp 1,60 Meter großen Frau nicht, dass sie über 18 ist.
Pacha, 22.50 Uhr:
Der Türsteher fragt sofort: „Hast du deinen Ausweis dabei?“ Kathi schüttelt den Kopf. „Ohne Ausweis läuft nix.“ Ende der Diskussion, weiter geht’s.
Milchbar, 23.04 Uhr:
Kathi begrüßt den Türsteher, der mit Daumen und Zeigefinger einen Auisweis formt: „Haste den dabei?“, fragt er. Kathi sagt, dass sie ihn leider vergessen hat, aber schon 18 sei.
Der Türsteher mustert sie und sagt: „Du siehst echt toll aus, aber ich kann dich ohne Ausweis nicht reinlassen. Fahr doch schnell heim und hol ihn.“
Kathi geht lieber zum Nachbar-Club.
Cord, 23.16 Uhr:
Die Tür schwingt auf, als Kathi vor dem Club auftaucht. Der Türsteher grüßt, schaut sie kurz an und winkt sie vorbei. Drinnen an der Kasse zahlt Kathi vier Euro Eintritt und steigt die Stufen hinauf.
Sie steuert auf die Bar zu und bestellt sich einen Wodka-Bull. Eine Minute später hat sie ihn in der Hand. Ob im Cord, oder im P1 – so leicht können es Minderjährige in die coolsten Clubs von München schaffen. Normaler Nachtleben-Alltag?
Radoslav Pavlov, Geschäftsführer vom P1, bestreitet das vehement und sagt zur AZ: „Ich halte das mit dem 16-jährigen Mädchen für einen Einzelfall. Wahrscheinlich sah sie älter aus. Die Türpolitik bei uns sagt klar, dass wir keine Unter-18-Jährigen reinlassen. An der Bar wird bei uns nicht mehr kontrolliert, weil die Barkeeper davon ausgehen, dass keine Minderjährigen drinnen sind.“
Felix Rettberg