Mickey Rourke: Fünfzehn Jahre im Loch

Vom Star zum Verlierer – und wieder zurück: Mickey Rourke spricht im AZ-Interview über sein Comeback als „The Wrestler“.
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Dieser Film ist auch seine private Geschichte von Ruhm, Absturz und Wiederaufstieg – mit aller Tragik: Mickey Rourke vor dem „Wrestler“-Filmplakat.
dpa Dieser Film ist auch seine private Geschichte von Ruhm, Absturz und Wiederaufstieg – mit aller Tragik: Mickey Rourke vor dem „Wrestler“-Filmplakat.

Vom Star zum Verlierer – und wieder zurück: Mickey Rourke spricht im AZ-Interview über sein Comeback als „The Wrestler“.

Von ganz unten schaffte er es wieder nach ganz oben: Mickey Rourke, Star von Filmen wie „9 1/2 Wochen“, stürzte in den 90er Jahren ab, Produzenten und Regisseure wollten mit dem „bad boy“ nichts mehr zu tun haben, auch privat lief alles schief. Nun feiert Rourke das Comeback des Jahres in „The „Wrestler“ (siehe Kritik, Seite 19), als abgewrackter Typ, der wieder in den Ring will, koste es, was es wolle. Parallelen zu Rourkes Auf- und Abstieg sind wohl nicht zufällig. Auch wenn es mit dem Oscar nicht geklappt hat, einen Golden Globe für den besten Darsteller und ein Independent Spirit Award sollten ihn aber mehr als trösten.

AZ: Mister Rourke, Sie müssen doch jetzt richtig glücklich sein.

MICKEY ROURKE: Der Erfolg tut gut. Ich war so lange nicht mehr im Geschäft, da bin ich schon heilfroh, dass ich überhaupt wieder arbeiten kann, nach 15 Jahren in einem tiefen Loch war das die größte Belohnung für mich. Ich dachte wirklich, die Party sei vorbei, und jetzt geht sie weiter. Der Weg zurück ins Rampenlicht war schwierig. Ich habe einen hohen Preis bezahlt. Nicht jeder kriegt eine zweite Chance.

Was würden Sie im Rückblick auf Ihre Karriere anders machen?

Alles! Ich habe sämtliche Regeln missachtet und mich wie ein verantwortungsloses Kind benommen, Begriffe wie Respekt und Ehre mit Füßen getreten, den Leuten Angst eingejagt. Je mehr Angst und Abscheu sie zeigten, um so mehr habe ich noch eins draufgelegt, um sie zu provozieren. Dabei hatte ich schwer gearbeitet, um ein guter Schauspieler zu sein. Wenn ich daran denke, wie ich dann alles weggeworfen habe, möchte ich mich in ein Mauseloch verkriechen. Diese Schmach!

Was war das Schlimmste?

Ein Star von gestern zu sein. In meiner Selbstzerstörung habe ich alles verloren, meine Karriere, meine Frau, mein Haus, jegliche Anerkennung. Ich musste meine Motorrad-Sammlung verkaufen, um Bargeld zu bekommen. Niemand wollte mich mehr engagieren, niemand konnte es noch mit mir aushalten, niemand vertraute mir. Ich war raus aus dem Spiel. Wahrscheinlich habe ich das auch verdient. Meine Großmutter meinte immer, der liebe Gott habe einen Plan für jeden. Vielleicht hätte ich seinen Plan annehmen sollen – statt meinen eigenen so radikal zu verfolgen. Die 90er Jahren waren nur die Hölle, tiefer konnte ich nicht fallen. Jeder hat sein Kreuz zu tragen.

Da musste Ihnen die Rolle des verzweifelten Wrestlers Randy auf den Leib geschrieben sein.

Ich kenne diese Einsamkeit, dieses Verlorensein. Leute, die dir den Hintern geküsst haben, als du oben warst, machen plötzlich einen riesen Bogen um dich, schauen durch dich durch. Du bist mutterseelenallein. Im Gegensatz zu Randy hatte ich im Leben die Wahl, er nicht.

Fürchten Sie sich wie Randy vor dem Alter?

Alt zu werden ist absolute Sch…! Die Leute behandeln dich einfach anders, man fühlt sich wahrscheinlich wie ausgestoßen. Ich werde mir ein Rezept überlegen, um noch lange fit zu bleiben – und ich bin sicher, auf eine ganz besondere Art und Weise zu altern.

Was nutzten Ihnen Ihre Box-Erfahrungen im Film?

Die konnte ich einmotten. Ich habe auf diese Catcher runtergeschaut, für mich halbgare Typen, die keinen richtigen Sport betreiben. Diese Meinung musste ich mir schnell abschminken. Wenn dich in der Wrestler-Schule ein Muskelpaket auf die Matte wirft, spürst du jeden Knochen. Ein verdammt harter Sport, jede Faser des Körpers schmerzt. Die erste Zeit der Dreharbeiten winselte ich ständig beim Arzt herum, der mich aufpäppeln musste. Für die Rolle habe ich 25 Kilo zugenommen, das Gewicht drückte auf Rücken und Knie, ich habe gelitten wie ein Tier. Aber am Ende machte mir die Sache sogar Spaß.

Gibt es nun reichlich neue Rollen-Angebote?

Ich bin happy, es läuft wieder rund. Für Géla Babluanis Remake von „13 Tsameti“ stand ich vor der Kamera, demnächst beginnen die Dreharbeiten für Jon Favreaus „Iron Man 2“. Es geht mir nicht um die Bezahlung, sondern mehr um den Regisseur und das Thema. Ich habe meinen Frieden mit Hollywood geschlossen, bin zwar nicht vom Saulus zum Paulus geworden, renne aber auch nicht mehr mit dem Kopf voll gegen die Wand.

Margret Köhler

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