Michaela May: "Meine toten Geschwister sind ein Teil von mir"
Wenige Wochen vor ihrem 70. Geburtstag am 18. März beschenkt TV-Star Michaela May ("Kir Royal", "Münchner Geschichten") ihre Fans mit ihrer ersten Autobiografie "Hinter dem Lächeln" (Piper Verlag, 288 Seiten), die am Donnerstag erscheint. Doch in dem Buch geht es nicht nur um ihr Leben auf der Sonnenseite als eine der beliebtesten Schauspielerinnen des Landes.
Familiengeheimnis von Michaela May: Brüder und Schwester nahmen sich das Leben
Die Münchnerin öffnet auch ihre Seele - und enthüllt ihr trauriges Familiengeheimnis. Alle drei Geschwister haben sich das Leben genommen: ihr ältester Bruder Hans (†34) 1977, ihr Bruder Karl (†28) 1974 und ihre jüngere Schwester Gundi (†22) 1980. Ein AZ-Gespräch über Mays schreckliche Tiefpunkte - und ihre große Lust zu leben.
AZ: Liebe Frau May, ist das Buch für Sie die Therapie gewesen, die sie all die Jahrzehnte nicht hatten?
MICHAELA MAY: Ich habe keine Therapie gesucht und auch nicht gebraucht. Während Corona kam aber der Zeitpunkt, wo ich meine Vergangenheit anschauen wollte. Dann folgte die Anfrage mit der Autobiografie. Ich wollte den Menschen etwas erzählen, was sie noch nicht kannten. Ich bin nicht nur die starke, anpackende, strahlende, lächelnde, fröhliche Frau - ich hatte auch meine zerbrechlichen Momente, wo ich nicht wusste, ob und wie das Leben weitergeht.

Michaela May hatte keine Angst vor Depressionen
"Alle drei haben sich umgebracht. Doch ich ging im Schnee spazieren und entschied mich gegen den Tod und für das Leben", schreiben Sie nach dem Suizid Ihrer Schwester. Hatten Sie je Angst, dass auch Sie unter Depression leiden könnten?
Freunde fragten mich nach dem dritten Selbstmord, als nur noch ich von uns Kindern übrig war: Du machst das jetzt aber nicht, oder? Nein, antwortete ich, wie kommt ihr darauf? Im Gegenteil: Ich wollte das Leben umso mehr ausnutzen, weil ich so gerne lebe. Bei mir ist das Glas stets halbvoll, auch wenn das abgeschmackt klingt. Ich wollte reisen, Sprachen lernen, hab mich in die Arbeit gestürzt, was alles geholfen hat. Die Neugierde und Lust aufs Leben, das um einen herum weiterwuselt und nicht tot ist, war bei mir noch größer.
"Das Leben geht rauf und runter. Aber: Das Leben ist schön"
Mit Ihrer Mutter haben Sie bis zu ihrem Tod 2019 nicht über die drei Suizide gesprochen - war das richtig?
Ja, ich finde schon. Was hätte es gebracht, Wunden ständig wieder aufzureißen? Ich war für sie - vor allem nach dem Tod meines Vaters - die letzte Säule. Ich habe meine Mutter über alles geliebt und oft besucht - und wollte ihr Frohsinn, Leben und Freude bringen. Nicht Tragik, Tod und Traurigkeit.
Ihre Mutter glaubte an ein Leben nach dem Tod, dass sie ihre Kinder dann wieder trifft. Glauben Sie das auch?
Nein, leider, was es nur noch schwieriger macht. Deshalb war mir bei jedem Suizid klar, dass es das jetzt war. Ich glaube, dass gute Schwingungen bleiben. Das möchte ich meinen Kindern und Enkeln weitergeben. Ich glaube, dass meine drei toten Geschwister ein Teil von mir sind, meine Eltern sicherlich auch.
Sie sagen, Depression und Suizid seien noch Tabuthemen.
Ja, dabei betrifft es leider so viele Menschen. Auch wenn es gar nicht einfach ist: Bis wohin ist man gesund? Ab wann depressiv? Jeder hat seinen Rucksack zu tragen, manche haben mehr Gepäck. Deshalb ist es mir wichtig, mit meinem Buch Hilfe zu leisten. Es muss noch offener über diese Themen gesprochen werden.
Hilfe bei Depressionen: Michaela May rät Angehörigen zu wichtigem Tipp
Was hilft, wenn ein geliebter Mensch depressiv ist?
Zu sagen: Hey, lass uns verreisen, das wird dir guttun, oder dies und jenes machen - bringt nix. Da fühlt sich der Schwache noch schwächer, wird sagen oder denken: Ja, dir geht es gut, du kannst das alles machen. Was mir Experten rieten: Dem Kranken kleine Aufgaben geben - und aufzeigen, dass es Menschen gibt, denen es noch schlechter geht. Beispielsweise vorschlagen, dass man im Altenheim mit den Bewohnern spazieren gehen könnte oder den Kranken in eine Sozialeinrichtung einbinden. Miteinander zu reden, ist immer wichtig. Und professionelle Hilfe, wenn es der Kranke zulässt.
Was ist Ihr Tipp für alle, die nach Niederschlägen in einem Tief stecken?
Nicht in Selbstmitleid zerfallen, Freude wieder zulassen. Das Leben geht rauf und runter, aber: Das Leben ist schön.
Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie bei der Telefonseelsorge: 0800-111 0 111 und 0800-111 0 222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist kostenlos.
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