Michaela May: "Ich bin meinen Kindern manchmal peinlich"
Köln - In "Unterwegs mit Elsa" (am Freitag, 7. März um 20:15 Uhr im Ersten) spielt Michaela May (61) eine Witwe, der nach dem Tod ihres Mannes nichts als haufenweise Schulden und eine baufällige Villa in Kroatien bleibt. Kurzerhand macht sie sich zusammen mit ihrer Tochter und ihrer jungen Enkelin auf den Weg ins ehemalige Jugoslawien. Doch auf der Reise gilt es nicht nur, Pannen und Widrigkeiten zu überwinden - die drei gegensätzlichen Frauen lernen sich auch nochmal auf ganz neue Weise kennen. Was May von ihren eigenen Töchtern unterscheidet, erzählt sie im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.
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Elsa ist nach dem Tod ihres Mannes plötzlich pleite. Wie wichtig ist es Ihnen, sich Ihre Selbstständigkeit zu bewahren und eigenes Geld zu haben?
Michaela May: Sehr. Ich finde es wichtig, sich finanzielle Unabhängigkeit und einen eigenen Beruf zu bewahren. Ansonsten kann es passieren, dass man eines Tages vor dem Nichts steht und in ein tiefes Loch fällt. Nach meiner Trennung habe ich sehr viel Post von Frauen bekommen, die gesagt haben: "Ich würde es auch gerne so machen, aber ich kann das nicht. Ich habe alles für meinen Mann aufgegeben und die Kinder erzogen." Ich glaube, dass es trotz Kindererziehung und Familie ganz wichtig ist, dass man seinen eigenen Interessen nachgeht und seine Berufsausbildung oder das Studium auch zu Ende bringt und nicht alles aufgibt. In meiner Generation haben das leider viele gemacht. Die heutige Generation ist da schon viel weiter.
Im Film unterscheiden sich Mütter und Töchter enorm voneinander. Geht es Ihnen mit Ihren Töchtern ähnlich?
May: Es ist ja oft so, dass so etwas bei der nächsten Generation umkippt. Da treten dann wieder der Ehrgeiz, das Verantwortungsbewusstsein und der berufliche Fortschritt in den Vordergrund. Der Freiheitsgedanke tritt in den Hintergrund. Ich stelle das auch bei meinen Kindern fest. Nach dem Abitur musste ich sie fast dazu überreden, dass sie nicht gleich studieren und erstmal ein Gapyear einlegen. Die machten sich gleich Sorgen um den Studienplatz und den Arbeitsplatz und all das. Diese Zukunftsangst ist in der Generation meiner Kinder viel stärker als sie bei uns war. Uns ging es darum, mit alten Traditionen und Strukturen zu brechen. Es ging um neue Musik und die sexuelle Freiheit. Dieses Extrem gegenüber allem, was vorher war, hat unserer Generation eine gewisse Freiheit gegeben.
Ist diese Einstellung nicht auch interessant für die jüngere Generation?
May: Meinen Töchtern ist das eher peinlich. Ich bin ihnen peinlich in der Art, wie ich manchmal vorpresche. Bei meinen Eltern war mir eher die Spießigkeit peinlich. Interessant wäre es zu sehen, wie es ist, wenn ich mal Enkel habe. Noch habe ich ja keine.
Im Film hat die Jüngste oft den klaren Blick auf die Dinge. Kann man von der Jugend lernen?
May: Auf jeden Fall. Ich glaube, dass es immer wichtig ist, auf die Jugend zu hören, in jeder Altersstufe. Ich sehe das an meiner 92-jährigen Mutter. Die ist noch absolut fit im Kopf und immer offen für Neues. Ihre Freunde von früher sind zwar schon gestorben, aber sie sucht sich immer wieder neue und auch jüngere Freunde. Ich glaube, neugierig zu bleiben ist eines der wichtigsten Dinge beim Älterwerden. Sich nicht im Vergangenen zu vergraben, sondern nach vorne zu schauen.
Ist Ihnen Ihre Mutter da ein Vorbild?
May: Meine Mutter ist für mich ein Riesenvorbild. Die Gegenwart wahrzunehmen, finde ich wichtig. Viele Menschen in dem Altenstift, in dem meine Mutter lebt, klammern sich an ihre Vergangenheit. Für die Zukunft zu leben ist auch schwierig, weil sie stets ungewiss bleibt. Für mich ist der Augenblick wichtig, das Umfeld wahrzunehmen und die Augen, die Ohren und das Herz offenzuhalten.
Zum Thema Reisen: Viele nutzen das ja als esoterische Sinnsuche. Kann eine Reise auf der Suche nach Sinn und nach sich selbst helfen?
May: Ich weiß nicht, ob man sich buchstäblich auf die Reise machen muss. Ich glaube, man muss eine Tagesbilanz ziehen. Nicht die großen Schritte, sondern die kleinen Schritte führen einen ans Ziel. Wichtig ist es schon einmal, Ziele zu haben. Und je konkreter man sein Ziel formuliert, desto eher erreicht man es. Aber die Reise ist ja eigentlich das Leben. Das Reiseziel kann man sich selbst gestalten. Das kann dann esoterisch sein, wenn man möchte. Für mich ist das nicht wichtig. Ich habe keine bestimmte Religion. Ich bin zwar schon ein religiöser Mensch, fühle mich aber keiner speziellen Konfession zugehörig.
Könnten Sie sich eine Familienreise wie im Film mit ihren Kindern vorstellen?
May: Das sind drei Menschen auf engem Raum und mit demselben Ziel, das sie aneinander bindet. Das zwingt einen, sich miteinander zu beschäftigen, man kann sich nicht aus dem Weg gehen. Ich versuche auch mit meinen Kindern, einmal im Jahr für drei oder vier Tage in ein Hotel zu gehen und es uns gut gehen lassen. Mein Traum wäre es, mit den beiden mal in die Wüste zu fahren, das hat bisher noch nicht geklappt. Aber für ein paar Tage mit ihnen zusammenzusein, um zu sehen, wo sie gerade stehen, das nehme ich mir schon raus. Sie leben ja beide in London. Klar telefoniert man miteinander, aber das ist einfach etwas anderes.
Und wo stehen Ihre Töchter?
May: Eine arbeitet in einem Auktionshaus, die andere hat Management und Public Relations studiert und hat daran noch ein Schauspielstudium angeschlossen. Ich konnte es nicht verhindern. (lacht) Sie spielt in London Theater und möchte auch gerne in Deutschland arbeiten.
Sie klingen darüber nicht so begeistert?
May: Nein, ich kann es ihr natürlich sehr empfehlen, weil ich meinen Beruf ja auch sehr liebe, aber es gehört natürlich viel Glück dazu. Ich sehe so viele junge, begabte Schauspieler, die einfach nicht die Rollen kriegen, die sie gerne hätten oder könnten. In den Medien wirkt dieser Markt scheinbar wie eine Traumwelt, und deswegen ist er total überlaufen. Es gibt zu viele Schauspieler für das kleine Land.
Wie gut gelingt Ihnen das Loslassen bei ihren Kindern?
May: Wir sind da seit der Geburt meiner Kinder sehr trainiert. Ich habe ja nie mit dem Schauspielen aufgehört. In den ersten sieben Jahren habe ich möglichst in und um München gearbeitet. Als dann meine zweite Tochter kam, habe ich mich auch mal von München entfernt und war dann unter der Woche weg. Ich habe die Kinder nie mitgenommen zum Dreh, sondern habe sie immer in ihrem Umfeld gelassen. So haben meine Kinder relativ bald gelernt, sich von mir zu trennen - und ich mich von ihnen.
Fiel Ihnen das schwer?
May: Anfangs waren diese Trennungsphasen und dieses Loslassen nicht so leicht. Es fiel mir vor allem schwer, das Ganze jemand anderem zu überlassen. Ich war teilweise sehr perfektionistisch und hatte von allem immer sehr genaue Vorstellungen - von der Organisation eines Kindergeburtstages bis hin zum Essen der Kinder. Da haben mich meine Kinder ein bisschen erzogen, die Dinge einfach zu tolerieren und loszulassen, auch wenn es nicht immer meinen Vorstellungen entsprochen hat.
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