Michael Lesch: „Diese verdammte Political Correctness“
Er gehört zu einen der profiliertesten Schauspieler Deutschlands, am Dienstag startet in der ARD die neue Staffel „Tierärztin Dr. Mertens“, in der Michael Lesch zu sehen ist. Im Interview spricht der 52-Jährige über Furcht vor Spinnen und seinen Kampf gegen den Krebs.
AZ: Diese Frage muss zu Beginn sein: Welches Verhältnis haben Sie zu Tieren?
MICHAEL LESCH: Ein sehr enges. Sonst könnte ich nicht so viele Serien drehen, in denen Tiere eine große Rolle spielen. Mit einer Art allerdings komme ich nicht zurecht: Mit Schlangen und Skorpionen.
Als US-Präsident Obama während eines TV-Interviews eine Fliege killte, stand halb Amerika auf den Barrikaden...
Diese verdammte Political Correctness! Wenn wir schon so weit kommen, dass man nicht mal eine Fliege klatschen kann, hört es für mich auf.
Sind die Deutschen mehr tier- als kinderlieb?
Ja, ich habe den Eindruck.
Wo fängt übertriebene Tierliebe an?
Wenn man Tiere mit Diamanten behängt, wie es beispielsweise Paris Hilton und diese ganzen Unpersonen des öffentlichen Lebens machen. Oder wenn man den Liebling nur mit dem teuersten, beim Metzger gekauften Leberschinken versorgt, sage ich: Es geht auch eine Nummer kleiner.
Sie werden in jedem Interview auf Ihre damalige Krebserkrankung angesprochen...
Das ist richtig.
Haben Sie viel Kritik geerntet für Ihren sehr offensiven Umgang mit dem Thema?
Gerade aus Kollegenkreisen. Mir wurde Selbstdarstellung unterstellt. Dabei wäre ein Outing, wie es Barbara Rudnik gemacht hat, ohne meine Vorarbeit vor zehn Jahren gar nicht möglich gewesen.
Der Vorwurf der Selbstdarstellung trifft Sie also nicht?
Nein. Ich habe keine Selbstdarstellung betrieben. Als der Krebs ausbrach, war ich auf dem Höhepunkt meiner Karriere. Ich war der erfolgreichste „Fahnder“, die Angebote hagelten auf mich ein, das Interesse war groß – sollte ich da jeden Tag eine Pressekonferenz einberufen?
Sie gingen stattdessen in Talkshows.
Ich habe einfach nur versucht, meine Situation so darzustellen wie sie war. Ich sagte mir: Leugnen und Verstecken hilft Dir überhaupt nicht. Irgendwann schießt dich eh jemand ab. Konzentriere lieber deine Kräfte darauf, gesund zu werden. Und mache den Menschen deutlich, dass sie vielleicht eine Möglichkeit haben, den Krebs zu besiegen.
Ihnen ist es gelungen.
Ich habe Glück gehabt – mit vielen Einschlägen, die nahe dem Tod waren. Aber ich habe es überleben können.
Sie plädieren für die passive Sterbehilfe. Welche Resonanz erfahren Sie?
Nach einer Talkshow erfuhr ich anschließend im Internet 99 Prozent Zustimmung. Natürlich kollidiert meine Position mit gewissen christlichen, katholischen Gedanken – weil nur der liebe Gott das Recht hat, jemanden abzuberufen. Egal, wie elend es ihm geht. Ich glaube aber nicht an die Existenz von Gott.
Das heißt?
Dass jeder Mensch ein Selbstbestimmungsrecht hat. Wenn er weiß, dass er unrettbar krank ist und ein Martyrium von Schmerzen vor sich hat, sollte er das Recht auf passive Sterbehilfe haben. Indem er sagt: Stelle mir den Schlaftrunk hin. Denn du hast die Möglichkeit, mir einen würdevollen Tod zu ermöglichen.
Das ist in Deutschland offiziell nicht möglich.
Da ist sie ja wieder, die Doppelmoral in unserer Gesellschaft. Es gibt viele, viele Ärzte, die das genau so sehen wie ich. Die das aber auf Grund rechtlicher Voraussetzungen nur stillschweigend tun können. Ärzte riskieren ihren Beruf, wenn sie Menschen in diesen Situationen helfen.
Sie sind ein sehr politischer Mensch. Was stört Sie in Deutschland am meisten?
Dass die Selbstbestimmung des Menschen immer mehr in den Hintergrund gedrängt wird. Es gibt Gesetze, noch mehr Gesetze, noch mehr Gesetze. Der Mensch wird überwacht und entmündigt. Er wird zum Spielball staatlicher Gewalt. Wenn man sich die präventiven Überwachungsmethoden anschaut, hat das die Ausmaße eines totalitären Regimes. Eine ganz bedrohliche Entwicklung.
Angst vor Arbeitslosigkeit?
Wenn Sie die namhaften Kollegen mal so fragen, wie sich die Fernsehlandschaft in den letzten Jahren entwickelt hat, dann sind sicher einige dabei, die diese Ängste haben – und haben müssen.
Und was ist mit Ihnen?
Ich habe immer gut gewirtschaftet und etwas für schlechte Zeiten zurückgelegt. Ich muss nicht jeden Mist drehen.
Interview: Jürgen Beier