Matthias Steiner: "Schau, der Gewichtheber kann auch singen!"

Im AZ-Interview spricht Matthias Steiner über sein erstes Album und sein Debüt als Sänger: "Es macht mir Spaß, Leute zu unterhalten – sinnvoll, mit Tiefgang und Mehrwert".
Thomas Becker |
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Vom Profisportler zum Entertainer: Ex-Gewichtheber Matthias Steiner, der jetzt sein erstes Album "Zurückgeliebt" veröffentlicht.
ho Vom Profisportler zum Entertainer: Ex-Gewichtheber Matthias Steiner, der jetzt sein erstes Album "Zurückgeliebt" veröffentlicht.

Der 34-jährige gebürtige Wiener Matthias Steiner gewann 2008 Olympiagold im Gewichtheben. 2013 trat er zurück. Er hat mit der AZ gesprochen.

AZ: Herr Steiner, angenommen, jemand erkennt Sie beim Party-Smalltalk nicht. Was antworten Sie auf die Frage: "Und was machst du so?"
MATTHIAS STEINER: Dass mich jemand nicht kennt, kommt mittlerweile seltener vor. Weil mich die Leute kennen, fragen sie: "Was machen Sie denn jetzt, Herr Steiner?" Sie wissen, dass ich Olympiasieger war, dass ich ein Buch geschrieben habe. Ich bin – um es blumig auszudrücken – freischaffender Künstler, selbstständig auf dem Unterhaltungsgebiet.

Ihre Website heißt steinertainment.com, die Liste Ihrer Show-Auftritte ist ohne Scrollen nicht überschaubar.
Unterm Strich ist das gar nicht so viel, wie man denkt. Ich war Leistungssportler – das ist vorbei. Ich habe mal getanzt – aber nur für drei Monate, für eine Show. Dann habe ich mit meiner Frau zwei Ratgeber-Bücher über den Weg zum Wohlfühlgewicht geschrieben ("Das Steiner Prinzip"), das erste ist ein Bestseller, also muss es gut sein. Dazu habe ich knapp 50 Lesungen gehalten und ein kleines Unterhaltungsprogramm daraus gemacht. Es macht mir Spaß, Leute zu unterhalten, sinnvoll, mit Tiefgang und Mehrwert. Nebenher bin ich als Diabetiker Motivator, Vorbild und Ansprechpartner. Da geht viel Zeit drauf.

Jetzt noch Musik. . .
Das ist in den letzten zweieinhalb Jahren entstanden. 2013 war ich bei "Inas Nacht" und habe "Du, entschuldige I kenn di" von Peter Cornelius mit ihr gesungen. Die Reaktion des Publikums war sehr nett: "Schau, der Gewichtheber kann auch singen!" Daraufhin hat mich der ORF in eine Sendung eingeladen – und dann saß der Peter Cornelius plötzlich da. Wir haben zusammen gesungen: schon mein zweiter Gesangsauftritt! Kurz darauf war ich bei Florian Silbereisen und habe "Leise rieselt der Schnee" gesungen und mit ihm ein Ziehharmonika-Duett gespielt.

Instrumente spielen können Sie auch noch?
Als Kind habe ich Ziehharmonika und Klavier gelernt. Nach der Silbereisen-Show kam Fanpost – und das nicht zu knapp. Ein Musikproduzent sprach mich an: "Komm, wir probieren mal was!" Aber was? Englisch? Deutsch? Dialekt? Übriggeblieben ist: wenig Dialekt, eher Richtung Hochdeutsch. Im Abstand von ein paar Monaten haben wir Lieder aufgenommen.

Was ist das für eine Musik?
Keine Ballermann-Musik! Da ist schon eine gewisse Ernsthaftigkeit dahinter. Es ist vor allem Musik, die mir gefällt. Handgemachte Musik, ohne Synthesizer. Deutschsprachige Musik.

Schlager?
Unter Schlager verstehen wir heute immer noch den volkstümlichen Schlager – aber den gibt’s ja gar nicht mehr. Wenn man sich Florian Silbereisen oder Helene Fischer anschaut: Da ist ja eine ganze Bandbreite von Musik zu hören, von blumig bis Tiefgang.

Und auf dem Album?
Es sind Balladen zu hören, es geht in Richtung Pop. Ich habe selbst dafür gesorgt, dass auch E-Gitarren vorkommen. Es ist deswegen kein Hardrock, hat aber rockige Elemente.

Welche Musik hören Sie sonst so?
Ich höre viel! Meine erste CD war Guns n’ Roses, meine erste Kassette von Queen. Mein Vater ist Jahrgang ‘39, von daher habe ich alle 50er- und 60er-Jahre-Schlager mitbekommen. Meine Mutter hat viel Beatles und Abba gehört. Ich bin also sehr breit aufgestellt.

Was geht gar nicht?
Techno.

Hatten Sie als Gewichtheber Musik auf den Ohren?
Im Training lief immer Radio. Zuhause hab’ ich mich öfter ans Klavier gesetzt, weil mir das guttat. Im Wettkampf habe ich das aber gemieden. Ich wollte die Atmosphäre spüren, die Hantel scheppern hören, das Publikum. Da hätte mich Musik gestört. Bei Olympia 2008 in Peking war "So soll es sein, so soll es bleiben" von Ich & Ich der Nr.1-Hit. Das habe ich im Zimmer auf dem Laptop dreimal gehört – und bin dann los zum Wettkampf. Das war immer mein letzter Pusher. Dem Adel Tawil hab ich das später mal erzählt, da war er ganz happy und hat mich zum Konzert eingeladen.

Einer Ihrer eher eindringlichen Songs heißt "Sollte mir mal was passieren". Wie stark autobiographisch ist das? Ihre erste Frau ist ja in einem Verkehrsunfall gestorben.
Das ganze Album ist autobiografisch. Natürlich denkt man, wenn einem einmal so etwas Schlimmes widerfahren ist, darüber nach, was ist, wenn einem selbst mal was passieren sollte. Gerade der titelgebende Song "Zurückgeliebt" wiederum ist eine versteckte Liebeserklärung an meine zweite Frau. Ich komme nicht jeden Tag mit einem Strauß Blumen nach Hause und bin auch nicht der große Romantiker. "Zurückgeliebt" war eine Möglichkeit, danke zu sagen, weil es einfach stimmt. Sie hat das Lachen wieder in mein Leben zurückgebracht! In jedem zweiten Lied kommt Liebe vor, aber das Wort zurückgeliebt ist mir bis jetzt noch nie untergekommen. Das hat irgendwas Magisches.

Wie sieht’s mit Sport aus? Wie trainiert der ehemals stärkste Mann der Welt?
Ich bin ein ganz normaler Hobbysportler. Ich habe genug Sport in meinem Leben getrieben und will auch noch andere Dinge machen. Sport gehört noch zu meinem Leben, aber er beherrscht es nicht mehr. Ich spiele mit meiner Frau viel Tischtennis, setze mich aufs Rennrad, tue ab und zu auch Gewichtheben.

Haben Sie nach jahrzehntelangem Eiweißbunkern noch Lust auf Steak?
Steaks habe ich selten gegessen, hat mir nicht so geschmeckt. Ich bin eher so der Wiener-Schnitzel-Typ. Oder Beuschel.

Was ist das denn?
Kleingehackte Lunge in Rahm: köstlich! Oder Leber oder andere Innereien. Nicht das Gesündeste, aber ab und zu genieße ich das.

Die Ernährungsumstellung nach der Karriere muss doch krass gewesen sein.
Wenn du 8.000 Kalorien am Tag gebraucht hast, musst du etwas anders machen, wenn du nicht mehr trainierst. Aber das sind Kleinigkeiten, die man verändern muss.

Gewichtheben, Bücher schreiben, tanzen, singen – was ist Ihr nächstes Projekt?
Es soll jetzt so schnell nichts Neues kommen. Mir macht die Musik gerade so viel Spaß, und ich hoffe, dass das jetzt auch angenommen wird. Es sollte nach Möglichkeit nicht die letzte Platte sein.

Können Sie sich vorstellen, damit auf Tour zu gehen?
Am 14. April wird das Album veröffentlicht. Wir werden sehen, was dann passiert. Eine Tour? Ja, das wäre schon ein Traum.    

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