Mario Adorf: So verbringe ich Weihnachten

Zu Weihnachten ist Mario Adorf (83) in der ARD zu sehen. Hier spricht er über Märchen, Festtage ohne Brimborium – und sagt, wie er sich seine Bestattung vorstellt.
von  Thomas Gautier
Mario Adorf spielt Gepetto im ARD-Film "Pinocchio". In der AZ spricht er über sein Weihnachten.
Mario Adorf spielt Gepetto im ARD-Film "Pinocchio". In der AZ spricht er über sein Weihnachten. © WDR/Bernd Spauke

An Weihnachten ist Mario Adorf (83) in der ARD zu sehen. Hier spricht er über Märchen, Festtage ohne Brimborium – und sagt, wie er sich seine Bestattung vorstellt.

AZ: Kompliment Herr Adorf, den liebevollen, bescheidenen Puppenschnitzer Geppetto, den Sie zu Weihnachten im ARD-„Pinocchio“ (25. und 26. Dezember jeweils um 16.10 Uhr) spielen, kauft man Ihnen mühelos ab.
MARIO ADORF: Dabei hatte ich große Bedenken, ihn zu spielen, weil er so ein lieber und netter Mensch ist, der dem Pinocchio immer alles verzeiht. Und das ist eigentlich nicht mein Ding, ich spiele lieber den Bösen. Ich bin kein Selbstdarsteller, sondern suche mir lieber Rollencharaktere aus, die mir fremd sind.

Es ist ein Märchen übers Lügen. Wie halten Sie es mit der Wahrheit?
In unserer Welt wird mehr gelogen als die Wahrheit gesagt. Ich mag die gemeine, böse und feige Lüge nicht. Aber ich habe Verständnis für die milde Lüge. Ich bin ein Befürworter der barmherzigen Lüge, die dazu dient, Menschen vor der schmerzhaften Wahrheit zu schützen. Ich würde zum Beispiel niemals einem Kollegen nach einer missglückten Vorstellung sagen, dass er beschissen war.

Was gefällt Ihnen am Genre Märchen?
Ich habe Märchen immer geliebt. Wahrscheinlich weil ich damit ein bisschen was von meiner verpassten Kindheit nachholen kann. Die war nicht sehr romantisch. Ich lebte mit meiner Mutter in der Eifel, es war Krieg, es war oft kalt, und wir hatten nicht immer genug zu essen – nicht sehr märchenhaft. Meine erste Rolle überhaupt war auch eine Märchenrolle, ich war der siebte Zwerg in Schneewittchen. Da war ich vier Jahre alt und habe furchtbar geweint auf der Bühne, weil mein Wattebart abging und mir in Mund und Nase geriet.

Wie verbringen Sie jetzt die Feiertage?

Wir werden ein paar Freunde zum Essen nach Hause einladen. Ohne das ganze Weihnachtsbrimborium. Es gibt keinen Baum, keine Lieder und keine richtige Bescherung.

Nicht sehr romantisch.
Ich kenne das nicht anders. In meiner Kindheit gab es keine Weihnachtstradition, weil wir uns das nicht leisten konnten und auch keine intakte Großfamilie waren. Und deswegen habe ich auch später nie ein Verlangen danach verspürt. Mit einer größeren Familie mit mehr Kindern wäre das sicher anders gewesen.

Warum haben Sie nicht mehr Kinder?
Monique und ich hätten gern ein Kind gehabt. Aber das hat damals eben nicht funktioniert, und wir haben uns damit abgefunden. Das ermöglichte uns ein egoistisches, sorgenloses Leben. Wir haben es uns, so gesehen, leicht gemacht.

Was wäre denn ein typisches Adorf-Gen, das Sie Kindern vererben würden?
Wahrscheinlich, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Ich habe zwar ein Selbstbewusstsein und weiß, wo ich stehe und was ich gemacht habe, aber man muss sich nicht selbst überhöhen. Immer schön auf dem Teppich bleiben. Ich kannte Kollegen, die wären nie U-Bahn gefahren, oder mit Einkaufstüten über die Straße gegangen. Ich brauche auch keinen dicken Mercedes. Natürlich lasse ich mich heute gerne mit einer Limousine am Flughafen abholen, aber wenn keine da ist, wie letztens in Hamburg, und ich kein Taxi bekomme, dann fahre ich halt mit der S-Bahn in die Stadt. Obgleich ich beladen war wie ein Packesel.

Was sagt der Arzt zu solchen Gewaltakten?
Ich war gerade beim Bayern-Doc Müller-Wohlfahrt, er fragte mich, wie ich mich fit halte. Der staunte, als ich ihm sagte, dass ich nicht jogge und keine Turn- oder Kraftübungen machen würde. Ich schwimme gern, so oft es geht. Meine gute Kondition ist kein Verdienst, sondern ich schreibe sie guten Genen zu. Mal schauen, wie lange das noch gutgeht.

Angst vorm Ende?
Nicht vor dem Tod, höchstens vor einem langsamen, qualvollen Sterben. Ich mache mir auch keine Gedanken darüber wie manche, was auf meinem Grabstein stehen soll. Ich würde am liebsten dem Beispiel meiner Mutter folgen. Die wollte kein Grab, sondern dass wir ihre Asche im Meer verstreuen. Sie wollte einfach weg sein. Zwar hart, aber respektabel. Ich habe darüber noch keine Entscheidung getroffen. Auch hat meine Frau da ein Wörtchen mitzureden.

Hören Sie auf Ihre Frau?
Ja, weil sie einen enorm sicheren Instinkt hat. Auf ihr Urteil kann ich mich verlassen. Ein Grund, warum ich diese Frau so liebe.

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