Madonna versohlt euch ordentlich den Hintern

Seit sie Mutter ist, hat Madonna in Sachen Erotik auf Sparflamme geschaltet. Für ihr neues Album «Hard Candy» hat sie das alte SM-Equipment wieder ausgepackt. Doch wer will das noch sehen, fragt Julia Wilczok.
Sie hat die Plattenfirma gewechselt, ist gerade in die Ruhmeshalle für Rockstars aufgenommen worden, präsentierte auf der Berlinale ihr Regie-Debüt «Filth and Wisdom» und arbeitet an einer Dokumentation über Malawi: Madonna hat dieser Tage viele Eisen im Feuer, doch vor allem hat sie eine neues Album gemacht, ihr elftes.
Haselnüsse mit dem Hintern knacken
Statt sich wie früher mit jeder Platte neu zu erfinden, versucht sie jedoch mit «Hard Candy» an alte Tage an zu knüpfen. Gut, wenn man einmal die begehrteste Frau auf dem Planeten war, dürfte es hart sein, sich mit dem Älterwerden zu arrangieren. Doch muss man sich als Mutter von drei Kindern und im Alter von fast 50 Jahren nochmal in Domina-Montur ablichten lassen und jedem, der es sehen und nicht sehen will, seine primären wie sekundären Geschlechtsorgane entgegen strecken? Madonna muss. Wenigstens um sich selbst zu beweisen, dass sie «alive and kickin'» ist, es also immer noch draufhat wie keine andere, mit pseudo-erotisch bis sado-masochistischen Anzüglichkeiten zu provozieren. Und natürlich auch, dass sie mit ihren strammen Hinterbacken immer noch jede Haselnuss knacken kann. Die übertrieben gewollte Provokation hat jedoch nichts mit dem revolutionären Esprit einer Madonna Anfang 20 gemein, sondern wirkt nur noch wie eine völlig überreizte Masche. Auf den Promobildern von Stephen Klein räkelt Madonna sich wie einst Christina Aguilera zu ihren «Dirrty»-Zeiten - die perfekte Mischung aus Boxen und Bondage. Da hängt sie in den Seilen eines Boxrings wie eine Vogelspinne kurz vor dem Angriff. Alle vier Gliedmaßen von sich gestreckt, Blick frei auf Pussy und Altfrauen-Quetsch-Dekolletée, dazu ein finsterer Dominablick. Geh' nach Hause, mag man ihr sagen, doch Madonna kann sich einfach nicht entspannen. Konnte sie noch nie.
Die Handbandagen werden wieder fester geschnürt
Wir erinnern uns ihr letztes Album «Confessions On A Dance Floor», an Diskobeats, Oberarme aus Stahl und die fatale Vorliebe für pinkfarbenes Spandex. Da hat sie wenig überzeugend die in die Jahre gekommene Aerobic-Tante gegeben. Das damals kreierte Image war irgendwie zu wischiwaschi, da müssen die Handbandagen bei «Hard Candy» fester geschnürt werden. Musikalisch bietet das neue Album laut Plattenfirma 12 Uptempo-Songs mit einem «urban» HipHop-Beat. Das zeitgemäße Tuning übernahmen Hit-Garanten und Erfolgsproduzenten Timbaland, Justin Timberlake, Pharrell Williams und Nate «Danja» Hills. Mit deren Unterstützung in Sachen Erofolg eigentlich gar nichts mehr schief gehen kann, wenn man das hier anmerken darf. Der Plattentitel sei eine Mischung aus hart und zart, erklärt Madonna selbst: «Ich trete euch mächtig in den Hintern, aber das gefällt euch. Und natürlich liebe ich Süßigkeiten.» Letzteres darf stark bezweifelt werden, ist sie doch seit Jahren der makrobiotischen Ernährunsweise (Getreide, Algen, etwas Fisch) und dem Fitness-Wahn verfallen.
Madonna passt nicht nach Las Vegas
Sollte sie nicht eines Tages überraschend in Rente gehen, wird Madonna uns wohl noch mit 60 im kanllengen Catsuit was vorturnen. Was wäre denn auch die Alternative für eine wie sie? Eine, die sexuelle Emanzipation gelebt und gelehrt hat wie keine Zweite, passt einfach nicht in die Schublade mit der Aufschrift «ausrangierte Popstars». Passt nicht zu den Kolleginnen, die im fortgeschrittenen Alter als große Diven in Las Vegas brillieren (etwa Cher, Celine Dion, Barbra Streisand) oder peinliche Auftritte im Reality-TV (siehe Britney Spears) hinlegen. Darum haben wir einen viel besseren Vorschlag: Madonna, ruhe dich nach all den anstrengenden Jahren endlich einmal aus. Iss' vielleicht ein paar Pralinen. Und dann versohl' Guy Richie mal so doll den Arsch, dass er sich neben dir behauptet und endlich wieder gute Filme macht. (nz) «Hard Candy» (Warner) soll am 29. April veröffentlicht werden.