Interview

Luitpold Prinz von Bayern greift Regierung an: "Familienunternehmertum ist in Gefahr"

Der Unternehmer und Wittelsbacher Luitpold Prinz von Bayern über den Wirtschaftsstandort Deutschland, seine Geschäfte in Autokratien und das Geschäft mit dem Bier.
von  Niclas Vaccalluzzo
Links im Hintergrund zu sehen ist der letzte König von Bayern, Ludwig III. – der Urgroßvater von Luitpold Prinz von Bayern (r.).
Links im Hintergrund zu sehen ist der letzte König von Bayern, Ludwig III. – der Urgroßvater von Luitpold Prinz von Bayern (r.). © Rolf Poss/imago

München - Luitpold Prinz von Bayern (Jahrgang 1951) ist ein Urenkel des letzten Königs von Bayern, Ludwigs III. und dessen Frau Königin Marie Therese. Der Wittelsbacher führt seit 1976 die König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg. Der 72-Jährige ist Landesvorsitzender der Bayerischen Familienunternehmer.

Im AZ-Interview spricht Luitpold Prinz von Bayern darüber, wie die Geschäfte laufen, warum es ihn beruflich immer wieder in autokratisch regierte Länder zieht und was ihn an Deutschland derzeit stört.

AZ: Prinz Luitpold, Sie führen ein Familienunternehmen. Wie geht es Ihnen derzeit damit in Deutschland?
Luitpold Prinz von Bayern: Mir geht es gut, aber ich sehe mit Sorge, wie Deutschland international zusehend ins Wanken kommt. Das Familienunternehmertum ist in Gefahr.

Woran liegt das?
An unserer Politik. Was da gerade mit unserem nicht vorhandenen Haushalt passiert, ist schon eine ziemliche Pleite. Fast jeder hat vorausgesagt, dass dieses Verstecken der Gelder in Nebentöpfen verfassungswidrig ist. Jetzt wird auch noch über die Beendigung der Schuldenbremse gesprochen – die ist doch für die Zukunft unserer Kinder da! Unsere Regierung macht ständig Fehler und diese werden dann durch Subventionen gerichtet.

Luitpold Prinz von Bayern: "Die Leute interessiert es als erstes, wie es im Geldbeutel ausschaut"

Was macht Ihnen das Leben als Unternehmer schwer?
Das Hauptthema, das uns in Deutschland belastet, ist eine massive Überbürokratisierung. Das führt dazu, dass Unternehmen einen erheblichen Anteil an Zeit etwa mit dem Ausfüllen von Formularen verbringen. Zudem haben wir zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte und eine viel zu niedrige Lebensarbeitszeit. Vergleicht man die Lebensarbeitszeit mit anderen großen OECD-Ländern, dann haben wir die zweitniedrigste aller Industriestaaten.

Wie lange sollen die Menschen denn arbeiten?
Im Vergleich zu den USA haben wir etwa 20 Prozent weniger Lebensarbeitszeit. Ich glaube nicht, dass wir 20 Prozent produktiver sind. Laut einer Studie des Roman-Herzog-Instituts arbeiten die Deutschen 40.703 Stunden in ihrem Leben – die Schweizer 51.439.

Die Entwicklung geht dennoch in Richtung Reduzierung der Arbeitszeit. Es wird gar von einer Vier-Tage-Woche gesprochen.
Das ist ein Wahnsinn! Irgendjemand muss doch die Zeche zahlen. Man will weniger arbeiten – aber bei vollem Lohnausgleich. Dann wird noch gesagt, wir brauchen Leute aus dem Ausland. Nun gut, wenn sie schon über das Thema Anwerbung von qualifizierten Fachkräften sprechen, dann müsste die Politik auch schauen, dass unsere Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb attraktiv sind.

Was würde Deutschland attraktiver machen?
Die Leute interessiert es als erstes, wie es denn im Geldbeutel ausschaut. In Dubai zahlt man nahezu keine Steuern und bei uns fast 50 Prozent. Zusätzlich müsste man hier dann noch Deutsch lernen, eine Wohnung finden und sich mit Bewerbungen und Visum rumschlagen. Vor diesem Hintergrund ist es eine wahnsinnige Aufgabe, qualifizierte Kräfte aus dem Ausland anzuwerben.

Luitpold Prinz von Bayern fordert: Unternehmenssteuern runter, dafür mehr Technologieoffenheit

Was wäre dann die Alternative?
Wenn wir die nicht kriegen, bleibt nur die Möglichkeit, dass wir es eben selbst richten.

Wie äußert sich die Überbürokratisierung in Ihrem Unternehmen?
Na ja, versuchen Sie doch mal in Starnberg einen Bebauungsplan zu bekommen. Da sagt das Bauamt: Für die nächsten fünf Jahre ausgelastet, dann können Sie wiederkommen. Zum Teil ist das etwas skurril geworden.

Wie würden Sie den Prozess beschleunigen?
Hierzu braucht es Investments in die Digitalisierung, anstatt mit Gewalt den Mitarbeiterstab aufzublähen, wie es unser Wirtschaftsministerium macht. So könnte Deutschland als Wirtschaftsstandort wieder attraktiv werden. Die Politik investiert aber nicht in die Zukunft, sondern versucht mit Haushaltsmitteln alte Dinge abzuarbeiten.

Was muss noch getan werden?
Die Unternehmenssteuern müssen runter – die sind viel zu hoch. Wir brauchen auch etwas mehr Technologieoffenheit. Wenn man sich etwa nur auf eine Art von Energieträgern beschränkt, kommen wir nicht weiter. Auf der ganzen Welt wird geforscht. Da wird es andere Möglichkeiten geben, und da muss man offen sein, und nicht überall Verbote aussprechen. So kommen wir nicht weiter.

Sie sehen also die Beschränkung auf Erneuerbare Energien als falschen Weg an?
Auf jeden Fall! Man kann die ja ausbauen, aber dann muss man die auch genehmigt bekommen. Ich selbst versuche seit zwei Jahren, für einen Solarpark eine Genehmigung zu bekommen. Parallel zu den Erneuerbaren Energien gibt es aber eben auch andere Möglichkeiten wie Wasserstoff oder Energiespeicherung. Das Thema Emissionen kann man über den Emissionshandel sehr viel leichter lösen. Wenn etwas kostet, versucht man einzusparen – das ist besser als zu verbieten.

So hart trifft der Krieg in der Ukraine das Geschäft von Luitpold Prinz von Bayern

Also wieder zurück zur Atomkraft?
Es wird mit Nuklear vorwärtsgehen müssen – wenn man sich da verschließt, verliert Deutschland den Anschluss.

Kommen wir zu etwas Schönerem: Wie läuft das Geschäft mit dem Bier?
Die Bierbranche hat nicht die rosigste Zukunft. Sie ist derzeit in Deutschland gezeichnet durch Überkapazität. Gibt es mal eine Nische, die erfolgversprechend ist, springen alle drauf und nach kürzester Zeit werden die Preise heruntergefahren, so, dass niemand mehr was daran verdient und dann springt man auf den nächsten Zug auf. Auch der Markt verändert sich. Der Verbrauch von alkoholhaltigem Bier geht zurück. Früher hat ein Bauarbeiter mehrere Maß getrunken und dann noch Ziegel getragen – das gibt es heute nicht mehr. Auch die Bevölkerung verändert sich: Da gibt es zum Teil religiöse Vorbehalte gegen Alkohol.

Wie meinen Sie das?
Na ja, wenn sie sich mal die Bevölkerungsstruktur anschauen, dann haben wir einen nicht unerheblichen Anteil von Muslimen und die trinken nun mal keinen Alkohol.

Und das hat einen Effekt?
Wenn man einmal schaut, was in der Jugend nachkommt, früher oder später schon. Aber das Problem ist natürlich vielschichtig.

Welchen Einfluss hatte die Ukraine-Krise auf Ihr Geschäft?
Einen Großen: Wir haben uns sehr stark über lange Zeit in Richtung Osteuropa orientiert. Wir hatten Produktionen in Russland, Belarus und der Ukraine. Der ukrainische Partner ist in der Westukraine und zum Glück noch aktiv. In Russland wurde die Produktion in beidseitigem Einvernehmen eingestellt. Belarus hat alle Zahlungen eingestellt und daher haben wir das beendet. Schlussendlich hat uns das einige Märkte gekostet.

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Hätte man da nicht im Vorfeld schon ahnen können, dass das dort in die Hose gehen könnte?
Dieses Risiko hat man immer und überall. Russland war ein interessanter und großer Markt. Wir halfen dort einer großen Vodkafabrik zusätzlich eine Brauerei mit deutschen Anlagen zu errichten und brauten dort seit 2018 unser Bier nach deutschem Reinheitsgebot unter Lizenz. Das war ein schönes Projekt, welches ohne die Krise die nächsten Jahrzehnte überdauert hätte.

Belarus ist eine Diktatur – macht Ihnen das nichts aus?
Keine Frage, es war aber eben ein attraktiver Markt. Es ist doch schön, wenn die Menschen dort deutsches Bier trinken.

Auch in China machen Sie Geschäfte – was macht diese Länder für Sie eigentlich so attraktiv?
Die sind wahnsinnig schnell in der Umsetzung und nun mal ein riesiger Markt. Für viele Unternehmen ist es gar nicht möglich, auf diesen Markt zu verzichten. Natürlich versucht diese Diktatur, aber auch Einfluss auf die dort ansässigen Unternehmen zu nehmen, was für Vertrauensverlust sorgt.

Und diese Nachteile nehmen Sie einfach in Kauf?
Man muss es sich halt genau anschauen. Mit Bier mache ich viele Chinesen glücklich.

Wie geht es mit Ihnen und Ihrem Unternehmen weiter?
Wir kämpfen uns so durch. Es ist nicht leichter geworden. Das gehört aber zum Leben dazu.

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