Luise Kinseher: Eine Wende – und ein Ende

München - Manchmal muss man eine Nacht drüber schlafen. Kann und will nicht glauben, was man da eben über den Menschen erfahren hat, den man liebt - und schon so lange kennt.
Oder zumindest: zu kennen glaubte.
Luise Kinseher (48), beliebt als Kabarettistin und Mama Bavaria, hat ihr Glück mit Franz Kiermaier (56) erst vor einer Woche öffentlich gemacht. Sie ist vorsichtig und zurückhaltend, was ihr Privatleben betrifft. Doch mit dem Franz, der eigentlich Hausverwalter ist, aber als Tourmanager schon seit Jahren an ihrer Seite, war sie sich ganz sicher.
Deshalb wollte es Luise Kinseher auch nicht glauben, als die AZ sie am Donnerstag mit den Internet-Posts konfrontiert, die unter dem Namen Franz Alfred Kiermaier auf Facebook und Google+ veröffentlicht wurden.
"Ich bin geschockt und entsetzt!"
Die Kommentare sind in Teilen rechtsextrem und bayerisch nationalistisch. So heißt es etwa auf Facebook zum Thema Migranten: "Ohne Rücksicht, alle raus und keiner darf mehr rein. Einfangen wie bei den Hundefängern und weg damit" (AZ berichtete exklusiv). Auf Facebook fanden sich außerdem noch "Gefällt mir"-Angaben zugunsten der AfD und Pegida Dresden.
Als Luise Kinseher von den Hass-Kommentaren von den Accounts ihres Freundes erfuhr, reagierte sie instinktiv. Sie beschützte und verteidigte ihn – und sagte zur AZ: "Ich bin geschockt und entsetzt. Der Franz, der war das nicht. Ich werde sofort die Polizei einschalten. Computerspezialisten werden das aufklären."
Schließlich hatte auch ihr Franz immer wieder beteuert: "Ich war das nicht. Ich bin so nicht. Ich bin kein Nazi, finde diese Hetzereien fürchterlich. Meine Accounts wurden gehackt."
Er sei "politisch neutral", behauptete er.
Er erzählt der AZ, wie glücklich er mit Luise sei: "Das ist wahre Liebe mit uns. In meinem Alter so ein Glück zu haben – das würde ich doch nicht kaputtmachen."
Doch dafür ist es schon zu spät.
Eine Beratung mit Freunden bringt die Entscheidung
Wenige Stunden später handelt Luise Kinseher nicht mehr instinktiv. Die linksliberale Kabarettistin setzt sich seit Jahren für Flüchtlinge und gegen Rechtsradikalismus ein.
Jetzt sieht sie die Berichterstattung in der AZ, liest den Wortlaut der Hass-Kommentare, sieht ein Beweisfoto vom Facebook-Account ihres Lebensgefährten. Sie denkt nach, berät sich mit ihrem engen Umfeld und handelt wohlüberlegt.
Luise Kinseher beendet die Beziehung mit Franz Kiermaier.
Am Freitag verschickt ihr Manager Klaus Meier eine Pressemitteilung. Darin steht: "Hintergrund sind die auf dem Internetaccount von Franz Kiermaier auf Facebook und Google+ geposteten Äußerungen."
Kinseher dazu: "Ich distanziere mich nachdrücklich von allen fremdenfeindlichen Äußerungen, die ich im Zuge der Berichterstattung erstmals gesehen habe. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich für eine offene Gesellschaft, Demokratie und für Mitmenschlichkeit einstehe."
Wie die Trennung genau ablief, dazu wollten sich beide auf AZ-Nachfrage nicht äußern.
Fest steht: Luise Kinseher hat die Liebe verloren – aber ihre Moral verteidigt.