Lisa Maria Potthoff: Als Praktikantin im Kreissaal

Im TV-Event "Die Hebamme" spielt Lisa Maria Potthoff die Hebamme Elgin Gottschalk. Zur Vorbereitung auf ihre Rolle durfte sie echten Geburtshelferinnen bei der Arbeit zusehen. Wie sie diese besondere Erfahrung erlebt hat, erzählt Potthoff im Interview.
Als Frau hatte man es 1799 nicht leicht. Als Hebamme erst recht nicht, wie der Film "Die Hebamme" am 25. März in Sat.1 zeigt. Lisa Maria Potthoff (35, "Trau niemals deiner Frau") spielt darin Elgin Gottschalk, die nur für ihren Beruf lebt und dafür auf ein Privatleben verzichtet. Wie sich die Schauspielerin selbst entscheiden würde, wenn sie zwischen Familie und Karriere wählen müsste, verrät sie im Interview mit spot on news.
Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie als Mutter mit Hebammen gemacht?
Lisa Maria Potthoff: Als Entbindende habe ich an die Geburt nur beste Erinnerungen. Es war nicht annähernd so bestialisch wie teilweise in unserem Film. Das war eine Bilderbuch-Entbindung. Ich durfte für unseren Film auch einen Tag mit in den Kreissaal und habe eine fremde Geburt miterlebt, sozusagen als Praktikantin. Das war auch eine Routinegeburt, bei der alles glattlief. Es war eine sehr schöne und neue Erfahrung, weil ich das erstmals unbeteiligt erleben durfte, also nicht als Angehörige oder als Gebärende. Das war unglaublich. Und es war toll, die Arbeit der Hebammen hautnah miterleben zu dürfen. Und die arbeiten ja auch immer noch sehr traditionell. Solange es geht, arbeiten sie mit Handgriffen. Das hat mich sehr beeindruckt.
Im Film laufen die Geburten teilweise sehr anders ab. Sind Sie froh, in heutiger Zeit zu leben?
Potthoff: Ja, in vielen Punkten. Ich möchte auch nicht Frau sein zur damaligen Zeit. Wenn man überlegt, wie wenig selbstbestimmt man damals als Frau war. Im Vergleich zu damals ist unser heutiges Leben doch sehr selbstbestimmt. Wir können selbst überlegen, was wir studieren, oder ob wir zuhause beim Kind bleiben oder wieder in den Beruf gehen. Da haben wir Frauen es heute schon etwas besser.
Elgin ist allerdings selbstbestimmter als andere Frauen zur damaligen Zeit.
Potthoff: Das fand ich so spannend ihr, ich habe sie sehr gerne gespielt. Elgin ist eine Figur, die unglaublich emanzipiert ist. Als Frau Ende des 18. Jahrhunderts einen Beruf auszuüben, sich selbst zu ernähren und alleinstehend zu leben, war sehr ungewöhnlich. Im Grunde ist Elgin ja eine alte Jungfer, die normalerweise gesellschaftlich geächtet wäre.
Wieviel haben Sie mit Elgin gemeinsam?
Potthoff: Ich bin sicher nicht so verschlossen wie die Elgin. Sie lebt ja eigentlich nur für ihren Beruf. Sie hat in kein wirkliches Privatleben. Sie lebt sehr zurückgezogen, das ist in meinem Leben sicher anders. Was uns verbindet, ist die Willenstärke. Ich finde mich sehr darin wieder, dass sie ihren Weg so geht, wie sie das für richtig hält. Da bin ich ähnlich, ich bin da selbstbewusst. Und ich empfinde auch Elgin als sehr selbstbewusst.
Sie sind Tochter einer Medizinerin. Die heutige Medizin baut allerdings auf sehr fragwürdigen Methoden auf, wie man im Film sieht.
Potthoff: Das ist das Drama vieler Entwicklungen der Menschheit. Wir haben zum Beispiel sehr viel Fortschritt erlangt, weil in diversen Ländern Sklaven missbraucht wurden und Arbeiter ausgebeutet wurden. Aber ja, es ist schrecklich, wenn man im Film sieht, wie wenig ein Menschenleben damals wert war. Vor allem, wenn der Mensch aus der Unterschicht kam und kein Sprachrohr hatte. Die Moderne hat das Individuum sehr gestärkt. Wir verdanken in der Medizin viel der Tatsache, dass früher viel gnadenloser geforscht werden durfte. Ich glaube auch, dass man die Mediziner von damals nicht verteufeln darf. Das waren ja keine Bestien, die sich an den Frauen vergangen haben, sondern im Sinne der Wissenschaft forschen wollten. Ich möchte das aber um Gottes Willen nicht rechtfertigen.
Könnten Sie sich vorstellen, wie Gesa den Beruf aufzugeben, wenn ein Mann das verlangen würde?
Potthoff: Wenn es der Partner aus Prinzip verlangen würde, hätte ich damit ein Problem. Wenn es allerdings die Lebensumstände verlangen, um zusammenzusein, dann könnte ich es mir schon eher vorstellen. Und da werden wir leider als Frauen mit Kindern immer noch ein bisschen gezwungen, das an einem gewissen Zeitpunkt zu entscheiden, weil es mit der Kinderbetreuung und der Rolle der Frau immer noch nicht so toll geregelt ist. Deswegen mag ich meinen Beruf so gerne, weil ich immer situativ entscheiden kann. Aber eine normale, berufstätige Frau steht da schon vor einem anderen Dilemma.
Mussten Sie nicht auch manchmal Opfer für die Familie bringen?
Potthoff: Nein, als Opfer hab ich das nicht gesehen, sondern eher als familiäre Entscheidung. Zum Beispiel habe ich während "Die Hebamme" noch "Männerhort" gedreht, einen Kinofilm mit Christoph Maria Herbst, der im Herbst erscheinen wird. Ich bin da zwischen Frankfurt und Tschechien hin- und hergependelt. Danach hatte ich erst mal keine Lust mehr und hab zwei Monate Pause gemacht. Ich konnte mich also erstmal beruflich austoben, kann aber dann wieder zuhause bei meiner Tochter auftanken und voll für sie da sein.
Können sie eher im Beruf oder eher im Privaten Kompromisse eingehen?
Potthoff: Das entscheide ich von Fall zu Fall. Aber mit Kind wird schon vieles Berufliche untergeordnet, weil es mir nicht mehr so wichtig ist. Da ist dieses Menschenleben, das ich in die Welt gesetzt habe, und dem muss schon viel entgegenstehen, damit ich mich mal für mehere Wochen davon trenne. Das würde ich von Fall zu Fall entscheiden, aber im Zweifel eher für die Familie als für den Beruf.
Elgin beschäftigt sich auch mit dem Thema Abtreibung. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Potthoff: Das ist ein schwieriges Thema. Ich bin froh, dass ich nie in der Situation sein musste, selber zu entscheiden. Ich bin sicher kein genereller Abtreibungsgegner, weil ich schon Momente sehe im Leben einer Frau, wo ich ihre Entscheidung gegen ein Kind verstehen kann, wie zum Beispiel nach einer Vergewaltigung, bei Gewalt in der Ehe, wenn eine 14-Jährige das mit der Verhütung nicht auf die Reihe gekriegt hat, weil die Eltern es ihr nicht erklärt haben - da wüsste ich nicht, wem gedient wäre, wenn man gezwungen ist das Kind auszutragen. Wenn man aber damit leichtfertig umgeht, finde ich es schwierig. Ich kenne aber ein, zwei Frauen, die das gemacht haben, und da konnte ich es nachvollziehen.