Lieber Gott, das hast du wieder toll gemacht!

Im dritten Teil der Interview-Reihe reden die Weyers über ihre Gebete, die Wette mit einem Pfarrer und einen Beinahe-Absturz im Jet.
von  Michael Schilling
Die Weyers sind an der Copacabana daheim – und gern flott unterwegs.
Die Weyers sind an der Copacabana daheim – und gern flott unterwegs. © Privat

Demnächst geht’s wieder los im Privatjet mit der Schnörkel-Aufschrift: "Consul Weyer Graf von York, Rio de Janeiro." Hans-Hermann Weyer und seine Frau Christina brechen auf zu "unserer Liebesreise", wie sie sie vor über 30 Jahren schon einmal unternommen haben: von Miami im roten Cabrio bis nach Key West.

Ihren Hauptwohnsitz haben sie im krisengebeutelten Brasilien – "im schönsten Penthouse an der Copacabana", wie der Titelhändler gern behauptet. Im dritten Teil der Interview-Reihe mit den beiden geht es ums Leben, Reisen und Heiraten.

AZ: Herr Weyer, ist Rio de Janeiro noch so lebenswert, wie es mal war?
HANS-HERMANN WEYER: Der neue Präsident Bolsonaro ist unser Nachbar. Er hat mich gefragt: "Was glauben Sie, wie lange ich an der Macht bleibe?" Ich habe ihm geantwortet: "Das kommt darauf an, in welchem Tempo Sie sich Ihre Taschen vollmachen." Unter Freunden kann man es sagen: Wir gehen nur noch an die Copacabana und nach Ipanema, nicht mehr ins Zentrum. Zu gefährlich. Wir haben 54 Millionen Arbeitslose. Das schafft Neid und Probleme.

Die Weyers sind an der Copacabana daheim – und gern flott unterwegs.
Die Weyers sind an der Copacabana daheim – und gern flott unterwegs. © Privat

Weyer: "Der neue Präsident Bolsonaro ist unser Nachbar"

CHRISTINA WEYER: Aber die Grundfreundlichkeit der Menschen ist nicht gestorben, trotz der katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnisse.

Er: Ich liebe es, dass wir deutsch sind – aber ich möchte trotzdem hier nicht leben.

Warum nicht?
Er: Allein schon, weil ich mich beim Finanzamt anmelden müsste. Für welchen Blödsinn Steuergelder ausgegeben werden, weiß ich als fortgeschrittener Jahrgang noch von meinem alten Freund Franz Josef Strauß. Damals gingen die Uhren in Bayern noch anders. Tango corrupti, muss man wohl sagen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jetzt wesentlich anders ist. Außerdem hat mir Rio so viel Glück gebracht.

Welches denn?
Er: Es gab vor Jahren ein großes Fest im Copacabana Palace, bis heute das schönste Hotel Südamerikas. Präsident Mitterrand hatte eingeladen, ich vertrat – mit Diplomatenpass – Paraguay, als ein bildhübsches Mädchen auf Rollschuhen vorbeifuhr.

Sie: Das war ich!

Er: Ihr Vater nahm mich gleich zur Brust: "Lassen Sie meine Tochter in Ruhe, die ist erst 16!" Genau zehn Jahre später haben wir uns auf der Königsallee in Düsseldorf wiedergesehen. Dann habe ich sie sofort gepackt – und bald geheiratet, obwohl ich nie heiraten wollte.

Sie: Jemand anderen hätte ich an deiner Stelle auch nicht geheiratet!

Weyer: "Wenn es der liebe Gott will, dann ist es so weit"

Sie lachen beide laut. Gibt es nichts, was den Weyers mal Ängste oder Sorgen bereitet?
Er: Gar nicht. Auch nicht mit der ganzen Fliegerei. Wir fliegen – ich fliege ja seit 30 Jahren immer selbst – rund dreimal die Woche. Neulich wären wir fast abgestürzt nach dem Formel-1-Wochenende in Sotschi. Auf einmal knallte es. Ich dachte, die Maschine fliegt auseinander. Blitzeinschlag! Da sackte unser Flieger, ein Learjet 35, im Unwetter kurz nach dem Start plötzlich ab, 220, 230 Meter. Ich habe es zum Glück abfangen können. Aber da dachte ich wieder an unsere Devise: Wenn’s der liebe Gott will, ertrinkt man in einer Pfütze und bricht sich über einem Strohhalm das Genick.

Sie: Wir haben beide ein systemimmanentes Gottvertrauen. Jedem schlägt die Stunde so, wie es im Lebensbuch vorgeschrieben ist. Wenn es sein soll, soll es sein.

Er: Wenn es der liebe Gott will, dann ist es so weit.

Die Weyers und ihr Jet: "Neulich wären wir fast abgestürzt. Auf einmal knallte es. Ich dachte, die Maschine fliegt auseinander."
Die Weyers und ihr Jet: "Neulich wären wir fast abgestürzt. Auf einmal knallte es. Ich dachte, die Maschine fliegt auseinander." © Privat

Kommen Sie beide uns jetzt ernsthaft mit Religion?
Er: Ja!

Sie: Wir beten beide jeden Abend vor dem Einschlafen. Man soll beten, wenn’s einem gut geht, und dankbar und devot sein. Die meisten fangen erst an zu beten, wenn es ihnen schlecht geht.

Er: Wir beten anders als andere Leute. Wir sagen: Lieber Gott, das hast du wieder toll gemacht!

Sie: Das Gläubige hat meiner Mutter an ihm gleich so gut gefallen. Er hat die ganze Bibel dreimal durchgelesen.

Er: Ich habe mit Kardinal Ottaviani (1890 – 1979, d. Red.), der hat vier Päpste überlebt, Ritterschläge im Vatikan ausgehandelt, das war anfangs eine schöne Einnahmequelle. Er hat den Kirchenanteil unter seine Kutte gesteckt. Von dem habe ich viel gelernt.

AZ-Chefredakteur Michael Schilling (r.) im Gespräch mit Hans Hermann und Christina Weyer.
AZ-Chefredakteur Michael Schilling (r.) im Gespräch mit Hans Hermann und Christina Weyer. © Bernd Wackerbauer

10.000 DM-Wette mit einem Pfarrer

Gehen Sie in die Kirche?
Er: Nein. Von Gottes Bodenpersonal halten wir nicht viel. Wir haben auch Ratzinger kennengelernt. Das ist nichts für uns.

Sie: Wir wollten 1991 ja mit kirchlichem Segen heiraten in Rottach-Egern. Da hat der Pfarrer gesagt: "Wir müssen Sie erst einmal bibelfest machen."

Er: Dem sagte ich: "Jetzt wetten wir mal! Ich haue Ihnen heute noch 10.000 Mark in den Klingelbeutel, wenn Sie mir die Propheten des Alten Testaments aufsagen!" Da fing er an: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Und ich sagte: "Das sind Sie nicht!" Ich zählte sie alle auf: Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Daniel, Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephanja, Haggai, Sacharja und Maleachi. Da hat er sich gleich bekreuzigt und gesagt: "Sie können morgen heiraten!" Das Schönste daran: Wie die meisten Norddeutschen war ich Protestant!

Lesen Sie den ersten Teil der Interview-Reihe: Titelhändler Consul Weyer - "Die Eitelkeit stirbt nie"

Lesen Sie den zweitenTeil der Interview-Reihe: Sie ist sehr nett und hübsch, aber er ist ein arroganter Hund

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