Kessler-Zwillinge: "Wir schreiben Abschiedsbriefe"

Zwei Weltstars privat: Im großen Sommer-Gespräch mit der AZ reden Alice und Ellen Kessler über Männer, in die sie sich verlieben könnten, und Frauen, die sie so nerven, dass sie sich entfreunden.
von  Kimberly Hoppe
Die kessler-Zwillinge im großen AZ-Interview.
Die kessler-Zwillinge im großen AZ-Interview. © dpa

München - Gefühlte 40 Grad, aus den Nebenstraßen riecht es nach Wasserpfeife. Die berühmtesten Show-Zwillinge Alice und Ellen Kessler sitzen im Deutschen Theater in der Schwanthalerstraße – und strahlen mit der Sonne. Nächste Woche werden sie zusammen 158, im Oktober feiern sie ihr Comeback hier im Udo-Jürgens-Musical "Ich war noch niemals in New York".

Ein Sommergespräch über heiße Themen – Männer, Freundinnen, Abschiedsbriefe und Abzugshauben.

AZ: Liebe Kesslers, ganz München schwitzt, nur Sie nicht. Wie schaffen Sie es bei 34 Grad, so unglaublich frisch auszuschauen?

ELLEN KESSLER: Ach, wir sind’s gewöhnt, haben lange in Rom gewohnt. Heute gibt es ja überall Klimaanlagen, das macht es doch viel erträglicher.

ALICE KESSLER: An den Seen ist es uns viel zu voll, deshalb springen wir daheim in unseren Pool, wenn es heiß ist.

ELLEN: Er ist zwar groß genug für uns beide. Aber wenn ich reingehe, geht Alice raus. Dann wird’s ihr zu eng.

ALICE: Ich brauche halt meinen Platz. (Beide lachen.)

Was raten Sie Menschen, die keinen Pool haben?

ALICE: Ab in den Wald.

ELLEN: Alles verdunkeln, Vorhänge, Jalousien zu. Obwohl das deprimierend ist – und absurd. Draußen ist es hell und die meisten wollen die totale Dunkelheit. Das ist doch kein Leben. Ich finde das Wetter in München ideal – und empfehle: einfach genießen.

ALICE: Wir liegen nur im Schatten rum. Früher in den 60ern und 70ern war das anders, da haben wir uns nicht gesonnt, sondern richtig gegrillt. Natürlich ohne Sonnencreme.

ELLEN: Man war sich gar nicht bewusst, was man seinem Körper antut. Das Ozonloch war überhaupt kein Thema.

Essen Sie im Sommer anders?

ELLEN: Auf unsere geliebten Schweinefüße müssen wir verzichten. Dafür ist es zu heiß.

ALICE: Als wir in Berlin Theater gespielt haben, haben wir oft Eisbein gegessen. Da ging es mit der Temperatur noch.

ELLEN: Heute mittag habe ich Bratkartoffeln gemacht. Schön knusprig, mit Spinat und Spiegelei. Der Trick: Die Kartoffeln im kalten Öl ansetzen. Das ist wichtig. Wir mögen es gern so kross, dass man die Bratkartoffeln nicht mehr mit der Gabel aufpieksen, sondern nur noch mit den Fingern essen kann.

ALICE: Mmmh! Herrlich! Meine Lammkeule gestern war aber auch gut.

Sie sind also weder vegan geworden noch auf Diät?

ALICE: Niemals.

ELLEN: Wir essen alles, sehr gern . . .

ALICE: . . . und viel.

Dass Sie Schweinefüße essen, glaubt Ihnen doch niemand.

ALICE: Selbst bei unserem Metzger schauen immer alle ganz pikiert. Alle denken, wir würden nur an einem Salatblatt herumkauen und ständig an uns herumschnippeln lassen. Stimmt aber nicht.

ELLEN: Einmal geliftet und nie wieder. Warum sollen wir uns wie ein Zombie zurechtschneiden lassen? Auch keine Lösung.

ALICE: Ich find’s immer nett, wenn Menschen zu uns sagen: „Wie Sie noch ausschauen für ihr Alter!“ Da weiß man dann, dass man alt ist.

Sie werden 79 – ein Anlass, auch mal zurückzudenken?

ELLEN: Nö. Ich lebe im Heute.

ALICE: Man muss Fehler im Leben machen. Aber so viele Fehler haben wir gar nicht gemacht. Okay, einmal haben wir viel Geld verloren.

ELLEN: 1972, zur Olympiade.

ALICE: Wir haben ein Haus gebaut in München, total falsch investiert. Vom Bauunternehmer wurden wir nur betrogen. In dem Moment war das happig. Wir haben geschuftet und geschuftet, nur um das einem Verbrecher in den Rachen zu schieben, das war sehr ärgerlich. Aber so was passiert, das muss man mal durchmachen.

Macht Geld glücklich?

ELLEN: Geld gibt einem Sicherheit, aber es macht nicht glücklich. Wir kennen viele reiche Frauen, die nur jammern.

ALICE: Arme reiche Menschen.

ELLEN: Einer haben wir jetzt einen Abschiedsbrief geschrieben, weil sie uns mit ihrem Gejammere so genervt hat.

Einen Abschiedsbrief?

ALICE: Darin schreiben wir, warum wir mit einer Person nichts mehr zu tun haben wollen. Freunde sind wichtig, aber wenn sie einen nur runterziehen und es nur anstrengend ist, muss man das äußern dürfen. Bei einer haben wir nach 40 Jahren gesagt: Wir müssen das nicht mehr hinnehmen.

ELLEN: Einer anderen Freundin habe ich geschrieben: „Wir gehören nicht zu deinen Angestellten, bitte nimm das zur Kenntnis. Wir wollen nicht mehr mit dir Essen gehen.“

Jammern Sie nie?

ELLEN: Meine Abzugshaube in der Küche ist kaputt gegangen. Die ist so alt, Jahrgang 87, . . .

ALICE: . . . jünger als wir . . .

ELLEN: . . . die gibt es nicht mehr nachzukaufen. Aber warum soll ich jammern? Ich mache das Fenster auf, dann zieht es da raus. Als ich jung war, hätte ich mich mehr aufgeregt. Jetzt nicht mehr. Das ist Zeit- und Energieverschwendung.

Sie könnten ja auch nebenan in der Küche von Alice kochen?

ELLEN: Nee, ich will schon weiter in meiner Küche kochen.

Aber das Beispiel mit der Abzugshaube ist schön – Sie regen sich nicht mehr auf.

ELLEN: Wenn es uns doch mal nicht so gut geht, gehen wir zu unserem Lieblingschinesen, da ist das Essen so gut, das lässt alles vergessen. Dann trinken wir ein Glas Wein und sagen uns: Komm, wir genießen jetzt den Abend. Ist doch alles prima.

Bald treten Sie wieder im Deutschen Theater auf, da müssen die Männer doch Schlange stehen?

ALICE: In unserem Alter steht keiner mehr Schlange.

ELLEN: Zur Premiere in Berlin warteten in unserer Garderobe oft Blumen von Verehrern. Ohne Name. Ich finde es entzückend, dass die Männer nicht mehr aufdringlich sind.

ALICE: Ein Mann, der zu uns passt, müsste in unserem Alter sein, also 80. Das ist schwierig.

ELLEN: Und gefährlich. Man wird zur Krankenschwester.

ALICE: Nur Harry Belafonte würde ich akzeptieren.

ELLEN: Selbst der Papst ist jünger als wir.

Kommt ein 20 Jahre jüngerer Mann nicht in Betracht?

ELLEN: Ein Mann steht nicht auf unserer Wunschliste. Ein Mann ist nicht mehr aktuell.

ALICE: Wir sind nicht mehr bereit dazu. Man wird im Alter eigensinnig. Mit einem Mann zusammenziehen, würde ich nie wieder. Wenn er woanders wohnen bleibt, okay, vielleicht.

Was würde am meisten stören, wenn ein Mann bei Ihnen einzieht: Die pure Anwesenheit? Die Kompromisse?

ELLEN: Man müsste Socken waschen, Hemden bügeln . . .

Und wenn er all das könnte?

ELLEN: Der Traummann von heute muss gut kochen können, seine Sachen alle selber machen – und den Mund halten. (Beide lachen laut.)

ALICE: So einen Mann gibt es nicht.


Im zweiten Teil des Interviews lesen Sie morgen:

Warum die Kesslers wie Udo Jürgens sterben wollen.

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