Keine Party während Krönung von König Charles: Pubs in London bleiben leer

Kronen-Verkäufer in London müsste man dieser Tage sein. Aufblasbare Kronen, Kronen aus Pappe, aus Plastik und Papier, selbstgebastelte und solche, die man bei Burger King bekommt. Außer der Union-Jack-Fähnchen gibt es kaum ein Accessoire, das beliebter zu sein scheint bei den Royal-Fans. Immer wieder stimmt die Menge das Lied "God Save the King" an und drängt sich entlang des Zauns der Mall, der Prachtstraße, die vom Buckingham Palace bis zum Trafalgar Square führt. Viele warten Stunden, nur um wenige Blicke auf den frischgekrönten König Charles III zu werfen.
Leere Pubs überraschen auch Briten: Keine Party während der Krönung von Charles
In den Pubs ist es aber verhältnismäßig still. Wenige Besucher stoßen auf König Charles an, sehen sich die Krönung im TV an. Das Spektakel selbst spielt sich auf der Straße ab. Shaun Dippenaar vom Pub St. George‘s Tavern, wenige Hundert Meter entfernt von der Mall und von einem der Hauptschauorte des Krönungswochenendes, steht im leeren Pub und unterhält sich mit seinen Mitarbeitern und Aushilfen, die er extra für das Krönungs-Wochenende angestellt hat und die jetzt nichts zu tun haben.
Sie haben den Pub für die Feierlichkeiten dekoriert, mit Fähnchen und Kronen. Nur die Gäste bleiben aus. Die wollen immerhin die richtige Krone sehen. "Es ist den ganzen Tag schon sehr ruhig", sagt Dippenaar. Erst am späten Nachmittag, wenn das offizielle Programm vorbei ist, werden die Royal-Fans die Pubs füllen. "Am Abend wird es dann richtig losgehen", sagt er.
Verkaufsschlager am Krönungstag: Regenschirme, Ponchos und Jacken
Wer wirklich Umsatz macht, das sind die kleinen Souvenirshops, die Regenschirme verkaufen. Am Stand von Mohammed Mohsin gehen die Regenschirme weg wie heiße Semmeln. "Ich habe schon fast alle verkauft", sagt Mohsin. Und so bietet sich am St. James Park vor dem Buckingham Palace das wohl britischste Bild dieses wohl britischsten Tages der vergangenen Jahre: Ein Meer aus Regenschirmen vor dem großen Bildschirm, auf dem die Live-Übertragung der Krönung zu sehen ist. Regenponchos und Regenjacken, wohin das Auge reicht.

Auch Deutsche sind unter den Besuchern. Pascal Agbor aus Leipzig und Clemens Rietz aus Thüringen haben ihre Flüge nach London sofort gebucht, als das Königshaus das Datum für die Krönung öffentlich gemacht hat. "Wir wollten das hautnah erleben", sagt Pascal. Er ist Royal-Fan und beschäftigt sich schon lange mit der britischen Königsfamilie. Er liest Bücher, sieht sich Dokus an, hört Podcasts zum Thema. "Ich bin komplett fasziniert von dem Ganzen. Wahrscheinlich auch, weil wir in Deutschland keine Monarchie haben". Er spricht vom "Protokoll", von König Charles‘ Einsatz für den Umweltschutz, er spricht auch die "dunklen" Aspekte der Geschichte der Royals an. "Ich sehe auch kritisch, was in der Vergangenheit, zum Beispiel mit der Kolonialisierung passiert ist, aber primär bin ich fasziniert von dieser Welt der Royals", sagt Pascal mit einem großen Lächeln im Gesicht. Pascal und Clemens sind um sechs Uhr aufgestanden, um einen Platz vor der Westminster Abbey zu ergattern. "Keine Chance! Als wir ankamen, war schon alles rund um die Westminster Abbey" abgesperrt.
Deutsche Royal-Fans sind bei vielen Briten beliebt
Grundsätzlich aber hört man nicht viele der Touristen Deutsch sprechen. Auch, oder vielleicht weil die meisten Deutschen nicht laut sind, das Geschehen eher am Rande, aber doch mit Faszination beobachten, sind sie beliebt bei den Londonern. Rezeptionisten in Hotels, Verkäufer in Souvenirläden, Pub-Besitzer – sie alle lieben die deutschen Royal-Fans. Und auch bei den Trinkgeld-Gebern sind sie ganz vorne dabei. Nur die Amis geben mehr, sagt Eric Clincy-Jonas, ein Busfahrer bei einem großen Bus-Tour-Unternehmen für Touristen. Auch für ihn ist der verrückteste Tag des Jahres der wohl ruhigste. "Heute bucht niemand eine Tour durch London. Heute sind alle nur an der Krönung interessiert", sagt Eric Clincy-Jonas.

Krönung von König Charles sorgt für ausgebuchte Hotels
Die Hotels in der Gegend um die den Buckingham Palast hingegen sind alle ausgebucht. Das Tourismusbüro Visit London erwartet umgerechnet rund 228 Millionen Euro Mehrumsatz – allein in London. Und auch, wenn es makaber klingt: Für die Hotels in London bedeutete der Tod von Queen Elizabeth II am 8. September, die darauffolgende Beerdigung und Krönung ein finanzielles Aufatmen. Viele Hotels waren pandemiebedingt zwei Jahre lang geschlossen. Das Geld, das durch die Royal-Events in die Kassen fließt, hatten vor allem kleine, privat-geführte Hotels wie das Jubilee Hotel in Victoria bitter nötig. "Wir waren seither immer komplett ausgebucht", sagt Rezeptionist Soyal Marchard.
Doch nicht alle Royal-Fans waren auf Hotelzimmer und warme Betten angewiesen: Manche Hardcore-Fans campen seit Tagen entlang der Mall, beim Buckingham-Palace und der Westminster Abbey. Auch Michael Lysaght und Roger Murray haben die Nacht vor der Krönung nahe des Buckingham Palace in einem Zelt übernachtet. Die beiden tragen blau-rote Union-Jack-Anzüge, Union-Jack-Brille und eine Plastikkrone. Roger ist extra von Abu Dhabi nach London geflogen, um das Geschehen um die Krönung mitzuerleben. "Alle wollen Fotos und Interviews von uns, es ist verrückt, wir fühlen uns, als wären wir selbst die Royals", sagen die beiden. Auch sie werden später, wenn sie ihren mitgebrachter Proviant, "Bier und Bubbles" ausgetrunken haben, in die Pubs der Stadt gehen. Spätestens dann wird auch dort das Bier fließen und Shaun Dippenaar und seine Kollegen von der St. George’s Taverne werden allerhand zu tun haben.