Justus von Dohnányi: "Größenwahn kann schon hilfreich sein"

Am Sonntag glänzt von Dohnányi in der Richard-Wagner-Darstellung. Im Interview erklärt er, warum die Quote nur das Sahnehäubchen ist.
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Eine kleine Tochter krönte die Beziehung von der jungen Cosima (Peri Baumeister, l.) und Richard Wagner (Justus von Dohnányi, r.)
Eine kleine Tochter krönte die Beziehung von der jungen Cosima (Peri Baumeister, l.) und Richard Wagner (Justus von Dohnányi, r.) © ZDF/Hannes Hubach

Justus von Dohnányi gehört zu den besten Schauspielern hierzulande, was er nicht erst mit seiner Rolle in dem Kassenschlager "Männerherzen" bewiesen hat. Immer öfter arbeitet er auch als Regisseur. Daher sollte man sich seine Richard-Wagner-Darstellung am Sonntag nicht entgehen lassen. Im Interview erklärt der zweifache Deutsche Filmpreisträger, warum die Quote nur das Sahnehäubchen ist.

Berlin - Justus von Dohnányi (53, "Bis zum Ellenbogen") entstammt einer Künstlerfamilie, seine Mutter war Schauspielerin, sein Vater ist ein mehrfach ausgezeichneter Dirigent. Keine Frage also, dass der Schauspieler und Regisseur prädestiniert ist für die Rolle des Jahrhundertkomponisten Richard Wagner in dem sehenswerten Familiendrama "Der Wagner-Clan. Eine Familiengeschichte" (Sonntag, ZDF, 20.15 Uhr).

Herausragend spielt Justus von Dohnányi in der Komödie "Männerherzen" - den Film, für den er seinen zweiten Deutschen Filmpreis bekommen hat, können Sie hier bestellen

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt der Wahl-Berliner, was er von Machtmenschen hält, wie viel Größenwahn nötig ist, um Großes zu schaffen und worin der Unterschied liegt, zwischen dem Freigeist Wagner, den er spielt und dem so ganz anderen Wagner im "Ludwig II."-Film (2012).

Was halten Sie von Machtmenschen?

Justus von Dohnányi: Es kommt immer darauf an, wofür sie die Macht benutzen. Wenn Machtmenschen die Macht nur für sich nutzen, halte ich nicht viel davon. Wenn Machtmenschen ihre Macht aber für etwas Positives einsetzen, halte ich sehr viel davon. Für das Allgemeinwohl dürfte man dem Einzelnen dann auch Einschränkungen auferlegen. Die wichtigste Instanz im Leben ist für mich aber die Moral.

Wenn Cosima Wagner nicht so ein Machtmensch gewesen wäre, wäre Richard Wagner dann heute vergessen?

Dohnányi: Hier ist es eher das Zusammenspiel der beiden, denn auch Richard Wagner wollte sein Leben lang Erfolg. Dafür ist er zweifelhafte Wege gegangen und hat sich in moralischen Fragen über andere hinweggesetzt. Er hat an sich geglaubt, was man schon am eigenen Festspielhaus sehen kann, mit dem er sich verewigen wollte. Hinzukam, dass ihn sein Umfeld genauso heroisiert und idealisiert hat, wie er sich selbst. Wenn die nicht so mitgezogen hätten, hätte es bestimmt eine Relativierung dessen gegeben, was er sich vorgestellt hat.

Wieviel Größenwahn ist nötig, um etwas Großes zu schaffen?

Dohnányi: Es kann schon hilfreich sein, allerdings nur wenn die genialen Kapazitäten da sind. Dass Wagner ein musikalisches Genie war, ist unbestritten. Vielleicht wäre er trotzdem nicht so erfolgreich geworden, wenn er nicht nebenher auch noch ein bisschen größenwahnsinnig gewesen wäre. Es gibt ja die Gegenbeispiele etwa in der Malerei. Manche Maler sind als arme Schlucker gestorben, heute erzielen deren Werke bei Versteigerungen Höchstsummen.

2012 kam ein König "Ludwig II."-Film ins Kino, in dem Sie auch mitgespielt haben. Darin ist ein vollkommen anderer Richard Wagner zu sehen. Wie passt das zusammen?

Dohnányi: Das ist richtig, wobei in dem Kinofilm einfach ein anderer Ausschnitt seines Lebens gezeigt wird. In "Ludwig II." ist er der besessene und durchsetzungsstarke Arbeiter und Künstler, während er in "Der Wagner-Clan. Eine Familiengeschichte" der Familienmensch ist.

Die Familientradition spielt im TV-Film eine große Rolle. Sie kommen auch aus einer künstlerischen Familie. War es für Sie immer klar, dass Sie Künstler werden würden?

Dohnányi: Nein, klar war das nicht. Als junger Erwachsener hatte ich schon auch andere Interessen wie Medizin oder Biologie. Natürlich hat es aber schon eine Rolle gespielt, dass ich in einem Umfeld aufgewachsen bin, das mir eine bestimmte Branche und den dazu gehörenden Lebensstil nahegebracht hat. Es macht einen Unterschied, ob Papa immer von 9 bis 17 Uhr weg ist und daheim zum Beispiel von der Bankenwelt spricht oder ob man mitbekommt, dass die Eltern als Künstler teilweise auch von zuhause aus gearbeitet oder etwas im Liegen auswendig gelernt haben, wie es bei uns der Fall war. Künstlerische Berufe waren mir vertraut.

"Mutterliebe macht blind und taub", sagt Siegfried an einer Stelle im Film. Ist das so?

Dohnányi: Bei Cosima ging es nicht nur um Liebe, sondern um das unbedingte Festhalten an dem, was sie erreichen wollte, um Durchsetzungskraft. Ich würde eher sagen, die Vergötterung von Wagner machte sie blind und taub.

Können Sie sich vorstellen, wie Richard Wagner auf die Liebe seines Sohnes Siegfried zu Dorian reagiert hätte?

Dohnányi: Da halte ich alles für möglich, weil Richard Wagner ja auch ein großer Freigeist war. Vielleicht hätte er aber auch einfach gleich auf Isolde gesetzt, dann wäre Siegfried ohnehin nicht so im Mittelpunkt gestanden.

"Ist Erfolg ein Maßstab für den Wert eines Kunstwerkes?", fragt Siegfried an einer Stelle. Wie sehen Sie das?

Dohnányi: Das Wort Erfolg ist da falsch, finde ich. Denn was ist Erfolg: Anerkennung in der Fachwelt oder beim breiten Publikum? In letzterem Fall gäbe es RTL-Formate, die große Kunstwerke wären.

Wann sind Sie mit einem Projekt zufrieden?

Dohnányi: Ich bin zufrieden, wenn es den Menschen gefällt, die ich schätze und auf deren Urteil ich Wert lege. Natürlich freue ich mich auch, wenn es einem interessierten Publikum gefällt oder über große Einschaltquoten und gute Kritiken. Das ist für mich aber nicht das Entscheidende, wenn ich an ein Projekt glaube, sondern das Sahnehäubchen.

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