Judy Winter: "Altersheime? Ein grauenvoller Anblick"

Schauspielerin und Synchronsprecherin Judy Winter spielt in der unterhaltsamen Senioren-Tragikomödie "Die letzten Millionen" eine steinreiche Frau mit jungem Lover. Im Interview spricht sie über Beziehungen, Erziehung und das Älterwerden.
von  (ili/spot)
Anegret (Judy Winter) genießt mit ihrem jüngeren Freund Viktor (Kevin Otto) das Leben
Anegret (Judy Winter) genießt mit ihrem jüngeren Freund Viktor (Kevin Otto) das Leben © ARD Degeto/UFA Fiction/Repro

Für ihre Verdienste um die Kunst ist Schauspielerin Judy Winter (70) unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet worden. Unterschreiben würden das sicherlich auch internationale Stars Shirley MacLaine, Faye Dunaway, Jane Fonda, Audrey Hepburn, Julie Walters, Bette Midler und Liv Ullmann, denn denen lieh sie als Synchronsprecherin schon ihre Stimme.

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Damit umgarnt sie im TV-Film "Die letzten Millionen" (3. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten), in dem Altenheimbewohner einen Lotto-Jackpot knacken, auch ihren jüngeren Liebhaber. Was die in Oberschlesien als Beate Richard geborene Mutter eines Adoptivsohnes privat von Paaren mit großem Altersunterschied à la Heidi Klum (41) und Vito Schnabel (28) sowie vom Älterwerden hält, verrät sie im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

 

Was denken Sie über das Älterwerden?

 

Judy Winter: Dass das Älterwerden meist so negativ besetzt ist, ärgert mich. Im Grunde genommen ist es doch schön, sonst wäre man ja tot. Natürlich hat man Zipperlein, aber das ist eben das Alter. Beim Tier sagt man "solange es noch Lust hat, zu fressen, passt es", entsprechend sollten wir einfach auch froh über das sein, was noch geht.

 

Kennen Sie diese altersbedingte Einsamkeit, die im Film thematisiert wird?

 

Winter: Nein. Das liegt aber auch ein bisschen an einem selbst. Ob man eine Falte mehr oder weniger hat, ist egal. Es kommt nur darauf an, humorvoll, neugierig und agil zu bleiben. Natürlich hilft es mir schon, dass ich noch viel arbeite. Bei uns Schauspielern ist es nur zu Ende, wenn wir uns keine Texte mehr merken können.

 

Was halten Sie von Altersheimen?

 

Winter: Ich glaube, dass Kinder ihre Eltern heute zu 70 oder 80 Prozent dort unterbringen. Und wenn man dann in so ein Altersheim geht und die ganzen Menschen sieht, die auf ihren Rollstühlen sitzen und nur zur Türe schauen, in der Hoffnung, dass jemand kommt, ist das schon ein grauenvoller Anblick.

 

Ein Plädoyer für die Großfamilie?

 

Winter: So ist es. Allerdings glaube ich auch, dass es in den Familien schon nicht so richtig stimmte, als Eltern und Kinder noch jünger waren. Sonst ist man doch automatisch für seine Eltern da, weil es einem ein Bedürfnis ist. Keinesfalls immer, aber manchmal ist die Einsamkeit der Senioren auch die eigene Schuld.

 

Kümmert man sich heutzutage zu viel um die Kinder, mit dem Resultat, dass sie egoistisch und undankbar werden?

 

Winter: Viele nehmen den Kindern heute jede Verantwortung ab. Das war auch das Problem der antiautoritären Erziehung nach Summerhill. Sogar der Entwickler dieses Systems war irgendwann verzweifelt, weil er sich komplett falsch verstanden fühlte. Er wollte den Kindern ihre Ängste nehmen, das aber nicht, indem man sie mit ihren Entscheidungen allein lässt.

 

Für welchen Weg haben Sie sich bei der Erziehung Ihres Sohnes entschieden?

 

Winter: Ich wollte mit meinem Sohn immer befreundet sein - und das bin ich auch.

 

Ihr Kollege Peter Weck hat vorschlagen, Altersheime mit Kindergärten zu mischen, weil das für beide Seiten große Vorteile hätte. Was halten Sie davon?

 

Winter: So etwas in der Art habe ich auch schon vorgeschlagen, nachdem ich in Bali war. Damals wollte ich ein Waisenhaus besuchen. Dort waren dann aber fast nur alte Leute. Bei genauerem Hinsehen, wurde mit klar, das sich diese älteren Herrschaften um die Waisenkinder kümmern, solange sie es können. Irgendwann kehrte sich das dann um und so war für alle gesorgt. Das war wunderbar. In Deutschland hieß es dann nur, dass das aus rechtlichen Gründen nicht gehe.

 

Sie spielen eine Frau mit einem jungen Liebhaber. Was halten Sie von Paaren mit großem Altersunterschied?

 

Winter: Das kann gut gehen und sogar fantastisch sein. Wenn die Basis Liebe, Vertrauen, Verständnis füreinander und sich miteinander wohlfühlen ist, ist das Alter egal. Das habe ich selbst schon erlebt. Auch mein Ex-Mann hat eine wunderbare Ehe mit seiner 40 Jahre jüngeren Frau. Bei einer 18-jährigen Bardame und einem 90-jährigen Millionär würde ich mir allerdings schon meinen Teil denken.

 

Warum wird das bei Männern trotzdem eher akzeptiert als bei Frauen, aktuelles Beispiel Heidi Klum und der 13 Jahre jüngere Vito Schnabel?

 

Winter: Männer bleiben einfach länger jung. Ein 55-jähriger Mann ist "in seinen besten Jahren", zu einer Frau mit 55 sagt man: "Die muss früher mal toll ausgesehen haben". In Heidi Klums Fall ist seitens der Kritiker vermutlich ziemlich viel Neid im Spiel. Ich glaube aber nicht, dass sie die Kritik so ernst nimmt.

 

In Ihrem Beruf ist das Aussehen wichtig. Was machen Sie dafür?

 

Winter: Ich versuche mich geistig und körperlich fit zu halten, einigermaßen gesund zu leben und so viel Spaß wie möglich zu haben.

 

Im Film geht es um einen Millionengewinn. Was würden Sie damit anfangen?

 

Winter: Einen Teil des Geldes würde ich einer Freundin geben, damit sie es für mich aufbewahrt, weil ich mit Geld nicht umgehen kann. Dann würde ich zusammen mit meinem Aidshilfe-Verein recherchieren, was am nötigsten gebraucht wird.

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