Jodelkönigin Maria Hellwig tot

Reit im Winkl - Sie war die „Jodelkönigin„ Deutschlands und Volksmusik-Ikone: Mit 90 Jahren ist Maria Hellwig nun in ihrer Chiemgauer Heimat gestorben. Ihr Heimatort Reit im Winkl hat ihr bereits ein Denkmal gesetzt und einen „Maria-Hellwig-Weg„ ausgewiesen.
Große Popularität erlangte die Sängerin vor allem durch die ZDF-Sendung „Die Musik kommt„, die von 1973 bis 1983 lief. Sie begeisterte ihre Fans mit ihrer glockenhellen Stimme und ihrer eigenen Freude am Singen, mit ihrer bodenständigen und herzlichen Art. Seit 1963 gab es sie im Duo mit der einzigen Tochter Margot. Beide stets im Dirndl, mit blond gelockter Frisur und Dauerlächeln glichen sie oft wie einem Ei dem anderen.
Mehr als 500 Mal moderierte Maria Hellwig Volksmusiksendungen im Fernsehen. „Servus, Grüezi und Hallo„ wurde zu ihrer Erkennungsmelodie. Ihren letzten Auftritt hatte Maria Hellwig nach Angaben ihres Managers Torsten Nitsche am 2. August im Festsaal in Reit im Winkl. Vor einer Woche habe sie einen Fototermin gehabt und sei „gut drauf„ gewesen, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Maria Hellwig habe geplant, das Weihnachtsfest wie gewohnt in München zu feiern, und sich über den Besuch ihrer zwei Urenkel gefreut.
Ihren 90. Geburtstag am 22. Februar hatte sie mit rund 100 Gästen in der Gaststätte „Zum Kuhstall„ in Reit im Winkl gefeiert, die sie über 30 Jahre lang selbst betrieben hatte und Anlaufpunkt von Touristen und Fans war, weil sie dort als singende Wirtin auftrat. Am 9. Januar 2010 wurde Maria Hellwig in der ARD-Sendung „Krone der Volksmusik„ für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Der Gesang war ihr vertraut wie das Sprechen. In ihrer Familie sei es Brauch gewesen, gemeinsam zu singen, sagte sie. „Es gab noch kein Fernsehen.„ Ihr Bühnentalent hatte sie bereits mit fünf Jahren im Bauerntheater ihres Geburtsortes Reit im Winkl unter Beweis gestellt. Ihre Eltern waren begeisterte Laienschauspieler. Später spielte sie während einer Ausbildung zur Verkäuferin auch an der Rosenheimer Volksbühne. Dort lernte sie 1938 ihren ersten Mann Sepp Fischer kennen; die Hochzeit war 1940. Ein Jahr später kam Tochter Margot zur Welt, nur einen Monat danach kam Fischer als Soldat in Russland ums Leben.
Wanderbühne mit Ehemann gegründet
1943 wurde Kammersänger Martin Kremer auf die Sopranstimme Maria Hellwigs aufmerksam und half ihr bei der Bewerbung um ein Staatsstipendium für die Opernklasse der Münchner Musikakademie. „Sie hat uns mit ihrem Studiengeld über Wasser gehalten„, sagte Tochter Margot später; sie war als Kleinkind von der Großmutter versorgt worden. Nach dem Krieg schlug sich Maria Hellwig zunächst als Sängerin bei den amerikanischen Besatzungstruppen durch, spielte aber bald auch wieder an der neu eröffneten Singspielbühne in Reit im Winkl Bauerntheater.
1946 nahm sie ein Engagement an der Hamburger Volksoper an und machte sich als Operettensängerin einen Namen. Die Sehnsucht nach der Tochter – die sie ein „Gottesgeschenk„ nannte – trieb sie nach zwei Jahren zurück nach Bayern. Dort lernte sie ihren zweiten Mann, den Unterhaltungsmusiker Addi Hellwig, kennen, mit dem sie eine Wanderbühne gründete. Jodelkönig Franzl Lang zeigte ihr den berühmten „Jodelschlag„ und holte sie an die Münchner Volksbühne „Platzl„.
1957 unterschrieb sie ihren ersten Plattenvertrag und wirkte auch in zwei Heimatfilmen mit. 1958 ging sie mit Bandleader Max Greger auf eine Tournee durch Russland. Sie war im europäischen Ausland, aber auch in den USA, Kanada, Japan und Afrika Botschafterin der deutschen Volksmusik.
„Servus, Gruezi und Hallo„
Ein Millionenpublikum erreichte sie in den 70er Jahren mit den ZDF-Sendungen „Die Musik kommt„, „Fahrt ins Blaue„ und „Früh übt sich„ sowie in unzähligen Auftritten im ARD-„Musikantenstadl„. Bei RTL moderierte sie zusammen mit Tochter Margot von 1984 bis 1991 die Sendereihe „Heimatmelodie„ und anschließend bis 1993 „Servus, Gruezi und Hallo„.
Im September 1996 musste Maria Hellwig den Tod ihres Mannes verkraften, und sie erlitt einen Herz- und einen Augeninfarkt, durch den sie fast erblindete. „Es gibt Leute, die sind noch viel ärmer dran als ich„, sagte sie jedoch. „Und die Berge kann ich ja noch erkennen, das ist doch was„, wurde sie in der „Süddeutschen Zeitung„ zitiert. In jenem Jahr war sie mit 86 Jahren zusammen mit Margot beim deutschen Vorentscheid zum Grand Prix der Volksmusik angetreten. 2008 ging sie mit dem „Frühlingsfest der Volksmusik„ auf Tournee.
Ein Abschied von der Bühne wäre für sie nicht in Frage gekommen. „Die Musik ist mein Leben, aus der Musik schöpfe ich viel Kraft„, sagte sie. Auch mit 90 trainierte sie ihre Stimme mit täglichen Gesangsübungen, wie Tochter Margot berichtete. (dapd)