Ist Ivanka Trump die heimliche Präsidentin?

Steckt Ivanka Trump hinter dem Rauswurf von Chefstratege Stephen Bannon? Wenn ja, hätte sie wohl nicht nur ihren Vater unter Kontrolle, sondern wäre auch die mächtigste Frau Amerikas.
von  (sas/spot)

Der Kampf um die Macht im Weißen Haus tobt - bildlich betrachtet - auf zwei Ebenen. Die Belle Etage dient dem Präsidenten als Bühne, auf der er selbstverliebt seine richtungslosen Kapriolen schlägt. Darunter, sozusagen im Dark Room, geht es um die wahre Macht. Um die Richtung, die der Vorturner Donald Trump (71) und damit Amerika einschlägt. Und hier hat ganz offensichtlich seine Tochter und offizielle Beraterin Ivanka Trump (35) das Sagen. ("Women Who Work" lautet der Titel von Ivanka Trumps Rategeber-Buch. hier können Sie es bestellen.)

Sie ist des Präsidenten wichtigste Einflüsterin, was eigentlich im Washington des Sommers 2017 nicht besonders viel zu sagen hat, angesichts der vielen Einflüsterer, die Donald Trump in seiner knapp siebenmonatigen Amtszeit schon gefeuert hat.

Doch bei Ivanka ist das etwas anderes. Sie gehört in erster Linie zur Familie, sie ist ein Teil des Trump-Imperiums, wenn man so will: seine bessere Seite, die er nicht ohne weiteres austauschen kann. Gerade hat sie wohl den wichtigsten Fight gewonnen, der unter Trump Präsidentschaft ausgetragen wurde: Es wird vermutet, dass die First Daughter den Chefstrategen ihres Vaters, Stephen Bannon (63), abgesägt hat. Den Mann, der Donald Trump die Richtung vorgegeben hat. Damit dürfte Ivanka die mächtigste Frau Amerikas sein.

Ist sie auch die heimliche Präsidentin?

Die Unterschiede zwischen Vater und Tochter sind so groß, dass die "Zeit" schrieb: "Er ist Hitzkopf und Impulsmensch, schnell beleidigt, noch schneller beleidigend. Sie hat die Beherrschung des eigenen Körpers und der eigenen Sprache gemeistert, sieht immer gleich aus, sagt immer das Gleiche, kühl, wohlüberlegt, mit Samtstimme. Wo es Donald Trump die Haare verweht, ihm die Gesichtszüge entgleiten, bleibt Ivanka Trump makellos, die Frisur einbetoniert, das Lächeln festgefroren. Niemals würde sie pampig mit der Hand herumfuchteln wie ihr Vater. Sein Stil ist Prunk und Protz, immer ein bisschen notgeil. Ihrer ist subtile Park-Avenue-Eleganz, andeutungsweise sexy."

Bereits im Wahlkampf habe Ivanka Trump mit ihrer "Vorzeigebiografie die Rolle eines Blitzableiters" für ihren Vater gespielt. Wie ein Mantra wiederholte sie, wie großartig und großzügig der Herr Papa sei. Seine sexistischen Sprüche konterte sie mit dem Hinweis auf ihre Karriere als Frau im väterlichen Unternehmen. Rutschte Trump mal eine antisemitische Beleidigung raus, stellte Ivanka klar, dass sie einen jüdisch-orthodoxen Ehemann (Jared Kushner) habe und selbst zum Judentum konvertiert sei. Als Höchstmaß an Kritik am Rüpel Trump sagte Ivanka auf dem Parteitag der Republikaner, ihr Vater sei "farbenblind und geschlechtsneutral".

Fehde zwischen Ivanka und Bannon

Als die 35-jährige Mode-Unternehmerin und Wirtschaftswissenschaftlerin von ihrem Dad ins Weiße Haus geholt wurde, zeichnete sich rasch eine kaum versteckte interne Auseinandersetzung mit Trumps internen Dirigenten Stephen Bannon ab.

Auf der einen Seite eine strahlende Ivanka Trump mit ihrem Mann Jared Kushner, ebenfalls Berater im Trump-Team. Das Ehepaar steht für einen gemäßigten Kurs in der Innen- und Außenpolitik. Auf der anderen Seite: der erzkonservative Stephen Bannon, der "dunkle Lord", wie ihn Freund und Feind nennen. Der ehemalige Investmentbanker und Ex-Chef des ultrarechten Webportals Breitbart News hatte Trump als Präsident erst möglich gemacht, indem er ihm einen strammen Rechtskurs verordnete und ihn als Retter der "vergessenen Menschen Amerikas" und Beschützer vor islamistischem Terror hochstilisierte.

Als Trump Präsident wurde, setzte Bannon "weiter auf einen Anti-Kurs", schrieb Bild. "Frontal gegen die Eliten, gegen die Globalisierung, gegen alle. Nach Trumps Einzug ins Oval Office am 20. Januar galt Bannon als mächtigster Einflüsterer. Die Klamauk-Sendung "Saturday Night Live" persiflierte ihn sogar als Sensenmann, der bei Hampelmann Trump die Strippen ziehe."

Bannon bereitet Rachefeldzug vor

Der "dunkle Lord" hatte sofort gegen Ivanka und ihren Mann Jared Kushner eine aggressive Position bezogen. "Javanka", nannte er abschätzend das Ehepaar. Er hatte Kushner und seine Frau in Verdacht, seine Ablösung im Nationalen Sicherheitsrat betrieben zu haben.

Einen großen Sieg trug Bannon davon, als der Präsident im Rosengarten des Weißen Hauses ankündigte: "Die USA werden sich aus der Pariser Klima-Übereinkunft zurückziehen." Ivanka und ihr Mann, die alles versucht hatten, um Trump vom Austritt aus dem Klimapakt abzuhalten und dabei von ihrem Erfolg überzeugt waren, schauten wie erstarrt. Bannon hingegen lächelte finster in sich hinein.

Der Grabenkrieg ging weiter. Doch irgendwann kippte die Stimmung zugunsten von "Javanka", von allem nach dem Neonazi-Terror von Charlottesville. Trump war mit seiner Verharmlosung der rechten Alt-Right-Szene in "die schlimmste Krise seiner Amtszeit" (Bild) geraten - und fast alle im Weißen Haus machten Bannon dafür verantwortlich. Er soll dem Präsidenten eingeflüstert haben, dass er die Rechten nicht zu hart anfassen dürfte, weil sie seine treuesten Stammwähler seien.

Als aber Bilder von rechten antisemitischen Demonstranten, die Jared Kushner als "Bastard" beschimpften und brüllten "Juden werden uns nicht vertreiben" in die Öffentlichkeit gelangten, kippte im Weißen Haus die Stimmung endgültig gegen Stephen Bannon. Ivanka und ihr Mann hatten mächtige Mitstreiter wie den neuen Stabschef John Kelly (67), Wirtschaftsberater Gary Cohn (56) und Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster (55) gefunden.

Auch der Präsident hatte genug von Bannon

Überdies wollte selbst Trump nicht länger als Marionette Bannons gesehen werden. Außerdem muss ihm angesichts seiner drei Enkelkinder Bannons abfällige Meinung über Juden geschmerzt haben, was aber noch lange nicht heißt, dass der "dunkle Lord" nun nicht mehr sein Freund ist. Mit der Verabschiedung von Stephen Bannon hat Ivanka ihren größten politischen Sieg errungen und ihre Macht im Weißen Haus gefestigt. Doch der Grabenkrieg geht weiter.

Bannon hat angekündigt, seine Feinde (und die des Präsidenten) als neuer, alter Breitbart-Chef weiterhin zu bekämpfen. "Vanity Fair" berichtet, dass Breitbart nun die Trump-Administration um einiges kritischer betrachten werde. Bannon plane offenbar eine Abrechnung mit dem gemäßigteren Teil der US-Regierung - namentlich Jared Kushner, Ivanka Trump und Berater Gary Cohn. Agiere Trump zu liberal, könnte Breitbart sogar Stimmung für eine Amtsenthebung schüren.

Der größte und schwierigste Faktor in Ivanka Machtspiel ist jedoch der eigene Vater. Seine Unberechenbarkeit ist beim besten Willen nicht kalkulierbar, auch nicht von der First Daughter. Denn Donald Trump handelt ganz offensichtlich nach dem Motto: Wo ich bin, ist das Chaos, aber leider kann ich nicht überall sein. Noch nicht!

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